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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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eindringen, obwohl die leichte Brise, die an ihren Röcken zupfte, mehr nach Kohlenrauch und Zisternen als nach grünen Feldern und schattigen Tälern roch.
    Killer scharrte in den Blumenbeeten, die den gepflegten Gartenweg säumten, und seine kleine Nase zuckte vor Erregung. Zumindest irgendjemand war zufrieden mit den Gerüchen.
    »Schluss damit, du böser Hund!«, schimpfte Elisabeth. »Miss Roseingrave und ihre Großmutter werden uns nicht mehr in den Garten lassen, wenn du nicht aufhörst, ihren Narzissen den Garaus zu machen.«
    War es nur Einbildung, oder hielt Killer wirklich lange genug inne, um sie mit dem gleichen spöttischen Blick zu messen, den sie gestern Abend auf Brendans Gesicht gesehen hatte?
    Die armen Narzissen hatten jedenfalls keine Chance.
    Elisabeth konnte es Killer nicht einmal verübeln. Nicht mehr lange, und sie würde neben ihm auf alle viere gehen und ihm helfen. Was gab es hier denn sonst zu tun? Die Untätigkeit machte Elisabeth noch verrückt. Sie konnte das Haus nicht ohne Begleitung verlassen, und für ihre Hände gab es keine andere Beschäftigung als Näharbeiten, die sie schon immer gehasst hatte. Helena Roseingrave besaß nicht einmal eine nennenswerte Bibliothek. Oder zumindest nicht die Art von Büchern, die Elisabeth zur Unterhaltung lesen würde.
    Die Langeweile gab ihr zu viel Zeit zum Nachdenken. Das war nie gut, und schon gar nicht jetzt, da jedes Denken ausnahmslos zu Brendan führte. Zu Gedanken über Brendan und die vergangene Nacht. Dann über die vergangene Nacht und ihre eigene demütigende Kapitulation. Über Brendans verführerische Küsse, seine streichelnden Hände und den Sturzbach verwirrender Emotionen und sinnlicher Empfindungen, die es ihr fast unmöglich gemacht hatten … nachzudenken.
    Wie ein Karussell brachten ihre Gedanken sie immer wieder genau dorthin zurück, wo sie begonnen hatte. Und die Aprilsonne war nicht der einzige Grund, warum ihre Wangen brannten und ihr Kleid wie eine feuchte zweite Haut an ihrem Rücken klebte.
    All dieses Nichtdenken brachte sie noch um den Verstand.
    Sie erhob sich von der Bank, um zum Haus zurückzugehen. »Komm, Killer, lass uns gehen!«
    Der mittlerweile vollkommen verschmutzte Terrier registrierte ihre Aufforderung kaum. Er nieste und streckte alle viere von sich, wobei er ein ganzes Tulpenbeet zerdrückte. Dann rollte er sich auf den Rücken, um Elisabeth seinen schmutzigen Bauch zu zeigen und ihr einen Blick zuzuwerfen, der besagte: Versuch nur, mich dazu zu bringen!
    »Na schön, dann eben nicht. Es hört ja sowieso niemand auf mich. Warum solltest du es tun?«, sagte sie verärgert, bevor sie ins Haus stürmte und ihre Schritte sie geradewegs in Richtung Arbeitszimmer führten. Selbst ein langweiliges Buch war besser als diese ziellose, höllische Langeweile und die Fragen, die unweigerlich die Leere füllten.
    Brendans Verhalten am vergangenen Abend ließ sich auf zwei verschiedene Arten deuten: als nobler Rückzug oder als Ausweg eines Feiglings. Sie hatte jedenfalls wenig Widerstand geleistet. Hatte sich ihm praktisch an den Hals geworfen wie ein Flittchen. Und wie hatte er reagiert? Er hatte sie abgewiesen.
    Hatte sie etwas falsch gemacht? Oder hatte er sie der Mühe nicht für wert befunden?
    In seinen Jahren im Ausland hatte es ihm mit Sicherheit nicht an Frauen gefehlt, die ihn umschwärmten: dunkelhaarige, exotische, geschmeidige Geschöpfe mit kajalgeschwärzten Augen und milchkaffeebrauner Haut. Elisabeth war noch nie in ihrem Leben »geschmeidig« gewesen, und ihre Hautfarbe erinnerte mehr an Erdbeeren und Sahne als an Café au lait. Sie schluckte den ärgerlichen Kloß herunter, der sich in ihrer Kehle formte und ihr die Luft abschnürte. Das war Brendan nicht wert.
    In der Tür zum Arbeitszimmer verhielt sie jäh den Schritt. »Oh, Entschuldigung! Ich wusste nicht, dass jemand hier war.«
    Wie von ihrem Selbstmitleid heraufbeschworen, schaute Brendan von einem Buch auf, und sein Blick schien sie zu durchbohren wie eine Damaszenerklinge, bevor das Licht wechselte und nur noch leichte Überraschung auf seinem Gesicht zu sehen war. »Komm herein! Ich beiße nicht.«
    Alles so, als hätte es den gestrigen Abend nie gegeben. Als hätte Brendan sie nicht mit einer bloßen Berührung nach den Sternen greifen lassen. Als hätte sie sich nicht vollkommen lächerlich gemacht, indem sie es zugelassen hatte.
    Plötzlich hatte sie Hunderte von Schmetterlingen im Bauch, und ihre Wangen brannten. Wenn sie nicht

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