Verlockung der Finsternis (Kriegerinnen der Fiannah) (German Edition)
dem Finger auf einen Teil des Netzes, wo sich die engen Maschen der Intrigen gelockert und zu einem Loch geweitet hatten , zu klein für einen Durchschlupf, aber etwas befand sich d a hinter.
„Was ist das ?“ Sie streckte die Hand aus, ihr wa r , als näherte sich der Horizont und erlaub t e ihr, die Hand durch die auseinanderfallenden Maschen zu schieben. Ihre Fingerspitzen stießen auf etwas, das in kleinen Kreisen unter ihrer Berührung auseinanderdrifte te .
„Das Kommende.“ Cathaòir zog ihre Hand zurück, damit sich die Zukunft von ihrem tastenden Vor stoß erhol te. Die W ellenkreise liefen aus und auf der Oberfl ä che des Kommenden formte sich das Bild eines Mannes. Ihr Herz zog sich beim Anblick seines gemarterten Körpers zusam men. D ie Hau t war ihm an vielen Ste l len von den Knochen gezogen worden. S ie starrte entsetzt auf das bl u tige Weiß und sein H erz, das derart entblößt und ungeschützt in seiner Brust schlug. Ein e Kette hielt ihn an einem Arm aufrecht und er kämpfte mit dem G e wicht eines Wese ns, das nicht minder schreckliche Qualen erlitten hatte und schlaf f in seinem a n deren Arm hing .
„Wer sind die beiden?“
„Ich weiß nicht, aber ich fühle ihre B edeutung für mich … für uns .“
Thadgan nahm ihren Blick von dem sterbenden Wesen , über das sie nicht mehr zu sagen wusste, als dass es weiblich und dämonischer Natur war. Sie b e trachtete das Gesicht des Mannes, seine markanten Züge, die von Folter weitgehend unve r sehrt geblieben waren . Er besaß nicht Cathaòirs Ebenmaß, sein Haar reic h te ihm nur bis zur Schulter, war schwarz und klebte an seiner blutigen Wange, über die sich ein Schnitt zog. Zu seiner vollen Größe aufgerichtet , überragte er sie und auch Cathaòir und selbst gezeichnet von der Marter war er imposant, ein wahr er Krieger, ungebrochen von d en Schmerze n, die er erduldet hatte . Als würde er sich ihr er be wusst werden , hob er den Kopf und sa h ihr geradehe r aus in die Augen. S eine waren nicht mitte r nachtsblau wie Cathaòirs, keine lupe n reinen Saphire, sie waren g rau wie der Fels, an den er gekettet war oder wie der Stahl eines Schwertes … Dennoch zog er sie in seinen Bann, war das Grau doch voller Wä r me, hellte sich auf, je länger de r Kontakt zwischen ihnen währte und wurde zu einem leuc h tenden Silber, offe n barte ihr all das, was sie in ihrem Leben vermisste.
„Du hast r echt.“ Sie riss sich von dem Fremden los und drehte sich zu Cathaòir um. Trauer überschattete seine Züge, aber auch ein Gefühl, das sie ni e mals dort sah, so verzweifelt sie es gewünscht hatte – Liebe, die nicht ihr galt, sondern der D ä monin, die dem Tode näher war als dem Leben .
„Womit?“ Er riss sich ebenfalls von dem Anblick des Kommenden los.
„Es wird hier enden … das muss es .“
*
„Ich erinnere mich.“
„Dann weiß t du, dass nur ich das Versprechen gehalten habe, dich niemals zu verraten.“
„ Ihr habt mich nie verraten . “ Sie schluckte hart an der Ho ffnung, die in ihrem Nêr keimte. Sie wünsc h te nur eine Prise Falschheit zu schmecken, etwas von dem Gift, mit dem er sie an sich gebunden hatte , aber nachdem der erste Rausch ve r flogen war , gab er ihr nichts von seiner Malais. S elbst den Bann brach er von sich aus, nahm seine Hände von ihren Wangen, trat einen Schritt zurück und gab ihr Raum für eine Entscheidung – mehr Freiheit als je zuvor. Doch das war es nicht, sie liebte Lo r can nicht für die Freiheit, in die er sie entlassen hatte , die er ihr jeden Tag aufs N eue gab, i n dem er nicht ihre Entscheidungen für sie traf – zu Anfang war es diese Freiheit gewesen , die sie glauben machte, er leh n t e sie ab . Für sie zählte nicht, dass das Schicksal Lorcan für sie b e stimmt hatte – vielleicht damals, in einem Moment der Schwäche, in der Stunde ihres Todes, in der es für alle so ausgesehen haben mochte, Cailleach hätte über sie triumphiert oder Cathaòirs Verrat ihren Lebenswillen geb r o chen. In Wahrheit musste sie Lorcan nur in die Augen sehen, um zu wissen, weshalb sie ihn liebte und weshalb sie ihn nicht ve r raten durfte, ihre Li ebe … Sie schüttelte den Kopf und hob warnend die Hand, das silberne Leuchten des Armúrlann spi e gelte sich in d en wasserblauen Iriden ihres Nêr .
„ D u bist nicht Lorcan.“ Sie warf ihm nich t vor, dass er ein Monstrum war – sie war selbst eines auf i h re Weise. S ie suchte auch nicht nach Entschuldigungen, weshalb er
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