Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Bastard sie etwa angefasst?«
»Eigentlich dachte ich, er sei auch im rechtlichen Sinne der Earl. Andernfalls hätte er heute Nachmittag wohl kaum eine Audienz bei Vater gewährt bekommen.«
»Verflucht, Elle! Ich meinte das doch nicht wörtlich. Du weißt, was ich damit sagen wollte.«
Zum Glück musste sie darauf nichts erwidern, denn in diesem Augenblick tauchte eine kleine Gruppe junger Ladys auf, die scheinbar unbeteiligt miteinander plauderten und lachten, aber eigentlich nur ein Ziel hatten. Und das war die Aufmerksamkeit des Erben des Herzogtums Eddington, die sie wecken wollten. Sie war klug genug, um zu wissen, dass diese abgeschiedene Ecke auf die jungen Damen keinen anderen Reiz ausübte. Ebenso erging es Roderick. Sein Misstrauen wich einer gewissen Beunruhigung, weshalb Cecilys baldige Hochzeit für ihn nicht länger von Interesse war. Roderick stand auf und versuchte, sich schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen, nicht ohne sich rasch bei ihr zu entschuldigen. Er entschwand in Richtung Raucherzimmer.
Wäre sie in der richtigen Stimmung gewesen, hätte sie diese kleine Episode sogar amüsant gefunden. Aber eigentlich wünschte sie im Moment nur, sie hätte sich für diesen Abend entschuldigt. Auch wenn Roderick sich beinahe überstürzt verabschiedete, tauchte doch im Kielwasser der enttäuscht abziehenden Debütantinnen ausgerechnet Lord Drury auf.
Nein , dachte sie, still und versteckt in ihrer Ecke sitzend. O nein. Sie hatte sich heute schon einmal vor ihm völlig lächerlich gemacht. Sie wollte mit ihm weder über ihre Flucht noch über die vermeintliche Verlobung ihrer Schwester mit einem anderen Mann reden. Bestimmt war Lord Drury enttäuscht, vielleicht war er auch ein wenig verlegen. Er war nicht direkt abserviert worden, aber zumindest hatte Cecily ihn übergangen, obwohl ganz London von seinem Interesse an ihr wusste.
Leider war sie heute schon einmal vor ihm davongelaufen, und wenn sie das noch einmal tat … nun, das wäre wirklich unverzeihlich. Im Übrigen wüsste sie auch gar nicht, wohin sie sich wenden sollte.
Also blieb sie sitzen. Ihr Hintern ruhte fest auf dem Stuhl, und doch wünschte sie sich sonst wohin.
»Ist es wahr?«, fragte er ohne Umschweife. Er kam neben ihrem Stuhl zum Stehen. Sein nachdenklicher Blick ruhte auf dem Gedränge der Tänzer. »Da Ihr sehr direkt seid, weiß ich, dass Ihr mir die Wahrheit sagen werdet.«
Nun, da sie es gewesen war, die ihn einfach so im Garten hatte stehen lassen, konnte sie es ihm kaum zum Vorwurf machen, dass er es an Manieren fehlen ließ und sie nicht einmal anständig begrüßte. Heute Abend trug er einen rehbraunen Mantel und eine weiße Hose. Die hellen Farben passten gut zu seinem blonden Haar. Die zarte Spitze an seinen Ärmelaufschlägen bewies durchaus Eleganz, ohne übertrieben zu wirken, und die Krawatte war wie immer makellos gebunden. Sein Haar war gewöhnlich absolut tadellos, aber im Moment war es etwas zerzaust. Als habe er mehrfach die Hand darin vergraben. Zweifellos war das seine Reaktion auf das Gerede um ihn herum; immerhin hatte die Frau, um die er hatte anhalten wollen, sich für einen anderen Mann entschieden.
Das erinnerte Eleanor wieder an ihre erste Begegnung. Es war letzte Saison passiert, bei ihrem Debüt. War es Liebe auf den ersten Blick gewesen? Bestimmt, zumindest wenn sie danach ging, wie andere dieses Erlebnis beschrieben. Weil er Roderick gut kannte, war er einer der ersten Gentlemen, die ihr vorgestellt wurden. An diesem Abend war sie mit funkelnden Sternen in den Augen heimgegangen, weil der Viscount mit ihr getanzt hatte.
Später hatte sie natürlich erkannt, dass er das nur aus reiner Höflichkeit getan hatte. Sie war schließlich die Tochter eines Dukes und die Schwester seines Freundes. Aber Lord Drury war stets sehr freundlich zu ihr gewesen, und wenn er sie ungeschickt und nervös fand, hatte er sie das nie spüren lassen. Außerdem mied er sie auch später nicht, und das unterschied ihn von anderen Männern, die anfangs noch ein gewisses Interesse an ihr als potentieller zukünftiger Ehefrau zeigten, das jedoch merklich abkühlte, nachdem sie erkannten, dass sie keine albern kichernde Närrin war. Während dieser zunehmend grausamen Erfahrung, die sie im Wirbel ihres ersten Jahrs hatte machen müssen, war Elijah Winters der Einzige gewesen, der sie immer wieder pflichtbewusst zu einem Tanz aufforderte. Wenn sie auch eine der größten Misserfolge unter den Debütantinnen des letzten
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