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Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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irgendwelche Herzschläge zu hören. Bones blieb stehen, als er das Bellen hörte, und hielt mich ebenfalls zurück. Vielleicht bellte Dexter ja nur, weil Spade mit solchem Getöse die Tür aus den Angeln gerissen hatte.
    Vielleicht war aber auch Kramer noch im Haus. Konnte er sich womöglich heute schon materialisieren? Blutige Fußabdrücke verrieten, dass jemand die Treppe hinunter- und zur Tür hinausgegangen war, und brennenden Salbei konnte ich auch nicht riechen. Denise war quasi durch nichts umzubringen, aber Spade hatte für sie ein Messer aus Dämonenknochen bereitgelegt für den Fall, dass irgendwelche Freunde des Dämons, der ihr seine Zeichen aufgedrückt hatte, auftauchten und sich rächen wollten. War das Messer aus dem einzigen Material, mit dem man Denise umbringen konnte, am Ende gegen sie selbst eingesetzt worden? O Gott, was hatte Kramer ihnen angetan?
    Ian wartete nicht ab. Er ging schnurstracks ins Haus und rief uns noch zu: »Zündet Salbei an, bevor ihr auch reingeht.« Oben hörte ich Spade schreien, ein heiserer Laut, bei dem mir beinahe die Beine weggeknickt wären. Tränen verschleierten meinen Blick, als ich eine Handvoll des durchnässten Salbeis aus der Hosentasche zog, ihn anzündete und dann mit meinem qualmenden Bündel nach drinnen eilte, um die Treppe hinaufzuhasten, während Bones bereits Salbei entzündete und die Räuchergefäße nachfüllte, um eine Art Schutzwall zu schaffen, obwohl es womöglich schon zu spät war.
    Ich musste nicht erst den blutigen Fußspuren folgen, die zur ersten Tür rechts führten. Spades erstickte Stimme zeigte mir auf herzzerreißende Weise den Weg. Als ich ins Zimmer stürmte, überkam mich der Schmerz, denn das Erste, was ich sah, war eine Masse aus Blut, Knochen und anderen unaussprechlichen Dingen, die über den geöffneten Kleiderschrank verteilt war. Ian stand etwas abseits, während Spade am Boden kniete und eine blutüberströmte, reglose Gestalt im Arm hielt. Dexter hatte sich in eine Ecke verkrochen, bellte und hinterließ dabei blutige Pfotenabdrücke auf dem Teppich.
    »Alles okay«, hörte ich eine Frauenstimme über das Bellen und Spades wütende Klagen hinweg.
    Ich unterdrückte den erleichterten Seufzer, der sich mir entringen wollte. Der eher praktisch veranlagte Ian zog an Spades Schultern.
    »Lass sie los, Charles. Du hältst sie ja so fest, dass sie nicht atmen kann.«
    Spade wich ein Stück zurück, sodass ich die obere Hälfte meiner Freundin sehen konnte, die mir bis dahin verborgen geblieben war, und ich taumelte. In Denises Sweater waren drei zackige Löcher, die wie Austrittwunden von Kugeln aussahen. Jemand hatte ihr so oft in den Rücken geschossen, dass ein normaler Mensch es nicht überlebt hätte, denn die Wunden befanden sich allesamt dicht beieinander im Brustbereich. Offenbar hatte sie sich umgedreht und den Schützen verfolgt, denn der hatte dann wohl auf ihr Gesicht gezielt. Wie das Blut an der Wand, Denises entstellte Züge und die kirschrote Masse unter ihrem Kopf bewiesen, hatte der Angreifer sein ganzes Magazin auf sie abgefeuert.
    Der Komplize musste das Haus irgendwie ausfindig gemacht und erst angegriffen haben, als wir anderen uns auf den Weg gemacht hatten, um die letzten Nägel in Kramers Sarg zu schlagen . Wie ist er reingekommen? , fragte ich mich, noch immer schockiert von Denises Anblick. Sie wusste doch, dass sie keine Unbekannten einlassen sollte, und leicht auszuschalten war sie auch nicht, wie das ganze Blut im Raum bewies.
    Bones erschien in der Tür und registrierte grimmig den blutbesudelten Kleiderschrank und Denises Verfassung. »Außer Denise ist niemand mehr im Haus«, stellte er fest und bestätigte, was ich bereits vermutet hatte. »Kramer scheint nicht mehr hier zu sein … oder er war es nie. Die Räuchergefäße sind unangetastet. Sie sind einfach leer gebrannt, aber noch nicht lange, wie es aussieht.«
    Spade strich Denise eine klebrige Haarsträhne aus dem Gesicht, und ich schauderte, als ich sah, was an seiner Hand hängen blieb.
    »Kannst du uns erzählen, was passiert ist, Darling?«
    Denises Blick wanderte durch den Raum, und sie schien sich nur schwer konzentrieren zu können. Nicht weiter überraschend; es wunderte mich, dass sie überhaupt bei Bewusstsein war. Anscheinend war sie bereits vor ein paar Stunden attackiert worden, sonst hätten ihre Wunden nicht schon zu heilen angefangen, doch trotz der regenerativen Fähigkeiten des Dämonenbluts war sie noch sehr angeschlagen.

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