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Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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des Gespenstes jagte mir kalte Schauder über den Rücken. Wenn Elisabeth all die Jahre über zugesehen hatte, wie sich dieses grausame Muster stets aufs Neue wiederholte, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, wunderte es mich, dass sie noch bei klarem Verstand war. Ich selbst konnte die bösen Buben zwar auch nicht immer schnappen, mich aber unter anderem wenigstens an die Hoffnung klammern, dass sie ihre gerechte Strafe irgendwann noch erhalten würden, sei es in diesem oder dem nächsten Leben. Kramer aber hatte es geschafft, sich in beiden Welten der Gerechtigkeit zu entziehen. Mit den unerwünschten Kräften, die ich von Marie erhalten hatte, mit meinem im Diesseits gefangenen Onkel und dem zwielichtigen neuen Controller hatte ich zwar schon genug zu tun, aber die Ungerechtigkeit, dass Kramer frei herumlaufen und weitere Unschuldige quälen und töten konnte, ließ mir keine Ruhe.
    Ausschlaggebend für meine Entscheidung war allerdings nicht allein mein Zorn. Es war die Art, wie Fabian Elisabeth ansah. Irgendwann ging sein Blick zu mir, und der flehende Ausdruck darin gab mir den Rest.
    »Ich helfe dir«, sagte ich zu Elisabeth und hob die Hand, weil ich erwartete, dass Bones protestieren würde. Fabian hatte mir in der Vergangenheit schon so oft beigestanden, und meine Wertschätzung hatte ich lediglich mit einem einfachen Dankeschön zum Ausdruck bringen können. Jetzt hatte ich die Chance, Fabian wissen zu lassen, dass er mir ebenso lieb war wie meine anderen Freunde, auch wenn er der einzige Körperlose unter ihnen war. Elisabeth zu helfen war nicht nur das einzig Richtige; es war auch Fabian wichtig. Hatte ich da überhaupt eine Wahl?
    Kühle Finger schlossen sich um meine Hand, drückten einmal zu. Ich sah von Fabian weg und begegnete Bones’ stetem Blick.
    »Du bist nicht die Einzige, die glaubt, in seiner Schuld zu stehen«, sagte Bones ruhig. Als er dann Fabian ansah, kräuselten sich seine Lippen. »Obwohl du uns eine leichtere Aufgabe hättest stellen können.«
    »Ich werde euch nach Kräften behilflich sein«, versprach Fabian, dessen Gesicht sich so hoffnungsfroh erhellte, dass es mir das Herz zerriss. Ich war zwar überzeugt, dass wir es mit Kramers Komplizen aufnehmen konnten, falls wir rechtzeitig herausbekamen, wer es diesmal sein sollte, aber ob es möglich war, einen Geist zu töten , wusste ich wirklich nicht. Bones hatte bereits einigen Gespenstern einen Exorzismus angedroht; aber Elisabeths Schilderung nach würde es damit vermutlich nicht klappen. Als ich sah, welches Vertrauen Fabian in uns setzte, wurde mir ganz mulmig, und zwar nicht nur aufgrund der Vorstellung, einen Mörder auf freiem Fuß zu lassen. Ich fürchtete mich davor, ihn zu enttäuschen nach allem, was er für mich getan hatte.
    »Das wissen wir, mein Freund. Das hast du bereits unter Beweis gestellt.«
    »Danke«, sagte Elisabeth sehr leise. In ihren Augen glänzte etwas, das ich bei jedem anderen eindeutig als Tränen identifiziert hätte. »Ich bin mit wenig Hoffnung hierhergekommen. Eure Art gibt sich für gewöhnlich nicht mit der meinen ab, egal unter welchen Umständen.«
    »Ja?« Ich lächelte verschmitzt. »Betrachte mich als Frau, die keine Vorurteile hat, wenn es darum geht, Arschtritte zu verteilen. Kramer und sein Handlanger müssen ausgeschaltet werden, egal, welcher Spezies sie angehören.«
    »Ihr geht vielleicht am besten in Fabians Zimmer, während wir beratschlagen, was als Erstes zu tun ist«, meinte Bones, der Fabian einen Seitenblick zuwarf, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Elisabeth richtete. »Das ist sicherer, weil Energie dann nur aus dem Zimmer dringt, von dem es die anderen Geister schon gewohnt sind.«
    »Natürlich«, antwortete Elisabeth und strich ihr langes Gewand glatt, während sie sich schwebend aufrichtete. »Ich werde mich sehr diskret verhalten.«
    »Fabian kann dich auch mit den Hausregeln vertraut machen. Wir sprechen uns wieder, wenn meine Frau und ich die Tagruhe beendet haben.«
    Beide Geister verstanden den Wink und verschwanden, weitere Dankesbekundungen murmelnd. Ich wartete ab, bis sich die Energie im Raum verflüchtigt hatte, und wandte mich dann Bones zu.
    »Du gerissener Kuppler, du.«
    In seinem Grinsen lag mehr als nur ein Anflug von Verschmitztheit. »Hätte ich dem Guten nicht auf die Sprünge geholfen, hätte er vermutlich noch das ganze nächste Jahrhundert damit verbracht, den Mut zu sammeln, ihr ein Kompliment zu machen.«
    »Schamlos«, neckte ich ihn,

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