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Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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musste ich mich auf die Gegenwart konzentrieren. Das hatte wahrscheinlich Elisabeth all die Jahre über bei klarem Verstand und auf Kurs gehalten.
    »Sehen wir uns noch einmal Kramers Muster an. Weißt du, warum er sich die Opfer immer aus der gleichen Stadt holt, wenn er sich solche Mühe gibt, seine Spuren zu verwischen?«
    Vielleicht konnten wir sein Motiv ja gegen ihn verwenden. Menschliche, vampirische und ghulische Serienmörder begingen ihre Verbrechen recht häufig in ein- und derselben Gegend, aber als Geist konnte Kramer über die richtigen Ley-Linien innerhalb einiger Stunden den gesamten Globus umrunden.
    »Wozu sich diese Beschränkung auferlegen?«, dachte ich weiter laut nach. »Er weiß, dass du hinter ihm her bist, Elisabeth, und trotzdem sucht er sich die Opfer weiter im selben Gebiet aus.«
    Elisabeths Miene wurde finster. »Vielleicht liegt es daran, dass ich mich über die Jahre hinweg als keine echte Bedrohung für ihn erwiesen habe.«
    »Das ist es nicht«, widersprach Bones. »Kramer kann in Sekundenschnelle irgendwo auftauchen und wieder verschwinden, aber sein Komplize ist aus Fleisch und Blut und damit sehr viel eingeschränkter. Befinden sich also alle Opfer in einer Gegend, kann der Komplize sie leichter holen, wenn es Zeit ist.«
    Genau. Kramer konnte die Frauen nicht selbst entführen, es sei denn, er wartete, bis er körperliche Gestalt angenommen hatte, und das konnte er nur in einer einzigen Nacht. Und da hatte der Bastard offensichtlich nicht genug Zeit, all die Abscheulichkeiten an seinen Opfern zu verüben, die auf seiner Wunschliste standen, bevor er sie bei lebendigem Leibe verbrannte. Sein Helfer war allerdings nicht nur Kramers größter Vorteil, er war auch seine Achillesferse. Fanden wir rechtzeitig den Komplizen, würde Kramer das Halloweenfest zwar im Fleische, aber ohne ein Folter- oder Brandopfer verbringen. Der Gedanke erfüllte mich mit wilder Genugtuung.
    »Wir müssen den Komplizen töten, sobald wir wissen, wer er ist«, verkündete ich.
    »Nein.«
    Alle wandten sich Bones zu, ich auch. Der tippte sich ans Kinn, seine dunklen Augen blickten kalt und berechnend.
    »Wenn wir wissen, wer der Komplize ist, schnappen wir ihn uns. Wir bringen ihn per Hypnose dazu, uns genau zu verraten, wo Kramer sein perverses Grillfest veranstalten will. Und an Halloween gehen wir hin, retten die Frauen und greifen uns zwei Schurken statt einem. Kramer hat dann feste Form, sodass er uns nicht mehr so leicht entkommen kann, oder?«
    Ich starrte das Profil meines Mannes an, und mir fiel auf, dass seine hohen Wangenknochen, die dunklen geschwungenen Brauen und die herrliche Alabasterhaut seine skrupellose Miene noch betonten.
    »Also auf nach Sioux City zu dem Komplizen«, sagte ich sanft.
    Bones’ Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das halb ein Raubtier, halb einen Traummann aus ihm machte.
    »So ist es.«

19
    Als ich ins Schlafzimmer ging, nahm ich den Schokoladenkuchen mit, aber Lust hatte ich eigentlich keine mehr darauf, ich wollte den Teller bloß nicht auf der Treppe stehen lassen. Meine Gedanken kreisten eher um rechtmäßige Tötung als ums Kuchenessen, ob im erotischen oder üblichen Sinn. Nicht nur meine eigene Stimmung war im Keller. Meine Mutter murmelte, sie wollte ein bisschen durch die Gegend fahren, bevor sie ohne weiteren Kommentar das Haus verließ. Vielleicht suchte sie lediglich einen Blutspender, aber ich glaubte nicht, dass allein der Hunger sie trieb. Ich wollte gar nicht wissen, was von all dem, das Elisabeth widerfahren war, sie selbst hatte durchmachen müssen, als man sie entführt, ermordet und gegen ihren Willen zum Vampir gemacht hatte, und das nur, weil ein anderer Vampir sich an mir hatte rächen wollen. Fabian und Elisabeth setzten sich gleich nach ihr ab, wozu sie natürlich kein Auto brauchten.
    Die Gedanken an all die Abscheulichkeiten, die Kramer und ähnlich geartete Naturen verbrochen hatten, ließen in mir das Gefühl aufkommen, ich wäre von einer unsichtbaren Schmutzschicht bedeckt, sodass ich oben gleich unter die Dusche ging. Noch konnte ich die Welt nicht von Kramers Bosheit reinwaschen, aber wenigstens mich selbst konnte ich säubern, bevor ich zu Bett ging.
    Als ich zwanzig Minuten später aus dem Badezimmer kam, saß Bones auf der Bettkante und kraulte geistesabwesend meinen Kater. Er hatte die Schuhe ausgezogen und das Hemd achtlos zu Boden fallen lassen, aber weiter war er nicht gekommen. Ich hörte auf, mir das Haar trocken zu

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