Verloren: House of Night 10 (German Edition)
aber Geometrie hasste ich nun mal wie die Pest.
» Pseudo ist das Zauberwort. Du wirst nicht wirklich darin lesen müssen – nur so tun als ob, du Schaf.«
»Ja, schon gut. Ich weiß, dass wir nicht wirklich lernen werden. Ich bin nur wahnsinnig nervös und mach mir Sorgen um Grandma.«
»Ist doch verständlich.« Damien nahm mich in den Arm. »Deshalb sind wir ja da. Wir holen sie da raus.« Er sah Aurox an. »Bist du bereit?«
Aurox nickte. Ich fand nicht, dass er bereit aussah, aber vermutlich sah ich auch nicht besonders bereit aus, also versuchte ich, nicht vorschnell zu urteilen. Shaylin und ich zogen gerade unsere Elementkerzen aus unseren Taschen, da schwebte lautlos wie die Nacht persönlich Kalona vom Himmel.
»Gibt es etwas Neues aus der Schule?«, fragte Thanatos ihn.
»Dallas und Erin haben die roten Jungvampyre gegeneinander ausgespielt. Sie haben richtige Zwietracht gesät, und das untereinander. Wenn das hier vorüber ist, werden wir uns damit befassen müssen.«
»Ganz Eurer Meinung«, sagte Thanatos. »Aber unser Plan hat funktioniert?«
»Ja. Die roten Jungvampyre sind so sehr damit beschäftigt, in Eurem Namen die übrigen Schüler herumzukommandieren, dass sie keinen Gedanken daran verschwenden, was wir gerade tun.«
»Erin macht da einen Riesenfehler«, sagte Shaunee leise.
»Ich bin froh, dass sie ihn ohne dich macht«, sagte Damien.
»Darüber sind wir alle froh«, stimmte ich zu.
Da rollte mein Käfer auf den Parkplatz, und Stevie Rae und Rephaim stiegen aus. »Sorry, Leute«, rief sie und rannte mit ihrer grünen Kerze in der Hand auf uns zu. »Erin und Dallas waren hinter uns, da musste ich so tun, als wollte ich nach Henryetta fahren. Liebe Güte, hatte ich ’nen Bammel, dass sie mir den ganzen Weg folgen würden, aber dann sind sie vom Highway abgebogen, und ich hab gepeilt, dass sie doch nur zu Garbee’s Lampengeschäft wollen.« Sie verstummte und bedachte mich mit einem scharfen Blick. »Alles okay, Z? Du siehst aus wie ’n Reh, das in ’n Paar Scheinwerfer starrt.«
Ich blinzelte und erkannte, dass ich sie angestarrt hatte. »Es ist nur so seltsam, dich ohne Tattoos zu sehen.«
Stevie Rae hob die Hand und berührte ihre Stirn, sorgsam darauf bedacht, die dicke Abdeckcreme nicht zu verwischen, die ihre wunderschönen Vampyrtattoos verdeckte. »Ja, ich find mich auch komisch. Ich find euch alle komisch.«
»Aber so sind wir weniger auffällig, und das ist heute Nacht das Wichtigste«, sagte Stark.
Ich verstand sehr gut und war auch ganz dafür, dass wir uns bedeckt hielten – Himmel, selbst Kalona trug einen langen schwarzen Cowboymantel, der im Dunkeln seine riesigen Flügel tatsächlich einigermaßen versteckte. Aber das änderte nichts daran, dass wir ohne unsere Male fremd und gewöhnlich aussahen. Zu gewöhnlich. Und gerade heute Nacht war es wichtig, dass wir selbstsicher, mächtig und außer gewöhnlich auftraten. Ich versuchte, positiv zu denken und mir einzureden, dass alles gutgehen würde, aber ganz ehrlich, mein Magen schmerzte, und ich kämpfte mit den Tränen.
Nein. Ich weine nicht. Nur kleine schwache Mädchen weinen. Anführerinnen handeln. Wenn nicht um meinetwillen, dann um Grandmas willen werde ich handeln.
»Und hey, unsere Male sind in uns drin«, fügte Stark hinzu, der meine Anspannung wohl spürte. »Dort kann man sie nicht überdecken oder verlieren oder vergessen. Niemals.«
»Danke«, sagte ich und berührte sanft sein vorübergehend tattoofreies Gesicht.
»Wir sollten uns alle bewusst sein, dass unsere Macht nicht in Äußerlichkeiten liegt«, sagte Thanatos, »sondern in uns, in unseren Entscheidungen und den Gaben, die uns die Göttin geschenkt hat. Und nun lasst uns beginnen. Der erste Schritt heute Nacht ist es, unseren Kreis zu beschwören und einen Schutzzauber zu sprechen. Solange der Zauber in Kraft ist, wird der Kreis vor den Menschen verhüllt sein – sie werden euch fünf weder sehen noch euch etwas antun können. Doch bis dahin und nach Ende des Zaubers seid ihr verwundbar.«
Die kleinen Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, und ich musste immer wieder tief durchatmen, um nicht wahnsinnig zu werden. Ständig warf ich verstohlene Blicke auf Aurox. Er hatte kaum etwas gesagt, seit wir ihn abgeholt hatten. Ich dachte an die Göttin, wie ich sie zuletzt gesehen hatte – üppig und weise und stark –, und betete im Stillen: Bitte, Göttin, lass ihn bereit sein!
»Shaunee, die Vorderseite des Mayo Building
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