Verloren: House of Night 10 (German Edition)
Krieger, und als solcher hat er die Pflicht, unsere Jungvampyre sowie mich zu beschützen.« Sie wandte sich an Kalona. »Wacht über mich, während ich den Kreis beschwöre und den Zauber spreche. Und wacht über alle Beteiligten. Sorgt dafür, dass die Voraussetzungen für das, was wir heute Nacht vorhaben, reibungslos geschaffen werden können.« Thanatos warf mir einen kurzen Blick zu, dann sah sie Aurox an, der ganz am Rand stand. »Du wirst Neferets Schlupfwinkel nicht betreten, bis der Kreis vollendet ist.«
»Ich werde warten, bis ich das Einströmen der Elemente spüre.«
»Ja, denn ohne ihre Macht könntest du der Bestie nicht Herr werden, und sie wird sich unweigerlich regen, wenn Neferet erkennt, dass du ihrer Gefangenen wegen gekommen bist.«
»Ich weiß.«
»Und ich werde dafür sorgen, dass der Kreis ungehindert beschworen wird«, sagte Kalona. »Ich werde euch aus der Luft überwachen – euch alle.« Der geflügelte Unsterbliche richtete seinen kalten, bernsteinfarbenen Blick auf Aurox. »Dir ist klar, dass ich dir nicht werde helfen können, aus Neferets Nest zu entkommen. Das musst du alleine schaffen.«
Ein kleiner Schreck durchzuckte mich. Ich war so darauf fixiert gewesen, Grandma in Sicherheit zu wissen, dass ich überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, was danach mit Aurox passieren würde.
»Halt mal, kannst du sie nicht beide rausfliegen?«
»Mit der Garantie, dass es gutgehen wird? Nein. Auch meine übermenschliche Kraft hat ihre Grenzen.« Er sah Aurox an. »Aurox, würde es dich töten, wenn ich dich fallen ließe?«
Es war einfach nur bizarr – Kalona stellte die Frage in einem Ton, als wollte er ihn fragen, ob er lieber Pute oder Schinken aufs Sandwich wollte.
Aurox zuckte unsicher mit den Schultern. »Das würde davon abhängen, ob die Bestie in mir erwacht ist, glaube ich. Sie ist viel schwerer zu vernichten als ich.«
Da sagte ich, nun in ebenso bizarr ruhigem Ton wie die beiden: »Sobald Grandma in Sicherheit ist, rufen wir unsere Elemente zurück. Dann kannst du der Bestie erlauben, dich zu übernehmen, damit du dich retten kannst.«
»Glaubst du, das würde funktionieren?«, fragte Thanatos ihn.
»Vielleicht. Käme sehr darauf an, was Neferet macht. Ich – ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wie ich wieder rauskomme. Nur rein.«
»Ich denke, Zoeys Vorschlag ist der beste. Nutze die Bestie. Neferet brauchte schon beim letzten Mal ein Opfer, um sie zu kontrollieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das wieder so sein wird, aber zu diesem Zeitpunkt wird das Opfer schon sicher bei uns sein. Die Bestie kann dich in Sicherheit bringen. Und wenn du wieder du selbst bist, kehre ins House of Night zurück.«
Aurox strahlte. »Kann ich dann dort bleiben? Und zur Schule gehen?«
»Diese Frage kann ich dir nicht allein beantworten. Der Hohe Rat wird über dein Schicksal entscheiden müssen.«
Ich hielt den Atem an. Ich dachte, jetzt würde Aurox doch noch kneifen, uns den Vogel zeigen und verduften – ganz ehrlich, im Prinzip war es schon ein Himmelfahrtskommando.
Aber das tat er nicht. Er sah mir in die Augen und sagte: »Ich habe eine Frage an dich.«
»Okay, was?«
»Was bedeutet ›ins Schlepptau genommen zu werden‹?«
Ich war total überrascht, er hätte genauso gut plötzlich anfangen können, eine Arie zu singen. Eine Sekunde lang schaffte ich es nicht mal, über eine Antwort nachzudenken, dann brachte ich heraus: »Das heißt, dass jemand einem hilft, bei was mitzumachen, was man von allein nicht könnte.«
Aurox’ Gesicht war eine unlesbare Maske. Er atmete tief ein und stieß den Atem langsam wieder aus. Wir alle starrten ihn an, aber er sagte kein Wort. Er stand nur da, atmete und sah ein bisschen aus wie eine Statue.
Starks Stimme zerriss die Stille. »Okay, wer hat dich ins Schlepptau genommen?«
Aurox sah ihn mit seinen Mondsteinaugen an. »Niemand. Nichts und niemand, und heute Nacht werde ich das beweisen.« Dann suchte er wieder meinen Blick. »Sobald ich die Elemente spüre, gehe ich zu Neferet. Wenn Grandma in Sicherheit ist, tut das, was du gesagt hast. Ruft die Elemente zurück. Und dann flieht. Ich bin nicht sicher, ob ich noch einen Rest Kontrolle über die Bestie haben werde, und ich will nicht riskieren, jemandem von euch ein Leid zuzufügen. Sag Grandma, dass ich euch gesagt habe, ihre Sicherheit sei wichtiger als meine.« Sein Blick wanderte über uns alle. »Frohes Treffen, frohes Scheiden und frohes
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