Verloren: House of Night 10 (German Edition)
in der Nähe nachts auf hat, damit wir auch mal hinkönnen«, sagte Stevie Rae.
Da folgte ich meinem Bauchgefühl und schlug vor: »Sagt mal, wir könnten doch morgen auf dem Weg zum Bahnhof dort ’nen Zwischenstopp einlegen.« Es ist ganz normal, wenn eine Gruppe High-School-Kids nach der Schule noch ins Café will. »Wenn du nachher dort bist, Damien, könntest du nachfragen, ob es okay ist, wenn wir morgen im Pulk vorbeikommen?«
»Aber selbstredend!« Dann verdüsterte sich sein Gesicht. »Was meint ihr? Würde Jack mich hassen?«
»Nein, auf keinen Fall!«, sagte ich spontan. »Ganz bestimmt nicht.«
»Jack könnte das verstehen«, fügte Stevie Rae hinzu. »Er würde doch nich wollen, dass du einsam und traurig wartest, bis er endlich wiederkommt.«
»Wird er das? Ja?« Damien sah mich eindringlich an. »Jack wird zurückkommen?«
Ihre Seelen werden sich wieder begegnen … , wehte etwas durch meinen Geist. Ich lächelte, da ich die vertraute, weise Stimme von Nyx erkannte, und hakte mich bei ihm unter. »Ja. Das verspreche ich dir. Und die Göttin auch.«
Damien blinzelte die Tränen aus seinen Augen. »Dann hab ich jetzt ein Date. Und kein schlechtes Gewissen mehr!«
»Yay!«, rief ich.
»Ich könnt spucken vor Freude! Auch wenn das ’n bisschen eklig ist«, sagte Stevie Rae und nahm seine andere Hand.
»Das ist eine seltsame Redensart«, bemerkte Damien.
»Aber echt«, stimmte ich zu. »Wisst ihr noch, wie eklig es war, als Leonardo und Kate in Titanic diese Spuckszene hatten?«
»Igitt, ich erinnere mich«, sagte Damien. »Das war der einzige Makel an dem Film.«
»Das und dass Leo am Ende als wunderschönes Eis am Stiel endet«, fügte ich hinzu.
Damien und Stevie Rae gaben zustimmende Geräusche von sich. Wir waren jetzt am Bus angekommen. In allen Fenstern waren Gesichter zu sehen – der Bus sah vollbesetzt aus, was mich riesig erleichterte, weil ich mich total danach sehnte, heimzukommen. Auch Stark war da; er stand neben dem Fahrersitz und unterhielt sich mit Darius. Als er mir den Blick zuwandte und in die Augen sah, wurde mir ganz warm und kribbelig. Rephaim saß vorn in der ersten Bank, und ich konnte spüren, wie Stevie Rae vor Freude buchstäblich übersprudelte, als sie ihm zuwinkte. Shaylin und Aphrodite stiegen gerade ein. Ohne dass ich Aphrodites Gesicht zu sehen brauchte, sagte mir der Schwung, mit dem sie das Haar zurückwarf, dass sie schon dabei war, mit ihrem Krieger zu flirten.
Okay, die Finsternis machte uns das Leben schwer, und um uns herum geschahen immer wieder schreckliche Dinge, aber zumindest hatten wir uns gegenseitig – und wir hatten die Liebe. Auf immer und ewig.
»Ich muss mit dir reden.«
Erins gleichgültige Stimme war wie ein Eimer kaltes Wasser mitten in meine warme Dusche aus Fröhlichkeit.
»Okay, natürlich. – Geht ihr schon mal, ich komm gleich nach«, bat ich Damien und Stevie Rae.
Sobald wir allein waren, sagte Erin nur drei Worte: »Ich bleibe hier.«
»Hier? In der Schule?« Mir war klar, was sie meinte, aber so schnell kam ich nicht mit – ich musste Zeit schinden, um die tausend Fragen in meinem Kopf zu ordnen. Ich meine, als Shaunee versucht hatte, sich von uns abzusetzen und wieder ins House of Night zu ziehen, gleich nachdem die Probleme zwischen ihr und Erin angefangen hatten, hatte ich sie davon abgehalten. Sollte ich Erin jetzt nicht auch davon abhalten?
»Ja, natürlich hier in der Schule. Die Tunnel nerven mich wahnsinnig. In der Feuchtigkeit werden meine Haare ganz brüchig.«
»Ähm, da gibt’s ’ne Haarkur dagegen. Von Aveda. Wir können dir morgen eine aus dem Salon Ilhoff am Utica besorgen.«
»Nein, hör zu. Es sind nicht nur meine Haare. Ich will nicht mehr in den Tunneln wohnen. Das hier ist meine Heimat. Diese Schule. Ich hab keine Lust mehr, jeden Tag hin- und hergekarrt zu werden. Das ist einfach nur bescheuert.«
»Erin, ich weiß, dass das Busfahren bescheuert ist. Himmel, das fand ich schon bescheuert, bevor ich Gezeichnet wurde. Aber ich denke, wir sollten zusammenbleiben. Wir sind nicht nur eine Clique oder ein Freundeskreis – wir sind eine Familie.«
»Nein, sind wir nicht. Wir sind eine Gruppe Kids, die auf dieselbe Schule gehen. Mehr nicht. Schluss, aus.«
»Aber unsere Gaben machen uns zu mehr.« Was sie sagte, schockierte mich – und nicht nur, was sie sagte. Sondern wie sie es sagte. Sie war so unglaublich kalt! »Erin, bei allem, was wir zusammen durchgestanden haben, kann doch niemand
Weitere Kostenlose Bücher