Verloren: House of Night 10 (German Edition)
Beinen herauf, um ihren Hunger an dem warmen Regen ihres Blutes zu stillen.
Neferet war sorgsam darauf bedacht, dass ihr kein Aufschrei entfuhr.
»Mich anzulügen ist nicht sehr weise, meine Herzlose.«
»Ich brauche mehr Macht«, gab Neferet zu. »Ich will Zoey Redbird töten, aber sie ist zu gut geschützt.«
»Gut geschützt und der Liebling einer Göttin. Selbst du bist nicht bereit, so jemanden in aller Offenheit zu vernichten.«
»Dann hilf mir. Ich flehe dich an, mein Gebieter«, schmeichelte sie und ignorierte das rasiermesserscharfe Tentakel, das weiter in ihre Haut schnitt, ebenso wie die anderen finsteren Fäden, die von ihr tranken.
»Du enttäuschst mich« , dröhnte die Stimme wie ein gnadenloser Hammer auf ihren Geist ein. »Es überrascht mich nicht, dass du mich rufst und um Hilfe flehst. Deine Handlungen sollten aber nicht vorhersehbar für mich sein – das langweilt mich, verstehst du, meine Herzlose? Und ich verspüre nicht den Wunsch, meine Macht an Langeweile und Eintönigkeit zu verschwenden.«
Neferet zuckte mit keiner Wimper. »Ich werde dich nicht bitten, mir zu vergeben«, sagte sie kalt. »Schon als wir zum ersten Mal zusammenkamen, wusstest du, wie ich war. Ich habe mich nicht geändert. Ich werde mich nicht ändern.«
»So ist es, und darum habe ich dich immer als meine Herzlose bezeichnet.« Die Stimme war nun nicht mehr ganz so peinigend – ein Hauch Belustigung schwang darin mit. »Ich fühle mich daran erinnert, wie vielversprechend unsere Beziehung begann. Du warst eine solch entzückende Überraschung. Überrasche mich erneut, dann werde ich in Betracht ziehen, dir zur Seite zu stehen. Bis dahin gewähre ich dir die Herrschaft über diejenigen Glieder der Finsternis, die bei dir bleiben wollen. Verzweifle nicht – viele werden sich für dich entscheiden. Du fütterst sie so gut. Ich werde dich wiedersehen, meine Herzlose, wenn … falls … du mein Interesse derart weckst, dass ich Lust verspüre, wiederzukehren …« Seine Stimme verklang, und der dicke Fühler um ihr Handgelenk löste seine Umklammerung und verschmolz mit der Nacht.
Neferets Beine gaben unter ihr nach. Sie brach auf dem kalten Steinboden der Terrasse zusammen und sah zu, wie die Fühler der Finsternis ihr Blut aufleckten. Sie versuchte nicht, sie daran zu hindern. Während sie tranken, streichelte sie sie, ermutigte sie – und zählte nach, wie viele ihr treu geblieben waren.
Wenn der Stier ihr nicht helfen wollte, würde sie sich eben selbst helfen. Zoey Redbird stand ihr schon viel zu lange im Weg. Viel zu lange hatte sie diesem Kind erlaubt, ihre Pläne zu durchkreuzen. Aber sie würde Zoey nicht töten – das würde zu früh Nyx’ Zorn auf sie herabrufen. Eine Göttin konnte sie nicht so ignorieren wie den Hohen Rat. Nein , dachte Neferet, ich selbst muss Zoey auch nicht töten. Ich muss lediglich ein Wesen erschaffen, das diese Aufgabe für mich erledigt. Beim ersten Mal scheiterte mein Werkzeug wegen eines minderwertigen Opfers. Mit dem richtigen Opfer aber werde ich nicht noch einmal scheitern .
»Ich bin unsterblich. Um zu erschaffen, brauche ich nicht den Stier. Nur ein geheiligtes Opfer und meine Macht. Der Zauber ist mir bekannt. Aurox war nur der Anfang …« Neferet streichelte die Fühler der Finsternis und erlaubte ihnen, weiter von ihrem Blut zu trinken.
Es sind genug , sprach sie sich selbst Mut zu. Es sind genug von ihnen übrig.
Zoey
»Die Göttin weiß, wie ich es hasse, das zu sagen, aber ich hatte unrecht. Das ist wie das verdammte Dating Game .« Aphrodite schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. Sie, Stevie Rae und ich schlenderten gemächlich zum Parkplatz, wo der mit Kids besetzte Bus auf uns wartete. Gemächlich deshalb, weil wir ganz damit beschäftigt waren, Damien und diesen Reporter, Adam, zu beobachten. Die beiden standen neben dem Van von Fox 23 News, unterhielten sich lebhaft und strahlten sich an.
»Pssst!«, flüsterte ich Aphrodite zu. »Damien wird ganz unsicher, wenn er dich hört.«
»Ach was«, schnaubte Aphrodite. »Unser Turteltäubchen ist so beschäftigt damit, zu turteln, der ist taub und blind für alles andere.«
»Ich bin doch nur froh, dass er mal wieder flirtet.«
»Schaut mal! Sie holen ihre Handys raus«, zischte Stevie Rae in einem so markanten Ton, der kein Flüstern mehr war.
»Ich hatte wieder unrecht«, sagte Aphrodite. »Das ist nicht wie das Dating Game , das ist eine echte Wildlife-Dokumentation.«
»Ich find, er
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