Verloren: House of Night 10 (German Edition)
wieder gut, meine Schöne.« Die schwarze Stute reagierte sofort. Mit einem Schnauben machte sie dem letzten Rest ihrer Anspannung Luft. Lenobia verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf die große Percheronstute, die nervös mit den Hufen scharrte und deren Ohren spielten, als lausche sie auf ein Zeichen von Travis. »Es geht ihm gut, Bonnie. Du musst keine Angst um ihn haben.« Mit den leisen Worten verlieh sie den Gefühlen Ausdruck, die sie dem nervösen Tier sandte. Auch Bonnie beruhigte sich schnell, worüber Lenobia sehr froh war. Nun konnte sie sich auf den Rest der Herde konzentrieren. »Persephone, Anjo, Diva, Little Biscuit, Okie Dodger«, suchte sie einige Tiere heraus und sandte ihnen besonders viel Ruhe und Trost. »Haltet euch an Mujaji. Seid ruhig und stark. Alles ist gut.«
Das nahe Räuspern ertönte zum zweiten Mal, und ihre Konzentration riss ab. Etwas verärgert hob sie den Blick. Vor ihr stand ein Mensch in Feuerwehruniform, der sie mit erhobenen Augenbrauen und unverhohlener Neugier beobachtete. »Reden Sie mit den Pferden?«
»Sozusagen, aber eigentlich ist es noch ein bisschen mehr. Sehen Sie.« Sie zeigte auf die Herde. Er folgte ihrem Blick und zeigte sich auf einmal sehr erstaunt. »Verrückt. Sie sind viel ruhiger als noch gerade eben.«
»Verrückt hat so etwas Negatives. Ich bevorzuge das Wort wundersam.« Sie nickte dem Feuerwehrmann noch einmal zu und schritt auf die Gruppe Jungvampyre zu, die sich um Erik Night und Professor P geschart hatten.
Der Feuerwehrmann eilte ihr nach und verfiel dabei fast in Trab. »Ma’am, ich bin Captain Alderman, Steve Alderman. Wir werden das Feuer bald unter Kontrolle haben, aber ich muss wissen, wer hier das Sagen hat.«
»Das wüsste ich auch gern, Captain Alderman«, gab Lenobia grimmig zurück. »Kommen Sie mit«, fügte sie dann hinzu. »Ich kläre das.« Die Pferdeherrin trat zu Erik und Prof P, bei denen sich ein Sohn des Erebos, Kramisha, Shaylin und einige blaue Jungvampyre aus der Unter- und Oberprima befanden. »Penthesilea, ich weiß, dass Thanatos mit Zoey und ihrem Kreis wegen dieses Rituals bei Zoeys Großmutter ist, aber wo ist Neferet?«, fragte sie scharf.
»Ich – ich habe keine Ahnung!« Die Literaturlehrerin wirkte völlig aufgelöst. Sie schien unfähig, den Blick von den brennenden Stallungen zu lösen. »Als ich das Feuer sah, bin ich persönlich zu ihr gegangen, um sie zu wecken, aber da war keine Spur von ihr.«
»Was ist mit Handy? Hat noch niemand versucht?«, fragte Kramisha.
»Sie nimmt nicht ab«, antwortete Erik.
»Na toll«, murmelte Lenobia.
»Darf ich annehmen, dass Sie in Abwesenheit der Personen, die Sie gerade erwähnt haben, selbst die Verantwortung tragen?«, fragte Captain Alderman sie.
»Nun, sieht wohl so aus.«
»Gut. Sie müssen dringend eine Anwesenheitsliste aller Bewohner erstellen. Alle Lehrer sollten sich sofort vergewissern, wo sich jeder einzelne ihrer Schüler aufhält.« Er deutete mit dem Daumen hinter sich. »Dieses Mädchen – die mit dem roten Mond auf der Stirn – ist die einzige Schülerin, die wir in der Nähe des Stalls gefunden haben. Sie ist nicht verletzt, nur ein bisschen verstört. Der Sauerstoff wirkt bei ihr ungewöhnlich schnell. Trotzdem sollte sie vielleicht ins St. John’s gebracht werden.«
Lenobia folgte seiner Geste. Dort saß Nicole auf einer Bank und atmete tief durch eine Sauerstoffmaske, während ein Sanitäter sie durchcheckte. Nebenan warteten Margareta und Sapphire und blickten den Menschen an, als sei er ein besonders ekliges Insekt.
»Unsere Krankenstation ist besser in der Lage, sich um verletzte Jungvampyre zu kümmern, als ein Krankenhaus für Menschen.«
»Wie Sie meinen, Ma’am. Sie haben hier das Sagen, und ich weiß, dass ihr Vampyre anders tickt als wir Menschen.« Er unterbrach sich und fügte hinzu: »Nichts für ungut, Ma’am. Mein bester Highschool-Freund wurde auch Gezeichnet und hat sich inzwischen gewandelt. Wir sind immer noch befreundet.«
Es gelang Lenobia, zu lächeln. »Kein Problem, Captain Alderman. Sie haben nur die Tatsachen ausgesprochen. Vampyre haben in der Tat eine andere Physiologie als Menschen. Wir werden uns um Nicole kümmern.«
»Gut. Dann schicke ich jetzt am besten ein paar meiner Jungs in diesen Sportkomplex und schaue nach, ob sich dort noch jemand aufhält. Sieht zwar aus, als könnten wir den Brand eindämmen, aber sicher ist sicher.«
Die Ställe teilten sich eine Wand mit der großen, überdachten
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