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Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Carlyle
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und lief ruhelos auf und ab. Er musste sich zusammenreißen, um nicht dem Impuls nachzugeben, zu Antonia zu gehen. Es wäre nicht angebracht. Sie kamen sich zu nah. Zwischen ihnen, zwischen zwei verlorenen und verletzten Seelen, war eine Art Freundschaft beziehungsweise noch viel mehr entstanden. Es könnte zu leicht für Antonia sein, sich auf ihn zu stützen, von ihm abhängig zu werden, wenn ihr Leben sich doch eigentlich in genau die entgegengesetzte Richtung entwickeln sollte. Fort von Selsdon, von all dem Gerede und den Erinnerungen. Manchmal fragte Gareth sich, ob Knollwood überhaupt weit genug entfernt lag.
    Wieder rollte der Donner über das Haus. Dieses Mal so heftig, dass die Fensterscheiben klirrten. Wie schon ein Mal zuvor war Gareth zur Tür hinaus und bereits den halben Korridor hinuntergelaufen, ehe ihm bewusst wurde, was er eigentlich tat. Als er an die Stelle gelangte, an welcher der Gang abbog und zu den herzoglichen Zimmern führte, fühlte er sich außerstande umzukehren. Ohne nachzudenken, lief er weiter. Antonia war allein, und wenn sie wach war, war sie vor Angst vermutlich außer sich. Gareth betrat das Wohnzimmer, das in Dunkelheit gehüllt war. Leise ging er zur Tür ihres Schlafzimmers und blieb dann zögernd stehen. Sollte er anklopfen, sodass sie sich etwas überziehen konnte? Oder sollte er einfach in der Hoffnung hineingehen, dass sie tief und fest schlief? Schließlich war es nicht so, als hätten sie sich in unbekleidetem Zustand noch nicht gesehen.
    Er stieß die Tür auf. In der Tiefe des Zimmers leuchtete eine Kerzenflamme, Antonia stand am Fenster, dessen Vorhänge zur Seite gezogen waren, und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Ihre Schultern waren nach vorn gebeugt, als wünschte sie, in sich selbst hineinkriechen zu können. Ihre Füße waren nackt, ihr langes Haar hing in schweren Wellen bis zu ihrer Hüfte. Im Dämmerlicht sah sie aus wie ein Geist – ein quälend schönes Gespinst seiner Fantasie.
    Als er ihren Namen flüsterte, wandte sie sich sofort um. Ihr Gesicht war zu einer Maske der Qual verzerrt, aber als sie ihn sah, entspannte es sich, bis ihre Augen klaren Seen ähnelten. »Gabriel«, wisperte sie und stürzte sich in seine Arme. »Gabriel. Mein Engel.«
    Er zog sie fest an seine Brust, holte tief Luft und fragte sich, wer hier eigentlich wen tröstete. Antonia fühlte sich so zart und so richtig an seiner Brust an. So beruhigend und so ... unschuldig. Seine Sorge um sie schien größer als sein Verlangen nach ihr zu sein – ein Verlangen, das tiefer ging als einfache sinnliche Lust. Vielleicht brauchte er es einfach, dass sie ihn brauchte. Denn wenn sie ihn nicht mehr brauchte, wenn sie wieder wohlauf und stark war, würde sie vielleicht fähig sein, ihn für das zu benutzen, wonach ihr der Sinn stand. Dann wäre sie auch fähig, wieder fortzugehen, wie so viele andere es getan hatten.
    Er hätte sie von sich schieben sollen, sobald der Moment vorbei gewesen war; hätte ihr etwas unverbindlich Tröstendes zuflüstern sollen. Doch stattdessen barg er sein Gesicht in ihrem Haar. »Antonia«, flüsterte er, »Antonia, ich habe mir Sorgen gemacht. Der Sturm ...«
    Sie zitterte in seinen Armen. »Gabriel, ich komme mir so dumm vor. Warum bin ich nur so? Es ist doch nur Regen – und schließlich ist das hier England. Aber genau deshalb wird er nicht aufhören, nicht wahr? Ach, ich möchte nur wieder ganz normal sein.«
    »Aber du bist ganz normal, Antonia«, wisperte er. »Und was wäre überhaupt die Alternative? Weniger zu fühlen? Weniger zu lieben? Würdest du wirklich lieber ein nur halb gelebtes und gefühltes Leben leben?«
    Sie schüttelte den Kopf, ihr Haar strich über seinen Morgenrock. »Nein«, sagte sie mit bebender Stimme. »Nein, das würde ich nicht wollen. Aus dieser Perspektive habe ich das noch nie betrachtet.«
    »Wenn du jemanden liebst, so scheinst du tief und grenzenlos zu lieben. Aber selbst das stärkste Gefühl kann uns nicht davor bewahren, das zu verlieren, was wir lieben. Aber auch dann müssen wir weiterleben. Und das ist es, was du tust. Du lebst weiter und wählst dabei die beste Art, die du kennst. Sei nicht so hart zu dir selbst, meine Liebe, denn die Welt, so wie sie ist, ist schon hart genug.«
    Sie schaute zu ihm auf und lächelte dann unsicher. »Danke«, sagte sie. »Du hast einen sehr gesunden Menschenverstand. Ich ... ich weiß offen gesagt nicht, was ich in den letzten Wochen ohne dich gemacht hätte.«
    Gareth

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