Verloren unter 100 Freunden
deshalb, ähm, kriege ich
sie nicht dazu, die Augen zu schließen … Madeleine kann nicht ›Hallo, guten Morgen‹ sagen.« Aber genau diese Dinge beherrscht Furby. Das zweite Mädchen erklärt: »Der Furby sagt mir, was er will.«
In der Tat werden Furbys mit einer Bedienungsanleitung geliefert, die detaillierte Marschbefehle gibt. Furbys fordern Sprechübungen, Essen, Ruhe und Liebesbekundungen. So heißt es in den Anweisungen zum Beispiel: »Vergiss nicht, mir regelmäßig zu sagen: ›HEY, FURBY! Ich hab dich lieb!‹, damit ich glücklich bin und weiß, dass du mich liebhast.« Unter Kindern herrscht allgemeines Einvernehmen darüber, dass die Vorliebe, Befehle zu erteilen, Furbys von gewöhnlichen Puppen unterscheidet. Eine Siebenjährige drückt es folgendermaßen aus: »Puppen lassen sich von mir sagen, was sie möchten. Furbys haben eigene Wünsche.« Ein neunjähriger Junge fasst den Unterschied zwischen Furbys und seinen Actionfiguren zusammen: »Mit seinem Furby spielt man nicht, man hängt mit ihm ab. Man versucht Macht über ihn zu erlangen, aber er hat auch Macht über einen selbst.«
Kinder sagen, dass traditionelle Puppen »harte Arbeit« seien, weil man ständig damit beschäftigt sei, sich neue Ideen für sie auszudenken; Furbys seien aus dem umgekehrten Grund harte Arbeit. Sie hätten viele Ideen, aber man müsse ihnen geben, was sie möchten, und zwar dann, wann sie es möchten. Wenn Kinder aufgrund der Projektionspsychologie an einer Puppe hängen, schreiben sie der Puppe Attribute zu, die sie selbst am meisten beschäftigen. Einem Furby aber müssen sie Gefälligkeiten erweisen. Dieses Geben und Nehmen bereitet Kinder auf die Anforderungen einer Mensch-Maschine-Beziehung vor, die der Stunde des Roboters zugrunde liegen.
Daisy, sechs, hat einen Furby zu Hause und glaubt, jeder Furby-Besitzer müsse seinem Furby bei der Erfüllung seiner Mission helfen,
nämlich Dinge über die Menschen zu lernen. »Man muss ihm alles Mögliche beibringen; wenn man sich einen kauft, dann hat man diese Aufgabe.« Daisy erzählt mir, dass sie ihrem Furby Dinge über Mädchen-Pfadfinder, über den Kindergarten und über Wale beigebracht habe. »Mein Furby ist lebendig; ich erzähle ihm alles über Wale; er hat mich lieb.« Padma, acht, erklärt, wie sehr es ihr gefalle, »Furby-Bitten« – so nennt sie es – nachzukommen und dass sie ihren Furby für »eine Art Person« halte, weil »er spricht«. Sie fährt fort: »Er ist mir sehr ähnlich, denn ich bin eine Plaudertasche.« Nach zwei Wochen ist es für Padma an der Zeit, ihren Furby zurückzugeben, und hinterher empfindet sie Bedauern: »Ich vermisse, wie er geredet hat, und jetzt ist es so still bei uns … Ich hatte keine Gelegenheit, ihm ein Bett zu basteln.«
Nach einem Monat mit ihrem Furby spricht die siebenjährige Bianca voller Überzeugung von ihrer beiderseitigen Zuneigung: »Ich habe meinen Furby lieb, weil er mich auch liebhat … Es war, als würde er mich wirklich kennen.« 6 Sie kennt ihren Furby gut genug, um zu glauben, dass er »keinen Spaß verpassen« wolle, zum Beispiel »wenn es bei uns eine Party gibt«. Um zu gewährleisten, dass ihr vergnügungssüchtiger Furby genug Schlaf bekommt, wenn ihre Eltern zu einem Fest geladen haben, verschließt sie ihm mit Wäscheklammern die Ohren, um den Roboter glauben zu lassen, »es sei nichts los … damit er einschlafen kann«. So viel Aufwand zu treiben ist anstrengend, aber Bianca fasst ihre Hingabe nüchtern zusammen: »Es ist viel Arbeit, sich um einen Furby zu kümmern.«
Wenn Wilson, der mit seinem Furby gerne um die Wette rülpst, vor der mühevollen Aufgabe steht, seinen Roboter zum Schlafen zu bringen, weiß er, dass er ihm dafür keinesfalls die Batterien herausnehmen darf, denn dann würde der Furby ja alles »vergessen, was zwischen uns geschehen ist«, und das ist inakzeptabel. Deshalb muss Furby auf natürlichem Weg in den Schlaf finden. Wilson versucht
ihn müde zu machen, indem er ihn bis spätabends fernsehen lässt. Er experimentiert mit Furby-»Schlafhäusern«, die aus Wolldecken und aufgetürmten Bauklötzen bestehen. Wenn Wilson über den Furby-Schlaf nachdenkt, denkt er automatisch auch an Furby-Träume. Er ist sich sicher, dass sein Furby träumt, »wenn seine Augen zu sind«. Wovon träumen Furbys? Zweit- und Drittklässler glauben, »vom Leben in ihren fliegenden Untertassen«. 7 Und sie träumen davon, Sprachen zu lernen und mit den Kindern zu spielen, die sie
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