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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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was, Herzblatt? Hat ein Kind nicht das Recht zu wissen, wer sein Vater ist?«
    Eine einzelne Träne rollt über Ambers Wange. Sie zieht den Kleinen näher zu sich. »Was willst du, Philly?«, fragt sie mit kaum hörbarer Stimme.
    Philly wendet sich ab und beginnt, im Raum umherzugehen.
    »Hast du eine Ahnung, wie es ist, fünfeinhalb Jahre im Knast zu sitzen? Wenn du es erst mal geschafft hast, am Leben zu bleiben und die richtigen Leute auf deine Seite zu bringen, hast du eine Menge Zeit zum Nachdenken. Über deine Familie. Deinen Sohn. Daran, was du alles mit ihm machen könntest. Irgendwelchen Blödsinn, wie am Strand spazieren zu gehen und Pizza zu essen und all so was. Sachen, die du nie gemacht hast, weil …«
    Er bricht ab und mustert Amber vielsagend.
    »Dad ist doch tot, oder, Mom?«
    Sie sieht ihn nur wortlos an.
    »Tee!«, platze ich in die unbehagliche Stille hinein. »Möchte jemand Tee? Mr Pascocello? Sie haben doch eine lange Reise hinter sich und müssen völlig ausgedörrt sein.«
    Philly starrt mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Ja, trinken wir Tee «, erwidert er mit sarkastischer Betonung des letzten Wortes. »Ihr Briten und euer Tee. Wie sieht es mit Ihnen aus, Mr Skinner? Was sagen Sie zu einer schönen Tasse Tee ?«
    Skinner sieht zutiefst verlegen aus. »Ja. Ich hätte gern eine Tasse. Danke, mein Lieber. Mit sechs Stück Zucker, wenn’s recht ist.«
    Ich setze Wasser auf und bereite eine Kanne voll Earl Grey zu. Es gelingt mir sogar, Schokokekse auf einem Teller zu arrangieren, während Philly die Unterbrechung nutzt, um einen Rundgang durchs Haus zu machen.
    »Wer ist denn die Alte, die da schläft?«, fragt er mit einer Geste auf die einstige Königin des historischen Liebesromans.
    »Sie heißt Daphne«, antworte ich in der Hoffnung, das würde alles erklären.
    Philly lässt sich in den Sessel gegenüber der schlummernden Daphne sinken, während Arthur, Amber und ich uns aufs Sofa setzen. Mr Skinner zieht einen Stuhl heran und hängt seine Uzi über die Lehne, als wäre sie eine Strickjacke. Offenbar sind wir für ihn lediglich eine Handvoll Frauen in unterschiedlichen Abstufungen der Harmlosigkeit. Bedrohungsfaktor gegen null.
    »Ist das nicht reizend?«, ätzt Philly, als ich den Tee einschenke. »Eine hübsche kleine Teeparty.«
    »Würden Sie bitte die Kekse herumreichen, Mr Skinner?«, fordere ich ihn auf – ein Ritual, mit dem er offenkundig nicht vertraut ist. Und auch Earl Grey scheint er ebenfalls nicht zu kennen, denn er zieht angewidert die Nase kraus, als ihm das Aroma in die Nase steigt. Alles an ihm wirkt winzig. Wie sein Schädel ausreichend Hirnmasse beherbergen kann, um wie ein anständiger Verbrecher funktionieren zu können, ist mir ein echtes Rätsel. Schätzungsweise ist er irgendein Großstadtganove aus London, der die Waffen besorgt und Philly vom Flughafen abgeholt hat. Philly und er scheinen sich kaum zu kennen, vielmehr macht es den Eindruck, als betrachte ihn der Amerikaner als eine Art Partner einer ironischen Komödie. Ich muss wieder daran denken, was Amber über ihn und seine Kumpane erzählt hat. Dass sie gar nicht wie Gangster wirkten, sondern eher wie Darsteller eines komischen Bühnenstücks.
    »Nun, erzählen Sie uns doch von Ihren Plänen, Mr Pascocello«, fordere ich ihn im Plauderton auf. »Oh, schmeckt Ihnen der Tee? Ist er nicht zu stark für Sie?«
    Er wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Unsere Pläne. Lassen Sie mich mal überlegen.« Er lehnt sich in meinem alten abgewetzten Sessel zurück, so dass seine Jacke auseinanderfällt und die Waffe erneut zum Vorschein kommt. »Wir bleiben eine Weile hier, besuchen die Sehenswürdigkeiten und all das. Schnappen ein bisschen frische britische Luft. Und dann, wenn Herzblatt und ich verheiratet sind, machen wir erst mal anständig Flitterwochen. Was, Herzblatt?«
    2
    Wieder herrscht lange Zeit Schweigen im Raum, das lediglich vom Knacken der Scheite im Kamin, dem Summen des Kühlschranks und Daphne Ottershaws schweren Atemzügen durchbrochen wird, während Phillys Worte bedeutungsschwanger in der Luft hängen.
    »Arthur, mein Lieber. Vielleicht möchtest du ja mit Mr Skinner nach draußen gehen und ihm die Kälber zeigen. Und wenn du ihn nett bittest, lässt er dich ja vielleicht mit seiner …« Allem Anschein nach will das Wort Uzi nicht über Angelas Lippen kommen. »… Automatikwaffe spielen. Ich bin überzeugt, er wird nicht vergessen, sie vorher zu sichern«, sage

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