Verlorene Eier
Dimension befindet ( Schuld und Söhne , Nigel Copperfield , Meuterei auf der Snickers ) sowie den schwulen Meisterkoch, der spritzige Anekdoten mit Rezepten würzt ( Tunten, Torten, Tupperware , Griechische Geheimrezepte , Warme Mahlzeit, Heißer Wirt und Ein Toyboy zum Dessert ). Und mich.
Auch während des Fluges bin ich überhaupt nicht nervös. Ich sehe mir einen Bordfilm an und lese eine Weile, während Gerald sich mithilfe eines dieser E-Reading-Dinger durch den Berg an ungelesenen Manuskripten arbeitet. Abgrundtiefe Seufzer dringen von Zeit zu Zeit herüber. Sein Finger und die »Löschen«-Taste sind beste Freunde geworden. Nach sieben Stunden über dem Atlantik stelle ich erfreut fest, dass er keine neuen literarischen Talente entdeckt hat.
3
»Kein Schlachtplan überlebt die erste Feindberührung« lautet das Zitat eines berühmten deutschen Generals. Und diese Theorie bewahrheitet sich auch jetzt.
Das Problem des Eincheckens in unser Hotel in Midtown (wo der amerikanische Verlag logischerweise zwei Zimmer auf die Namen Gerald Douglas und Angela Huxtable reserviert hat) stellt sich nicht länger: In Anlehnung an das alte Rätsel, wie man den Fuchs, das Huhn und den Sack Körner auf einem Floß über den Fluss schafft, hat Gerald das Ganze höchst elegant gelöst.
Als Erstes checkt Gerald mit dem gesamten Gepäck ein, während ich in einem Café um die Ecke auf ihn warte. Wenn er alles sicher in seinem Zimmer verstaut hat, ruft er mich mit dem Handy an – mit seinem Handy, wohlgemerkt, denn ich besitze keines –, und gibt mir seine Zimmernummer durch. Ich betrete die Hotelhalle als gewöhnlicher Mann, steige in den Aufzug und gehe in Geralds Zimmer, wo ich mich in Angela verwandle. Dann gehe ich mit meinem Koffer wieder nach unten und checke als Angela ein. Wenn ich erst mal die Zimmerkarte habe, kann ich kommen und gehen, wie ich will. Keinen Menschen wird es kümmern, ob ich Bill, Angela oder Pu der Bär bin.
Zum allerersten Mal wird Gerald Zeuge der Metamorphose. Während ich an der Frisierkommode sitze und all die Schichten auftrage, lümmelt er auf dem Bett und sieht fasziniert – und hoffentlich auch ein wenig beeindruckt – zu, mit welcher Fingerfertigkeit und Routine ich zur Sache gehe.
»Es ist fast beängstigend, wie gut du das kannst«, bemerkt er irgendwann.
»Ich hatte immer eine eiserne Regel«, sage ich und bestäube sorgfältig meine T-Zone mit einer Schicht Bronzepuder. »Sieh zu, dass du nie zu gut in etwas wirst, das du nicht gern tust, sonst läufst du Gefahr, dass du dort hängen bleibst.«
Ich ziehe meine Hose und mein Hemd aus – Gerald hebt interessiert die Brauen – und lege den BH an. Beim Anblick der wabbeligen Hühnerfilets weiten sich seine Augen hinter den Mönchsbrillengläsern, und ich muss den Drang unterdrücken, ihm eines an den Kopf zu werfen.
»Was auch immer du gerade denkst«, warne ich, »verkneif es dir.«
Ich ziehe den Rock und den schwarzen Rollkragenpulli an (sorgsam darauf bedacht, mein Make-up nicht zu verschmieren), gefolgt von den Stiefeln, dem Schmuck und der kastenförmigen Jacke. Doch erst die Perücke lässt Angela vollends zum Leben erwachen. Bis zu diesem Augenblick bin ich nur ein übertrieben geschminkter Mann. Ich gehe ein paar Schritte auf und ab, drehe die Handgelenke hin und her, stelle mich hin und lasse die Hüften kreisen.
»Gerald, mein Lieber«, bemerke ich mit Angela-Stimme, »du siehst so schockiert aus.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Bill. Irgendwie bist du es, gleichzeitig aber auch wieder nicht.«
»Ich hatte einen exzellenten Lehrer.«
»Wie heißt sie?«
»Er. Er ist Regierungsbeamter. Ein Spion, um genau zu sein.«
»Nein!«
»Doch, sogar ein Top-Spion.«
»Du willst mich verkohlen.«
»Keineswegs. Ich bin mit ihm gemeinsam zur Schule gegangen.«
»Ein Transvestit.«
»Das sagte ich ja bereits.«
»5?«
»Wie?«
» MI 5? Oder 6?«
»Darüber haben wir nie gesprochen.«
»Wie pikant! Die Summe, die ein Verleger für diese Story hinblättern würde …«
»Gerald, versprich mir, dass wir nie wieder über ihn reden werden.«
» Auf Rock und Rock mit der Gefahr! Die Memoiren eines Transen-Spions !«
»Sehr witzig, Gerald.«
» Der Spion, der aus dem Ausverkauf kam !«
»Herrgott noch mal, Gerald.«
4
Angela Huxtables erster öffentlicher Auftritt außerhalb der Stadtgrenzen Londons könnte nicht einfacher sein; eine nette Unterhaltung mit dem Mitarbeiter an der Hotelrezeption. Etwas,
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