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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Kolumne rauszukotzen«, pflegte er zu sagen – war die Fassade längst mit seinem wahren Selbst verschmolzen. Ich weiß ganz genau, was er über Angela Huxtable gesagt hätte. »Du jämmerliches lauwarmes Weichei«, würde er sagen, nachdem eine halbe Flasche Teachers seine Zunge gelockert hatte.
    Ich denke an Claire.
    Wir hatten New York in unserer eigenen goldenen Ära besucht – im Herbst, als der Himmel noch immer strahlend blau war. Sie war von einer Galerie zur nächsten gepilgert, ich stets in ihrem Kielwasser, völlig verzaubert von ihrer anmutigen Schönheit und fassungslos über mein Glück, in regelmäßigen Abständen meinen pulsierenden Schaft in ihrem feuchten Schoß versenken zu dürfen. (Man merkt, dass ich nicht umsonst ein millionenschwerer Romanzenschreiber bin, oder?)
    Ich sehe noch vor mir, wie wir Arm in Arm den Broadway entlangschlendern und staunend die unglaubliche Energie dieser Stadt in uns aufsaugen.
    Im Central Park wild knutschen.
    Uns morgens in unserem Hotelzimmer vergnügen, überglücklich, einander gefunden zu haben.
    Ich erinnere mich an den Nachmittag, als sie mit einer Kollegin verabredet war und wir vereinbarten, uns danach auf den Stufen der Leihbibliothek in der Nähe der 42. Straße zu treffen. Ich sah sie schon von weitem – eine hochgewachsene elegante Gestalt in einem langen braunen Kaschmirmantel. Sie erinnerte mich an die junge Lauren Bacall. Und ich spürte die Freude, die mich wie ein Blitz durchzuckte, als ich mir vor Augen hielt, dass diese Frau auf mich wartete. Ich erinnere mich an den Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie vor dem Schaufenster eines pompösen Juweliers in Soho stand und eine Brosche bewunderte, zu dem ich später noch einmal zurückging, um sie ihr zu kaufen. Und ihre unbändige Freude über mein Geschenk.
    Gab es damals schon Anzeichen, dass das Ende nahte? Vielleicht. Seltsame Stimmungsschwankungen suchten sie heim, die sie jedoch auf die Holbein-Gemälde in der Frick Collection schob. »Das passiert mir bei Holbein immer«, behauptete sie wenig überzeugend. Dann die seltsame Frostigkeit auf der Rückfahrt von einem Ausflug nach Brighton Beach – ich, der wie ein aufgeregter Hundewelpe vor Begeisterung über die Exotik dieser russischen Enklave durch die Gegend hüpfte, während sie schmollend und mit einer düsteren Miene dasaß, als hätte sie eine schlechte Auster erwischt. Und mir kommen die ernüchternden Worte eines Freundes in den Sinn, nachdem ich sie ihm vorgestellt hatte: »An dieser Frau wirst du dir die Zähne ausbeißen, Kumpel. Reinster Granit.«
    Und nun bin ich wieder hier und spiele eine Transe. Meine Gedanken wandern noch einmal zu Claires Brosche. Sie würde hervorragend zu Angelas Outfit passen. Ich sehe sie förmlich vor mir, am Revers ihrer Kastenjacke.
    Wie krank ist das denn?
    Ich denke an Eric, den Streuner, der mich bei meinem ersten Besuch in Eglwys Heath adoptiert hat – ein stämmiges, merkwürdig proportioniertes Vieh und zweifellos Spross einer langen Reihe von Promenadenmischungen auf beiden Seiten. Er war weder besonders gutmütig und intelligent noch hübsch oder sonst etwas. Ehe ich gezwungen gewesen war, ein neues Zuhause für ihn zu finden (Gott segne den Friseur in Rhyl), saß er auf dem Sessel gegenüber von mir und sah mich mit der Hundeversion eines Stirnrunzelns an: Tja, wir haben beide unser Leben gründlich versaut , schien er zu sagen. Aber ich bin wenigstens nur ein Hund. Wie lautet deine Ausrede?
    Als ich schließlich einschlafe, geistert mir ein einziger Gedanke im Kopf herum: dass ich morgen – besser gesagt, nachher – den wichtigsten Auftritt meines ganzen Lebens hinlegen muss. Wieder höre ich die Stimme meines Vaters. Es sind die Worte, die er im Zuge meines Schulabschlusses an mich gerichtet hat, die mich jedoch seither unablässig verfolgen: »Du kannst nur dein Bestes geben, Bill … obwohl das bei Gott wohl nicht annähernd ausreichen wird.«
    8
    Als ich mich am nächsten Morgen an meine Schmink-und-Ankleide-Prozedur gemacht habe, war ich noch immer nicht nervös. Erst jetzt, als ich mit dem Verschluss der Rauchquarzkette kämpfe, merke ich, dass meine Finger ein merkwürdiges Eigenleben entwickelt haben. Ich höre Gerald im angrenzenden Zimmer telefonieren. Als er wenig später hereinkommt, verrät mir seine Miene, dass es Zeit wird. Showtime. Wenn ich das hier vergeige, können wir uns unsere Million getrost in den Hintern schieben.
    »Du könntest mir mit dem Verschluss

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