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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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nicht zu verraten). Ja, manchmal sorgten die Figuren für die eine oder andere kleine Überraschung, doch letzten Endes erfüllte sich grundsätzlich ihr vorgezeichnetes Schicksal, nämlich jenes, das der Erzählbogen verlangte (zuerst heftiges Gerammel, dann ein Leben in einem hübschen, gemütlichen Häuschen mit einer von Rosen umrankten Eingangstür und erfüllt vom Trippeln winziger Füßchen), erläutere ich.
    »Wieso fragen Sie, meine Liebe?«, erkundige ich mich mit leicht bebender Stimme.
    »Ach, egal. Nur so.«
    Diesmal geht das Signieren der Bücher deutlich schneller (und mit weniger Liebe zum Detail) über die Bühne als in New York. Vielleicht auch, weil ich weiß, wer mich am Ende der Schlange erwartet.
    »Hallo, meine Liebe«, bringe ich mühsam hervor. Die langen, schlanken Beine verschwinden unter dem Tisch, und als ich in die ungewöhnlichen Augen blicke, spüre ich, wie mich eine Woge der Scham über meinen schweinischen Traum überfällt. »Vielen Dank für das Foto. Ich war sehr gerührt.« Ich halte kurz inne. »Und wo ist der kleine Arthur heute?«
    »Oh, er … er ist bei einem Freund.« Pause. »Ich habe hier etwas für Sie.«
    Sie greift in die formlose Hippietasche über ihrer Schulter und zieht einen schwer aussehenden Gegenstand in der Form eines Apfels heraus, der in eine braune Papiertüte gewickelt ist und sich als Buddha aus Speckstein entpuppt.
    »Buddha«, sage ich mit schwacher Stimme.
    »Ja!«, ereifert sie sich mit einem Lächeln, das ohne Weiteres die Polkappen zum Schmelzen bringen könnte.
    »Ich … äh … ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stammle ich wahrheitsgetreu.
    »Haben Sie schon einen?«
    »Nein. Das ist mein erster.«
    »Er bringt Glück. Aber man darf ihn sich nicht selbst kaufen. Es funktioniert nur, wenn man ihn geschenkt bekommt. Zumindest habe ich das gehört. Und, na ja, wieso das Risiko eingehen, dachte ich mir.«
    »Ich hoffe, er ist nicht uralt oder sehr kostbar.«
    »Ich habe ihn aus dem Orientshop im East Village … aber die Geste zählt.«
    Ich lege mir die Finger auf die Kehle, um meine tiefe Rührung zu demonstrieren.
    »Es ist doch nur eine Kleinigkeit. Sie haben mir so viel gegeben …«, fährt sie fort und wendet sich ab.
    Eine neuerliche Träne hat das Tageslicht erblickt. Was ist das nur mit Angela Huxtable und diesen weiblichen Drüsen?
    »Ich habe mir geschworen, dass ich das nie wieder vor Ihnen tun werde.«
    »Hätten Sie vielleicht Lust, eine Tasse Tee mit mir zu trinken?«, frage ich. »Ich habe gesehen, dass es hier einen Starbucks gibt.«
    Die wunderschönen Augen weiten sich und sind von noch strahlenderem Licht erfüllt. Ein Lächeln, das dem meines versauten Tagtraums besorgniserregend nahe kommt, breitet sich auf ihrem unglaublichen Gesicht aus.
    »Ich würde nichts lieber tun«, erwidert sie.
    6
    Gerald und George mustern mich leicht verdattert, als ich sie informiere, dass ich in zwanzig Minuten wieder hier sein werde und Amber ins Gewühl des Einkaufszentrums folge.
    Liegt es an der schummrigen Beleuchtung? An dem ungewohnten Gewicht des Buddhas in meiner Handtasche? Hat mich Ambers unvermitteltes Auftauchen völlig aus der Bahn geworfen? Oder habe ich einfach vergessen, wie man richtig geht? Was auch immer – jedenfalls stolpere ich und muss mich an ihr festklammern, um nicht auf der Nase zu landen.
    »Hoppla«, sagt sie.
    »Danke, meine Liebe.«
    »Alles klar?«
    »Tut mir leid. Ich muss gestolpert sein.«
    »Geben Sie mir Ihren Arm«, bietet sie mir an.
    Einen Moment lang herrscht Verwirrung, während wir zu ermitteln versuchen, wer sich bei wem unterhakt, da ein Teil von mir wie ein Mann reagiert, wohingegen der andere Teil in die Rolle der älteren Frau mit einem spontanen Schwindelanfall schlüpft. Nach einigem Gerangel schiebt Amber kichernd ihre rechte Hand unter meinen linken Arm, obwohl es völlig verkehrt ist. Mir wird bewusst, dass sie die erste Frau seit Claire ist, mit der ich Arm in Arm gehe. Trotz der Transen-Kleider und der Hühnerfilets in meinem BH ist es ein herrliches Gefühl. Ich wusste nicht, wie sehr es mir gefehlt hat.
    Wir setzen uns an einen Zweiertisch. Ich versuche, meine Fassung zurückzugewinnen, aber dass Amber ein 10.000-Watt-Lächeln aufsetzt, ist nicht gerade hilfreich.
    »Ich bin ein wenig verwirrt, meine Liebe«, presse ich mühsam hervor, nachdem mein Gehirn endlich Sprechbereitschaft signalisiert hat. »Darüber, Sie wiederzusehen, meine ich. Hier in Washington.«
    »Oh.« Sie

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