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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Scheibe von Johnny Cash aus seinen späten Jahren. Ich bin in Versuchung, ihr zu erzählen, dass ich die späten Songs von Johnny Cash liebe, verkneife es mir jedoch. Bill liebt sie tatsächlich, Angela hingegen würde es wohl nicht tun.
    »Mist. Verkehrte Richtung.« Sie legt eine profimäßige 180-Grad-Wendung mit einer Hand hin. Ich muss mich zwingen, den Blick von ihren Oberschenkeln zu lösen, während sie die Pedale bis zum Anschlag durchtritt. »Können Sie auch Auto fahren?«, erkundigt sie sich.
    »Ja, das kann ich, meine Liebe, aber …« Aber ich habe meine Kiste in den Graben gefahren, als ich besoffen war und in Selbstmitleid gebadet habe. »Dort, wo ich wohne, gibt es ganz gute Busverbindungen.«
    »Und wie sieht es mit Reiten aus?«
    »Wie?«
    »In Ihren Büchern steht doch, dass Sie Pferde besitzen. Und Hunde und Bienen. Ich habe mir immer vorgestellt, wie es bei Ihnen aussehen mag. Sie und die Pferde und Hunde und Bienen in den Midlands.« Sie legt die Betonung auf Lands .
    »Und bin ich so, wie Sie sich mich vorgestellt haben?«
    »Nicht so ganz.«
    »Welches Bild hatten Sie denn von mir im Kopf?«
    Über diese Frage muss sie nachdenken, wobei sie wieder etwas völlig Faszinierendes mit ihren Lippen anstellt. Lass dir ruhig Zeit, denke ich.
    »Ich schätze, ich habe mir jemand … Älteres vorgestellt. Vielleicht jemanden wie die Queen oder so.«
    Ich fühle mich geschmeichelt. Ich hatte gedacht, meine Angela-Darstellung falle eher wie eine Kreuzung aus Miss Marple und einer von Queen Mums Saufkumpaninnen aus.
    »Gütiger Himmel. Nun ja, ich bin ziemlich konservativ.«
    »Nein, Sie sind echt cool, Angela.«
    »Cool. So hat mich noch nie jemand bezeichnet.«
    »Sie müssen cool sein, wenn Sie mit mir ausgehen.« Sie verzieht das Gesicht zu einem Lächeln, das man am liebsten in eine Flasche packen und mit nach Hause nehmen würde. Das orangefarbene Licht der Straßenlaternen spiegelt sich in ihren bernsteinfarbenen Augen wider, so dass es einen Moment lang aussieht, als stünden sie in Flammen. »War nur ein Scherz«, fügt sie hinzu. »Aber Sie sind echt cool.«
    Wir verlassen die von Bäumen gesäumten Straßen des Touristenviertels und nähern uns weniger liebevoll gestalteten Wohngegenden, vorbei an mit Holz verkleideten Häusern, überwucherten Gärten und Bürgersteigen mit gewaltigen Rissen im Asphalt, aus denen dicke Palmenstämme wachsen.
    »Ich habe mir vorher den Weg im Internet angesehen«, erklärt sie, »irgendwo hier muss es sein.« Sie lenkt den Wagen an den Straßenrand, schaltet den Motor aus und zieht die Handbremse an.
    Ich blicke mich um. Es sieht nicht gerade nach einer Gegend aus, in der man einen Blues-Club erwarten würde. Ich würde die Gegend noch nicht einmal als Wohnviertel bezeichnen. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen.
    »Da drüben ist es.«
    Zwar stehen wir vor dem Haus mit der richtigen Nummer in der richtigen Straße, doch an der Tür des großen, halb zerfallenen Hauses hängt ein Zettel.
    »Mist. Die sind umgezogen.« Auf dem Zettel steht die Beschreibung zum Club. »Vier Blocks nach Osten.«
    Weitere Blues-Liebhaber fahren vor. Als wir zum Wagen zurückkehren, kommen uns zwei junge Männer entgegen. Ich spüre, wie Amber scharf den Atem einsaugt und sich anspannt.
    »Was ist?«
    Mir ist augenblicklich klar, dass die Jungs nicht wegen Lonesome Tiny hier sind. Sekunden später bauen sie sich vor uns auf: zwei riesige, etwas hektisch wirkende Typen, vielleicht unter Drogeneinfluss. Einer tänzelt ruhelos vor uns im Kreis herum, während der andere etwas aus der Tasche gezogen hat, was verdächtig nach einem Messer aussieht. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass es sich tatsächlich um ein Messer handelt, dessen gezackte Klinge im Schein der Straßenlampe aufblitzt.
    »Tasche her, Schlampe. Und die Brillis auch.«
    Es entsteht eine Pause. Erst dann registriere ich schockiert, dass er mit mir gesprochen hat.
    »Oh. Tut mir leid. Das sind keine Brillanten, sondern Rauchquarze.«
    »Klappe, Angela«, zischt Amber. »Tun Sie, was er sagt.«
    »Ja. Tu, was er sagt. Und du auch, Schlampe. Tasche her. Los, bewegt eure mageren Ärsche.« Er wedelt drohend mit dem Messer.
    Ich fummle am Verschluss meiner Kette herum, aber meine Finger sind zu plump. Ich spüre, wie die Hühnerfilets in meinem BH nach oben rutschen. Was macht mir größere Angst? Was uns diese Burschen antun oder dass eines meiner Filets auf dem Gehsteig landen könnte? Amber greift in ihre

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