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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Sainte-Pelagie.«
    »Und Finot wird seine große Zeitung den Ministern verkaufen, die ihm das meiste Geld zahlen, wie er seine Lobartikel an Madame Bastienne verkauft und Mademoiselle Virginie schlecht macht und beweist, daß die Hüte der ersten schöner sind als die, die das Blatt zuerst gepriesen hatte!« rief Lucien, der sich an die Szene erinnerte, deren Zeuge er gewesen war. »Sie sind ein dummer Kerl«, antwortete Lousteau trocken. »Finot lief vor drei Jahren mit zerrissenen Stiefeln herum, aß bei Tabar für achtzehn Sous zu Mittag, sudelte für zehn Franken einen Prospekt, und wie sein Rock ihm auf dem Leib saß, das war ein so unerforschliches Geheimnis wie das der unbefleckten Empfängnis: Finot ist jetzt alleiniger Besitzer seines Blattes, das hunderttausend Franken wert ist; mit den bezahlten, aber nicht effektiven Abonnements, mit den wirklichen Abonnements und den indirekten Kontributionen, die sein Onkel erhebt, verdient er jährlich zwanzigtausend Franken; er hat täglich die üppigsten Diners der Welt, er hat seit einem Monat ein Kabriolett; und morgen ist er nun endlich an der Spitze einer Wochenschrift und hat ein Sechstel des Eigentums umsonst, hat fünfhundert Franken monatliches Gehalt, die er um tausend Franken für unentgeltliche Mitarbeit, die seine Teilhaber ihm bezahlen müssen, erhöhen wird. Sie werden der erste sein, der überglücklich ist, Finot drei Artikel umsonst zu geben, wenn er einwilligt, Ihnen fünfzig Franken für den Bogen zu zahlen. Wenn Sie einmal in einer ähnlichen Stellung sind, können Sie über Finot urteilen: man kann nur von seinesgleichen gerichtet werden. Haben Sie nicht eine großartige Zukunft, wenn Sie blind sich in Haß und Liebe nach den jeweiligen Umständen richten; wenn Sie angreifen, weil Finot Ihnen sagt: ›Greif an!‹; wenn Sie loben, weil er Ihnen sagt: ›Lobe!‹ Wenn Sie gegen jemanden Rache zu üben haben, dann brauchen Sie mir nur zu sagen: ›Lousteau, der Mann muß vernichtet werden!‹ und wir rücken jeden Morgen in unser Blatt ein Sätzchen ein, mit Hilfe dessen Sie Ihren Freund oder Ihren Feind aufs Rad flechten können. Und dann bringen Sie Ihr Opfer mit einem großen Artikel in dem Wochenblatt noch einmal um. Und schließlich, wenn es für Sie eine große Sache ist, läßt Finot, dem Sie sich inzwischen unentbehrlich gemacht haben, Sie in einer großen Zeitung, die zehn- oder zwölftausend Abonnenten hat, einen letzten Keulenschlag führen.«
    »Sie glauben also, Florine wird ihren Drogisten dazu bestimmen können, das Geschäft zu machen?« fragte Lucien, der von den Aussichten geblendet war.
    »Das glaube ich freilich! Wir sind am Zwischenakt, ich werde ihr sofort zwei Worte sagen, die Sache wird heute nacht in Ordnung gebracht. Wenn Florine verstanden hat, um was es sich handelt, hat sie meinen ganzen Geist und ihren dazu.«
    »Und da sitzt nun dieser brave Kaufmann mit offenem Munde und bewundert Florine, ohne eine Ahnung zu haben, daß man ihm dreißigtausend Franken aus der Tasche holen wird!«
    »Schon wieder eine Dummheit! Stiehlt man sie ihm denn?« rief Lousteau. »Aber, mein Lieber, wenn der Minister das Blatt kauft, dann bekommt der Drogist binnen einem halben Jahr vielleicht fünfzigtausend Franken für seine dreißigtausend. Und ferner wird Matifat nicht an das Blatt denken, sondern an die Interessen Florines. Wenn man erfährt, daß Matifat und Camusot – denn sie sollen sich in das Geschäft teilen – eine Zeitschrift besitzen, dann bringen alle Blätter freundliche Artikel über Florine und Coralie. Florine wird berühmt werden, sie bekommt vielleicht an einem andern Theater ein Engagement für zwölftausend Franken. Und schließlich spart Matifat die tausend Franken, die ihm jeden Monat die Geschenke und die Diners für die Journalisten kosten würden. Sie verstehen nichts von den Menschen und nichts vom Geschäft.«
    »Der arme Mann!« sagte Lucien; »er hofft auf eine genußreiche Nacht.«
    »Und«, fuhr Lousteau fort, »wird mit tausend Gründen gefoltert, bis er Florine die Quittung für das Sechstel gezeigt hat, das er Finot abkaufen muß. Und am nächsten Tage bin ich Chefredakteur und verdiene tausend Franken im Monat. Die Zeit meines Elends ist zu Ende!«
    Lousteau ging. Lucien war wie betäubt. Er war tief in Gedanken versunken über die Welt, wie sie ist. Er hatte in den Galeries de Bois die Schliche des Buchhandels und die Küche desRuhms kennengelernt, er war hinter den Kulissen des Theaters gewesen und

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