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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Vierzigfrankenstück, aber leider nicht geht; sie hat sie von irgendeinem Schafskopf. ›Das Zeug rührt sich nicht, wie alles, was er an sich hatte‹, hat sie gesagt. Bixiou, der uns in den Rocher de Cancale nachgekommen ist, wollte der Sendung, die Dir Paris macht, noch eine Flasche Eau de Portugal beilegen. Unser erster Komiker sagte: ›Wenn das sein Glück machen kann, sei's drum!‹ – mit der tiefen Baßstimme und den Bourgeoisallüren, die er so gut kopiert. Dies alles, liebes Kind, beweist Dir, wie sehr man seine Freunde im Unglück liebt. Florine, der zu verzeihen ich schwach genug war, bittet Dich, uns einen Artikel über das letzte Buch von Nathan zu schicken. Lebwohl, mein Sohn! Ich kann Dich nur beklagen, daß Du wieder in das Nest zurückgekehrt bist, aus dem Du geschlüpft warst, als Du der Kamerad wurdest
    Deines Freundes
Etienne L.«
     
    »Die guten Jungen! Sie haben für mich gespielt«, sagte er ganz gerührt.
    Er kam aus den ungesunden Ländern, die von jenen Dünsten erfüllt sind, die den Wohlgerüchen des Paradieses gleichen. In einem einförmigen Dasein ist die Erinnerung an Leiden ein undefinierbarer Genuß. Eva war starr vor Erstaunen, als ihr Bruder in seinen neuen Kleidern herunterkam; sie erkannte ihn nicht.
    »So, ich kann jetzt in Beaulieu spazieren gehen,« sagte er; »man wird nicht von mir sagen: ›Er ist in Lumpen zurückgekommen!‹ Da hast du eine Uhr, sie gehört mir; außerdem gleicht sie mir: sie ist auch aus dem richtigen Gang gekommen.«
    »Was für ein Kind du bist! ...« sagte Eva. »Man kann dir über nichts böse sein.«
    »Glaubst du denn, mein liebes Kind, daß ich mir das alles in der lächerlichen Absicht habe kommen lassen, um in den Augen Angoulêmes zu glänzen? Daraus mache ich mir gerade so viel!« sagte er und strich mit seinem Spazierstock, der einen goldenen Griff hatte, durch die Luft. »Ich will wieder gutmachen, was ich verdorben habe, und ich habe mich unter Waffen begeben.«
    Der Erfolg Luciens als Modejüngling war der einzige wirkliche Triumph, den er erlangte, aber er war vollkommen. Der Neid löst die Zungen, die die Bewunderung erstarren macht. Die Frauen vernarrten sich in ihn, die Männer machten ihn schlecht, und er konnte singen, wie es in dem Lied heißt: ›O mein Rock, ich danke dir!‹ Er gab in der Präfektur zwei Karten ab und machte Petit-Claud einen Besuch, traf ihn aber nicht zu Hause. Am folgenden Tage, an dem das Bankett stattfand, standen in allen Pariser Zeitungen unter der Rubrik »Angoulême« die folgenden Zellen: »Angoulême. Die Rückkehr eines jungen Dichters, dessen erstes Auftreten so verheißungsvoll war, des Verfassers des ›Bogenschützen Karls IX.‹, des einzigen historischen Romans in Frankreich, der keine Nachahmung von Walter Scott ist und dessen Vorrede ein literarisches Ereignis bedeutet, ist durch eine Huldigung ausgezeichnet worden, die für Herrn von Rubempré wie für die Stadt gleich schmeichelhaft ist. Die Stadt hat sich beeilt, ihm zu Ehren ein patriotisches Bankett zu geben. Der kürzlich ernannte neue Präfekt ist der öffentlichen Kundgebung beigetreten, die den Dichter der ›Margueriten‹ feiern soll, dessen Talent schon bei seinen ersten Proben von der Frau Gräfin du Châtelet so beifällig aufgenommen worden ist.«
    Wenn in Frankreich einmal der erste Anstoß gegeben worden ist, so kann niemand mehr den Schwung aufhalten. Der Regimentsoberst stellte das Musikkorps. Der Hotelwirt der ›Glocke‹, dessen getrüffelte Puten in kostbaren Porzellangefäßen bis nach China verschickt werden, dieser berühmte Gastwirt des Houmeau, der das Mahl übernommen hatte, hatte seinen großen Saal mit Tüchern drapiert, auf denen Kränze von Lorbeeren sich mit Sträußen zu prächtiger Wirkung vereinten. Um fünf Uhr waren vierzig Personen, alle in feierlicher Toilette, hier versammelt. Eine Menschenmenge von einigen hundert Einwohnern, die hauptsächlich von der Musik angezogen worden war, repräsentierte die Mitbürgerschaft.
    »Ganz Angoulême ist da!« sagte Petit-Claud, der sich ans Fenster setzte.
    »Ich weiß nicht, was los ist«, sagte Postel zu seiner Frau, die erstaunt nach der Musik hörte. »Wie! der Präfekt, der Obersteuereinnehmer, der Oberst, der Direktor der Pulverfabrik, unser Deputierter, der Bürgermeister, der Direktor des Lyzeums, der Direktor der Gießerei von Ruelle, der Präsident, der königliche Prokurator, Herr Milaud, alle Behörden sind da! ...«
    Als man sich zu Tische setzte,

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