Verlorene Liebe
ihn.
In seiner Vorstellung hörte er, wie sie ihn einige Male mit Namen anredete: Jerald. Sie sprach den Namen mit dem leisen Lachen aus, das er so sehr an ihr liebte. Sobald er zu ihr ging, würde sie die Arme ausbreiten und seinen Namen atemlos und langsam wiederholen: Jerald.
Und dann würden sie sich auf all die Arten lieben, die sie am Telefon immer beschrieb.
Er würde der Mann sein, der ihr endlich Befriedigung verschaffte. Und dann wäre er der Mann, den sie mehr wollte als jeden anderen. Seinen Namen würde sie wieder und wieder hauchen, stöhnen und hinausschreien.
Jerald! Jerald! JERALD!
Er erbebte, lehnte sich in seinem Schreibtischsessel vor dem Computer zurück und fühlte sich angenehm erschöpft.
Jerald war achtzehn Jahre alt und hatte bislang nur in seinen Träumen mit Frauen geschlafen. Heute abend träumte er nur von Desiree.
Und er war verrückt nach ihr.
3. Kapitel
»Und wo willst du mit ihr hin?«
Ed hatte das kleine Gerangel für sich entscheiden können und durfte deswegen hinters Steuer. Er und sein Partner Ben Paris hatten den ganzen Tag vor Gericht zugebracht. Offenbar reichte es nicht, die bösen Buben dingfest zu machen, man mußte auch noch im Gerichtssaal gegen sie aussagen.
»Was?«
»Ich habe gefragt, wo du mit ihr hinwillst.« Ben hielt eine Jumbotüte Schokoriegel in den Händen. »Mit deiner Schreiberin.«
»Weiß ich noch nicht.« Er schaltete vor einem Stoppschild in einen niedrigeren Gang, warf kurz einen Blick nach links und rechts und fuhr dann über die Kreuzung.
»Du hast nicht angehalten.« Ben biß in den ersten Riegel. »Wir haben abgemacht, daß du nur ans Steuer darfst, wenn du alle Verkehrsvorschriften einhältst.«
»Kam doch keiner. Was meinst du, soll ich mir eine Krawatte umbinden?«
»Woher soll ich das wissen, wenn du dir noch nicht einmal Gedanken darüber gemacht hast, wo du mit ihr hinwillst? Davon abgesehen siehst du mit Schlips wirklich zum Schießen aus. Wie ein Ochse mit einer Glocke um den Hals.«
»Vielen lieben Dank, Partner.«
»Ed, die Ampel schaltet um!« Er schob den angebissenen Riegel in die Tasche, als sein Kollege bei Rot über die Kreuzung fuhr. »Wie lange bleibt die berühmte Schriftstellerin denn in der Stadt?«
»Keine Ahnung.«
»Was soll das heißen? Du hast doch mit ihr geredet, oder?«
»Aber danach habe ich sie nicht gefragt. Irgendwie dachte ich, das geht mich nichts an.«
»Frauen mögen es aber, wenn man ihnen solche Fragen stellt.« Ben trat auf eine nicht vorhandene Bremse, als Ed mit quietschenden Reifen in die Kurve ging. »Sie schreibt tolle Sachen. Versteht wirklich was von dem, das sie zu Papier bringt. Ich hoffe, du hast nicht vergessen, daß ich es war, der dich auf ihre Romane aufmerksam gemacht hat.«
»Möchtest du, daß ich unser erstes Kind nach dir benenne?«
Grinsend drückte Ben auf den Zigarettenanzünder. »Und, sieht sie so aus wie auf dem Foto im Buch?«
»Noch viel besser«, lachte Ed und kurbelte das Fenster herunter, als sein Partner sich die Zigarette anzündete. »Sie hat große graue Augen. Und sie lächelt sehr viel. Ein tolles Lachen.«
»Bei dir dauert es wirklich nicht lange, bis du dich bis über beide Ohren verknallt hast.«
Ed rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her und hielt den Blick auf die Straße gerichtet. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
»Ist nicht das erste Mal, daß ich das bei dir erlebe.« Ben nahm den Fuß vom imaginären Bremspedal, als Ed hinter einer langsam fahrenden Limousine einscherte. »Da braucht nur eine Braut mit großen Augen und einem süßen Lächeln mit den Wimpern zu klimpern, und schon bist du hin und weg. Wenn es um Frauen geht, Kumpel, schmilzt du gleich dahin wie Butter in der Sonne.«
»Neuere Untersuchungen belegen, daß Männer, die noch keine sechs Monate verheiratet sind, die Tendenz entwickeln, ihrer Umgebung mit ungebetenen Ratschlägen auf die Nerven zu gehen.«
»Hast du das aus Redbook?«
»Cosmopolitan.«
»Hätte ich mir gleich denken können. Trotzdem, wo ich recht habe, habe ich nun einmal recht.« Der einzige Mensch, den Ben besser kannte als sich selbst, war Ed Jackson. Er hätte sogar zugegeben, daß er mehr von seinem Partner wußte als von seiner Frau. Und es bedurfte wirklich keines Mikroskops, um bei Ed die ersten Anzeichen von heftiger Verliebtheit zu erkennen. »Warum kommst du nicht mit ihr auf einen Drink bei uns vorbei? Dann können Tess und ich sie uns mal ansehen.«
»Ich sehe sie mir lieber allein
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