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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Beruf angetörnt, andere hatten sich davon abgestoßen gefühlt, doch er konnte sich nicht erinnern, je mit einer Frau zusammen gewesen zu sein, der er einfach am Herzen lag.
    »Ich hatte solche Angst«, gab sie zu. Da sie sich immer noch an ihn preßte, klang ihre Stimme gedämpft.
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    »Ich auch.«
    »Wirst du mir irgendwann einmal alles erzählen?«
    »Wenn ich muß. Man gibt seiner Geliebten gegenüber nicht gern zu, daß man ein Blödmann war.«
    »Warst du das?«
    »Ich war mir ganz sicher, daß der kleine Dreckskerl in der Wohnung ist. Ed hat das Fenster übernommen, ich die Tür. Sehr simpel.« Als er einen Schritt zurückwich, sah er, wie ihr Blick zu seinem zerfetzten, blutbefleckten Hemd wanderte. »Wenn du meinst, das ist schlimm, solltest du erst mal meine Jacke sehen. Ich habe sie erst vor zwei Monaten gekauft.«
    Nachdem sie ihre Selbstbeherrschung wiedererlangt hatte, nahm sie ihn beim Arm und führte ihn den Gang hinunter. »Na, vielleicht bringt dir ja der Weihnachtsmann eine neue. Soll ich dich nach Hause fahren?«
    »Nein, danke. Ich muß noch meinen Bericht abliefern.
    Und wenn der andere Typ noch nicht gesungen hat, möchte ich bei der Vernehmung dabeisein.«
    »Es waren also zwei.«
    »Jetzt ist es nur noch einer.«
    Die verhüllte Gestalt auf der Bahre fiel ihr ein. Da sie das geronnene Blut auf Bens Hemd riechen konnte, sagte Tess nichts. »Da ist Ed.«
    »O Gott, er liest schon wieder.«
    Ed blickte auf, musterte seinen Partner rasch, aber gründlich und lächelte Tess an. »Hallo, Dr. Court. Ich habe Sie gar nicht kommen sehen.« Dabei ließ er die Tatsache unerwähnt, daß er gerade Blut gespendet hatte, als sie eingetroffen war. Er und Ben hatten die gleiche Blutgruppe. Er legte die Zeitschrift beiseite und gab Ben seine Jacke und sein Schulterhalfter. »Schade um die 371
    Jacke. Das Dezernat wird sicher nur bis April brauchen, um deinen Antrag zu bearbeiten und sie dir zu ersetzen.«
    »Du sagst es.« Mit Eds Hilfe schaffte Ben es, das Schulterhalfter anzulegen und die aufgeschlitzte Jacke anzuziehen.
    »Weißt du, ich habe gerade einen faszinierenden Artikel über Nieren gelesen.«
    »Heb dir das für später auf«, schlug Ben vor und wandte sich Tess zu. »Fährst du in die Klinik zurück?«
    »Ja, ich bin mitten in einer Sitzung aufgebrochen.« Erst jetzt kam Tess voll und ganz zu Bewußtsein, daß er ihr wichtiger gewesen war als ein Patient. »Als Ärztin würde ich dir raten, nach Hause zu fahren und dich auszuruhen, wenn du deinen Bericht abgeliefert hast. Ich komme gegen sechs Uhr dreißig nach Hause und ließe mich
    wahrscheinlich dazu überreden, dich zu verwöhnen.«
    »Definier mal verwöhnen.«
    Ohne auf ihn zu achten, drehte sie sich Ed zu. »Warum kommen Sie nicht zum Dinner, Ed?«
    Zunächst schien ihn die Einladung zu verblüffen, dann blickte er erfreut drein. »Nun, ich … gern. Danke.«
    »Ed ist es nicht gewöhnt, sich Frauen gegenüber artikuliert auszudrücken. Komm ruhig vorbei, Ed. Tess wird dir auch Sojaquark machen.« Er trat aus dem Gebäude und empfand die kalte Luft, die ihm
    entgegenwehte, als wohltuend. Sein Arm war nicht mehr taub, fing aber an, wie ein kranker Zahn zu pochen. »Wo steht dein Auto?«
    Er war bereits dabei, den Parkplatz nach dem
    Streifenwagen abzusuchen.
    »Gleich da drüben.«
    »Begleite die Dame bitte zu ihrem Wagen, Ed.« Er 372
    packte sie beim Revers ihres Mantels und küßte sie heftig.
    »Danke, daß du gekommen bist.«
    »Nichts zu danken.«
    Sie blickte ihm hinterher, während er auf seinen Mustang zuging. Dann drehte sie sich um und begab sich mit Ed zu ihrem Auto. »Sie werden doch auf ihn aufpassen?«
    »Klar.«
    Während sie ihre Schlüssel aus der Tasche kramte, nickte sie. »Der Mann, der Ben verletzt hat, ist tot?«
    »Ja.« Er nahm ihr die Schlüssel ab und schloß ihr die Wagentür auf, was sie ganz reizend fand. Tess betrachtete sein Gesicht und sah – so deutlich, als hätte er es ihr gesagt –, wer den Schuß abgegeben hatte. All ihre Wertvorstellungen, die Regeln, nach denen sie lebte, kämpften kurz mit einem neuen Bewußtsein. Sie faßte ihn beim Kragen, zog ihn zu sich herunter und küßte ihn auf die Wange. »Danke, daß Sie dafür gesorgt haben, daß er am Leben bleibt.« Sie stieg ein und lächelte zu ihm hoch, bevor sie die Tür schloß. »Bis heute abend.«
    Ed, der inzwischen selbst schon halb in sie verliebt war, ging zu seinem Partner zurück. »Wenn du nicht zu diesem Erntedankfestdinner gehst,

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