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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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seinem Sitz nach unten und schloß die Augen.

    »Heute scheint es Ihnen ja viel besser zu gehen, Mrs. Halderman.«
    »O ja, so ist es.« Die hübsche dunkelhaarige Frau lag weder auf der Couch noch saß sie auf einem Stuhl; man konnte fast sagen, daß sie in Tess’ Büro herumtanzte. Sie warf ihren Zobelmantel über die Armlehne eines Stuhls und stellte sich in Positur. »Was halten Sie von meinem neuen Kleid?«
    »Es steht Ihnen sehr gut.«
    »Nicht wahr?« Mrs. Halderman strich mit der Hand über den dünnen, mit Seide gefütterten Wollstoff. »Rot ist ja 112
    ein solcher Blickfänger. Ich liebe es aufzufallen.«
    »Sie waren wieder mal einkaufen, Mrs. Halderman?«
    »Ja«, antwortete sie strahlend. Dann verzog sich ihr hübsches Puppengesicht, und sie machte einen
    Schmollmund. »Ach, nun seien Sie doch nicht verärgert, Dr.
    Court. Ich weiß, Sie haben gesagt, daß ich
    Kaufhäusern vielleicht ein Weilchen fernbleiben sollte.
    Und das habe ich auch wirklich getan. Ich bin fast eine Woche nicht bei Neiman’s gewesen.«
    »Ich bin nicht verärgert, Mrs. Halderman«, sagte Tess und sah, wie sich der Schmollmund in ein strahlendes Lächeln zurückverwandelte. »Sie haben einen
    wunderbaren Geschmack, was Kleidung angeht.«
    Glücklicherweise, da Ellen Halderman an Kaufzwang litt.
    Wenn sie etwas sah, das ihr gefiel, kaufte sie es, um es dann oft beiseite zu werfen und zu vergessen, obwohl sie es nur einmal angehabt hatte. Aber das war das geringere Problem, denn bei Männern machte Mrs. Halderman es ganz ähnlich.
    »Danke, Frau Doktor.« Wie ein kleines Mädchen
    wirbelte sie mit fliegendem Rock im Kreis herum. »Es war einfach fantastisch, einkaufen zu gehen. Und Sie wären stolz auf mich gewesen. Ich habe nur zwei Sachen gekauft. Na ja, drei«, berichtigte sie sich mit einem Kichern. »Aber Unterwäsche sollte eigentlich nicht zählen, oder? Dann bin ich nach unten gegangen, um Kaffee zu trinken. Sie kennen doch dieses tolle Restaurant in der Mazza Galerie, wo man von unten die ganzen Geschäfte sieht und die Leute beobachten kann?«
    »Ja.« Tess saß auf der Ecke ihres Schreibtischs.
    Mrs. Halderman blickte sie an und biß sich auf die Unterlippe, nicht weil sie sich schämte oder beunruhigt war, sondern um ihre übersprudelnde Freude zu zügeln.
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    Schließlich ging sie zu einem Stuhl und setzte sich sittsam hin.
    »Ich trank also Kaffee. Eigentlich wollte ich auch ein Brötchen essen, aber wenn ich nicht auf meine Figur achten würde, hätte ich nicht mehr soviel Spaß an Kleidung. Am Nebentisch saß ein Mann. Oh, Dr. Court, kaum hatte ich ihn gesehen, da wußte ich es. Mein Herz fing an, wie wild zu hämmern.« Sie legte die Hand darauf, als habe es sich immer noch nicht ganz beruhigt. »Er war äußerst attraktiv. Nur hier ein bißchen grau.« Sie legte ihre Zeigefinger an die Schläfen, während das sanfte, verträumte Leuchten in ihre Augen trat, das Tess schon unzählige Male dort gesehen hatte. »Er war ganz braungebrannt, als wäre er irgendwo zum Skifahren gewesen. Vielleicht in Sankt Moritz, denn für Vermont ist es eigentlich noch zu früh. Er hatte eine lederne Aktentasche, in die seine Initialen eingeprägt waren. Ich hab’ die ganze Zeit überlegt, wofür sie wohl stehen mögen. M. W.« Sie seufzte, und Tess wußte, daß sie im Geiste schon dabei war, das Monogramm auf den
    Handtüchern in ihrem Badezimmer zu ändern. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Namen ich mir ausgedacht habe, die zu diesen Initialen passen könnten.«
    »Und wofür stehen sie?«
    »Maxwell Witherspoon. Ist das nicht ein wundervoller Name?«
    »Klingt sehr vornehm.«
    »Also, genau das habe ich ihm auch gesagt.«
    »Sie haben also mit ihm gesprochen.«
    »Na ja, mein Portemonnaie ist doch vom Tisch
    gefallen.« Sie legte die Hand vor den Mund, wie um ein Grinsen zu verbergen. »Wenn eine Frau den richtigen Mann kennenlernen will, muß sie schon ein, zwei Tricks 114
    auf Lager haben.«
    »Sie haben Ihr Portemonnaie absichtlich vom Tisch gestoßen.«
    »Es ist direkt neben seinem Fuß gelandet. Es war mein hübsches schwarzweißes aus Schlangenleder. Maxwell hat sich herunter gebeugt, um es aufzuheben. Als er es mir gab, hat er gelächelt. Mir stand fast das Herz still. Es war wie in einem Traum. Den Lärm von den anderen Tischen und die Leute auf den Etagen über uns habe ich gar nicht mehr wahrgenommen. Unsere Finger berührten sich, und
    – versprechen Sie mir, daß Sie jetzt nicht lachen, Frau

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