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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Hände auf die Schultern legte, öffnete sie das Buch.
    Für Ben, stand auf dem Vorsatzblatt in einer spitzen, weiblichen Handschrift. Mit vielen Küßchen von Bambi.
    Mit einem anzüglichen Lächeln schloß sie das Buch.
    »Bambi?«
    »Hab’ ich in einem Antiquariat gekauft.« Er zog ihr die Jacke aus. »Faszinierende Orte. Man weiß nie, was einem dort in die Hände fällt.«
    »Ist dir dort das Buch in die Hände gefallen oder Bambi?«
    »Lassen wir das.« Er nahm ihr das Buch weg und stellte es aufs Regal zurück.
    »Weißt du, daß man mit manchen Namen automatisch ein ganz bestimmtes Persönlichkeitsbild verbindet?«
    »Ja. Scotch pur, richtig?«
    »Richtig.« Etwas Graues sauste an ihr vorüber und landete auf einem roten Kissen. »Eine Katze hast du auch?«
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    Amüsiert ging Tess zur Couch, um das Tier zu
    streicheln.
    »Wie heißt er denn?«
    »Es ist eine Sie. Das hat sie letztes Jahr unter Beweis gestellt, indem sie in der Badewanne Junge bekommen hat.« Die Katze rollte sich auf den Rücken, damit Tess ihr den Bauch kraulen konnte. »Ich nenne sie D. C.«
    »Von wegen Washington, D. C.?«
    »Von wegen Dumb Cat.«
    »Erstaunlich, daß sie keinen Komplex hat.« Während sie mit den Händen über das runde Bäuchlein strich, überlegte Tess, ob sie ihm sagen sollte, daß er in etwa einem Monat mit einem weiteren Überraschungsgeschenk rechnen durfte.
    »Sie rennt immer gegen die Wand. Absichtlich.«
    »Ich kann dir einen hervorragenden Tierpsychologen empfehlen.«
    Er lachte, war sich aber nicht ganz sicher, ob sie wirklich scherzte. »Ich werd’ mal die Drinks holen.«
    Als er in die Küche ging, richtete sie sich wieder auf, um aus dem Fenster zu sehen. Die Straßen waren nicht so ruhig wie in ihrer Gegend. In gleichmäßigem Tempo knatterten und brummten unten Fahrzeuge vorbei. Es paßte zu ihm, dort zu wohnen, wo etwas los war, fand sie.
    Dabei fiel ihr ein, daß sie gar nicht darauf geachtet hatte, in welche Richtung er gefahren war. Sie mochte sich wer weiß wo in der Stadt befinden. Sie erwartete, Unbehagen zu empfinden, hatte statt dessen aber ein Gefühl von Freiheit.
    »Ich habe dir Musik versprochen.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Der einfache graubraune Pullover und die verwaschenen Jeans, die er 148
    trug, standen ihm gut. Sie wußte bereits, daß er sich selbst sehr gut kannte. Jetzt wäre es töricht gewesen abzustreiten, daß sie ihn besser kennenlernen wollte.
    »Ja, das hast du.«
    Als er ihr das Glas reichte, ging ihm durch den Kopf, wie sehr sie sich von allen Frauen, die er je mit nach Hause genommen hatte, unterschied, innerlich wie äußerlich. Ihre Reserviertheit, ihre Eleganz machten es erforderlich, daß man seine Lust zurückstellte und auf die ganze Person einging. Er fragte sich, ob er dazu bereit war, während er sein Glas abstellte und seine Platten durchsah.
    Nachdem er eine auf den Plattenteller gelegt hatte, war der heiße Sound einer Jazztrompete zu hören. »Leon Redbone«, sagte Tess.
    Kopfschüttelnd wandte er sich ihr zu. »Du überraschst mich immer wieder.«
    »Mein Großvater ist einer seiner größten Fans.« Sie nippte an ihrem Drink. Dann ging sie zu ihm und nahm die Plattenhülle in die Hand. »Anscheinend habt ihr beide eine ganze Menge gemeinsam.«
    »Ich und der Senator?« Ben lachte, bevor er einen Schluck Wodka nahm. »Na klar.«
    »Das meine ich ganz im Ernst. Du mußt ihn unbedingt mal kennenlernen.«
    Die Familie einer Frau kennenzulernen war etwas, das er mit goldenen Ringen und Hochzeitsglocken verband und das er stets vermieden hatte. »Wollen wir nicht …«
    Das Telefon klingelte. Fluchend stellte er sein Glas hin.
    »Ich würde es ja ignorieren, aber ich habe
    Bereitschaftsdienst.«
    »So was brauchst du einer Ärztin nicht zu erklären.«
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    »Stimmt.« Er nahm den Hörer des neben der Couch stehenden Telefons ab. »Paris. O, ja. Hei.«
    Man mußte nicht unbedingt Psychiaterin sein, um darauf zu kommen, daß eine Frau am anderen Ende der Leitung war. Tess lächelte in ihr Glas und ging wieder zum Fenster.
    »Nein, ich hatte viel zu tun. Hör mal, meine Süße …«
    Kaum hatte er das Wort ausgesprochen, da zuckte er zusammen. Tess stand mit dem Rücken zu ihm am
    Fenster.
    »Ich arbeite gerade an einem Fall, verstehst du? Nein, ich habe unser … ich habe es nicht vergessen. Paß mal auf, ich kann mich erst wieder bei dir melden, wenn nicht mehr alles so stressig ist. Keine Ahnung, ein paar Wochen, vielleicht ein paar Monate. Du

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