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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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an, als sei sie sehr
    verantwortungsbewußt«, warf Ed ein.
    »Hm, ja, aber so habe ich das nicht gesehen. Dazu war ich zu hinüber.« Ein grandioser Katzenjammer kündigte 173
    sich bereits an, was Gil lieber war, als sich übergeben zu müssen.
    »Was ist passiert, nachdem Ihre Freundin gegangen war?« fragte Ed.
    »Ich hab’ herumgehangen. Ich glaube, eine Zeitlang habe ich gepennt. Als ich aufwachte, ging die Party gerade zu Ende. Lee – Lee Grimes, ihm gehört das Apartment –
    hat gesagt, ich könne auf der Couch schlafen, aber ich …
    Na ja, ich brauchte frische Luft, verstehen Sie? Ich wollte zu Fuß nach Hause. Mir war wohl schon ziemlich schlecht, deswegen bin ich unterwegs stehengeblieben, genau da drüben.« Er drehte sich um und zeigte auf die andere Straßenseite. »In meinem Kopf drehte sich alles, und ich merkte, daß mir gleich das Bier wieder hochkommen würde. Ich habe mich kurz ausgeruht, bis mir etwas besser wurde. Und da habe ich diesen Typ aus der Gasse laufen sehen …«
    »Sie haben ihn herauskommen sehen«, fiel Ben ihm ins Wort. »Sie haben nichts gehört? Haben Sie ihn nicht hineingehen sehen?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich schon dort gestanden hatte, wohl nicht sehr lange, weil es teuflisch kalt war. Obwohl ich betrunken war, fiel mir ein, daß ich mich bewegen muß, um warm zu bleiben. Ich sah ihn herauskommen, dann lehnte er sich kurz gegen den Laternenpfahl, als sei ihm auch schlecht. Ich dachte noch bei mir, wie drollig das sei, zwei Betrunkene, die schwankend auf der Straße stehen, der eine hier, der andere dort, wie in einem Cartoon. Und einer der Betrunkenen ist ein Priester.«
    »Woher wissen Sie das?« Ben, der gerade dabei war, Gil eine weitere Zigarette anzubieten, hielt inne.
    »Er hat seine Priesterkluft angehabt – das schwarze 174
    Gewand mit dem weißen Kragen. Ich mußte so lachen, weil’s aussah, als hätte er sich den Kommunionswein hinter die Binde gegossen. Jedenfalls, während ich noch dort stehe und überlege, ob ich mir gleich in die Hose pisse oder kotzen muß, richtet er sich wieder auf und geht davon.«
    »In welche Richtung?«
    »Richtung M. Ja, Richtung M Street. Er ist um die Ecke gebogen.«
    »Haben Sie gesehen, wie er aussah?«
    »Mann, ich habe bloß gesehen, daß er Priester ist.« Wie ein Geier stürzte sich Gil auf die Zigarette. »Ein Weißer.«
    Er preßte seine Finger gegen die Augen. »Ja, der Typ war ein Weißer. Ich glaube, er hatte dunkles Haar. Hören Sie, ich war völlig hinüber, und er stand mit dem Gesicht zum Laternenpfahl.«
    »Okay. Sie machen das schon ganz gut.« Ed blätterte eine Seite in seinem Notizbuch um. »Wie ist es mit seiner Statur? Können Sie sagen, ob er klein oder groß war?«
    Gil legte seine Stirn in Falten, um sich zu konzentrieren.
    Obwohl er seine Zigarette immer noch in hastigen Zügen rauchte, sah Tess, daß er sich allmählich beruhigte. »Ich glaube, er war ziemlich groß, jedenfalls war er nicht klein.
    Dick war er auch nicht. Scheiße, er sah eben
    durchschnittlich aus, wissen Sie. Etwa so wie Sie«, sagte er zu Ben.
    »Wie ist es mit seinem Alter?« warf Ben ein.
    »Keine Ahnung. Er war nicht alt und gebrechlich. Seine Haare waren dunkel.« Letzteres sagte er sehr schnell, weil es ihm blitzartig einfiel. »Ja, ich bin mir ganz sicher, daß sie dunkel waren, nicht grau oder blond. Und er hatte die Hände so in den Haaren.« Er führte es vor, indem er die 175
    Hände gegen die Schläfen preßte. »Als täte ihm sein Kopf ziemlich weh. Seine Hände waren schwarz, aber sein Gesicht war weiß. Als hätte er Handschuhe an, wissen Sie.
    Es war ja kalt.«
    Als ihm die volle Bedeutung dieses Umstandes aufging, verstummte er abrupt. Er hatte einen Mörder gesehen.
    Seine Angst kehrte zurück. Wenn er ihn gesehen hatte, war er in die Sache verwickelt. Seine Gesichtsmuskeln fingen an zu zucken. »Das war der, der all diese Frauen abgemurkst hat. Der war das. Ein Priester.«
    »Lassen Sie uns zum Ende kommen«, sagte Ben in ungezwungenem Tonfall. »Wie haben Sie die Leiche gefunden?«
    »O Gott.« Er schloß die Augen, und Tess trat näher zu ihm heran.
    »Gil, denken Sie daran, daß alles vorbei ist. Die Gefühle, die Sie jetzt haben, werden nachlassen. Ein wenig wird das schon der Fall sein, wenn Sie alles ausgesprochen haben. Danach wird Ihnen leichter zumute sein.«
    »Okay.« Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest.
    »Nachdem der Typ gegangen war, fühlte ich mich ein

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