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Verlorenes Spiel

Verlorenes Spiel

Titel: Verlorenes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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’nen Sektenprediger?«
    »Das
Ganze ist eine abgekartete Sache«, sagte er mit zitternder Stimme.
    »Das
ist aber wirklich ein origineller Einfall«, sagte ich bewundernd. »Das wird die
Geschworenen todsicher überzeugen.«
    »Es
ist wahr«, sagte er verzweifelt.
    »Sie brauchen’s ja nur zu beweisen«, bemerkte ich.
    Plötzlich
hob er den Kopf und starrte mich an. »Okay, Lieutenant.« Ein Unterton von
Zuversicht kehrte in seine Stimme zurück. »Eben haben Sie versucht, mich mit
dem Handbuch fertigzumachen — Motiv, Tatwerkzeug und Gelegenheit, die Tat zu
begehen. Was für ein Motiv habe ich für die Mordversuche an Ross und Francis
gehabt?«
    Na
ja, dachte ich, so hüpft der Ball nun eben, Wheeler. In einem Augenblick hat
man den Gegner sozusagen fertiggemacht und im nächsten ergreift er den Schläger
mit beiden Händen, schmettert den Ball in dein Feld zurück und ist wieder im
Spiel. Ich hätte eine ganze Wagenladung von Motiven vorbringen können, von
denen jedes möglich war, aber ich entschloß mich, die Sache sausen zu lassen.
Er hatte völlig recht. Ich konnte vorläufig nichts beweisen, und er war klug
genug, zu wissen, daß die Last der Beweisführung schließlich und endlich nicht
bei ihm lag.
    »Nun,
Lieutenant?« Eine deutliche Note des Triumphs lag in seiner Stimme. Er
realisierte jetzt, daß ich ihn geblufft hatte.
    »Ein
Motiv? Ich könnte Ihnen ausreichend Motive liefern, um Ihnen damit einheizen zu
können. Zum Beispiel Angst vor Bloßstellung, der Versuch, die Polizei
abzulenken, jede Menge Motive — irgendwann wird es doch an den Tag kommen. Und
ich kann warten, mindestens so gut, wie Sie das können.«
    »Lassen
Sie sich nicht abhalten«, sagte er, und mir schien, daß die Zeit für meinen
Abgang gekommen war.
    Als
ich zum Empfangstisch zurückkam, blieb ich einen Augenblick stehen. »Süße«,
sagte ich zärtlich, während ich meine Ellbogen aufstützte und dem Mädchen aus
einer Entfernung von zwanzig Zentimetern in die Augen blickte. »An welchem
Abend, sagten Sie doch noch, sollte ich zu Ihnen zum Essen kommen?«
    Sie
zuckte heftig zurück, so heftig, daß ihr Stuhl umfiel und sie rücklings auf den
Boden sauste. Schließlich kam sie in einer knäuelartigen Stellung, mit dem Kopf
zwischen den Knien, zum Stillstand, während ich, sozusagen von der Tribünenloge
aus, einen erstklassigen Blick auf ihre zappelnden, hübschen Beine genoß.
    »Hübsch«,
sagte ich bewundernd.
    Schließlich
gelang es ihr, ihren Kopf aus dem Knäuel zu entwirren, und unter ihren wirr in
die Stirn hängenden Haarsträhnen beäugte sie mich voller Zorn. »Wenn ich Sie
jemals wiedertreffe«, sagte sie schwer atmend, »bringe ich Sie um.«
    »Wau,
wau!« bellte ich. »Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen — ich glaubte, Sie
hätten mir ein wesentlich schlimmeres Schicksal zugedacht.«
    In
diesem Augenblick fing sie an, hysterisch zu weinen und den Boden mit ihren
Absätzen zu bearbeiten. Ich überließ ihr das Feld. Ich bin in Wirklichkeit ein
zartbesaiteter Bursche, und eine solche Szene macht mich ganz kribbelig.

ZEHNTES KAPITEL
     
    A ls ich nach Hause kam, war es kurz vor fünf.
Ich legte Frank Sinatras Only the Lonely auf das HiFi-Gerät, weil ich dafür
besonders in Stimmung war und weil diese Art Chansons zu denen gehört, die er
am allerbesten singt. In seiner Stimme liegt etwas Geisterhaftes, das einem
geradezu eine Gänsehaut einjagt und es einem kalt über den Rücken
hinunterlaufen läßt. Gleichzeitig erinnert es einen an all die wunderschönen
Mädchen, die es in diesem Augenblick auf der ganzen Welt geben muß und daran,
daß man keine Chance hat, mehr als ungefähr 0,0000001 Prozent davon
kennenzulernen, bevor man das Zeitliche segnet.
    Ich
goß mir einen Whisky ein und lauschte, bis eine Seite dieser Platte abgespielt
war. Dann goß ich mir noch einen Whisky ein und tat etwas, was ich ursprünglich
gar nicht vorhatte, nämlich das Telefon abheben und den Sheriff anrufen.
    Natürlich
war er in seinem Büro. Einen Augenblick lang hatte mich die Hoffnung
durchzuckt, er könnte ganz plötzlich eine Urlaubsreise angetreten haben. Ich
gab ihm eine detaillierte Schilderung meines Interviews mit Carson. Ich hatte
nicht angenommen, daß ihm die Sache irgendwie Spaß machen würde. Aber wenn ich
seine Reaktion gekannt hätte, bevor ich ihn anrief, würde ich es unterlassen
haben. Nach ungefähr drei Minuten kam der Augenblick, in dem es ihm schier die
Sprache verschlug. »Warum, zum Kuckuck«, sagte

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