Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
hervortretende Jochbeine und eingefallenen Wangen. Spürbare Trauer und Sorge um ihr ungeborenes Kind umgab sie, was Celena ein Stich ins Herz versetzte. Schließlich war auch sie eine Frau. Nur welche Zusicherung außer ihrem Wort konnte sie Jolana geben? Das Heilmittel war in Morcos Händen, während sie hier festsaß. Solange sie nicht frei sein konnte, war sie zur Untätigkeit verdammt. Bisher waren zu wenige auf ihrer Seite, um seine Festung mit einem Schlag zu nehmen. Aus diesem Grunde war sie nach Ithnamena gekommen.
»Ich habe nichts anderes als mein Wort. Das muss euch genügen?«
»Nein«, gab Jolana knapp von sich und zückte ihr Messer, das mit der kalten scharfen Schneide im nächsten Moment an Celenas Gurgel hing. Erschrocken keuchte die Gefangene auf, da sie genau das nicht erwartet hatte. Dicht vor ihr verspürte sie den warmen Atem der Frau, in deren Augen wilde Entschlossenheit auffunkelte.
Eine flinke Bewegung beförderte den Dolch von der Gurgel zu einer der hochhängenden Hände. Im nächsten Moment verspürte Celena ein Brennen auf der rechten Handfläche. Der Schmerz hielt für einen Augenblick stand, dann verebbte er. Währenddessen hatte auch Jolana sich in ihre Handfläche geschnitten. Zufrieden betrachtete sie sich die blutenden Schnitte beider Hände, bevor sie ihre Handfläche auf die von Celena drückte. »Das nennt man einen Blutschwur«, bemerkte sie flüsternd.
Genau das war es, was Celena zu allem Übel noch brauchte. Nicht nur das die Tochter Ithmanenas jetzt eine Verbündete war, was sie durchaus begrüßte. Nein, sie hatte ohne die Wahl dazu zu haben, einen unauflöslichen Pakt mit ihr. Wohl oder übel gab sie stumm nickend ihr Einverständnis.
Sich nicht unbedingt klug verhaltend, ließ Jolana augenblicklich die Waffen Celenas auf den Boden scheppern. Von der Last befreit, schloss sie binnen weniger Momente die Fesselschellen auf. Die Beine Celenas versagten ihren Dienst.
»Nicht schlappmachen« murrte Jolana. Sie reichte der Kriegerin die helfende Hand. »Ich brauche euch und ihr mich.«
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Celena besorgt, während sie aufstand und dabei in Jolanas unwohles Gesicht aufsah.
»Ja … es ist nur … Es heißt, dass es normal sei, wenn man …« Jolana sprach nicht zu Ende, sondern wandte sich augenblicklich einer Ecke des Verlieses zu. Eindeutige Geräusche bezeugten den Preis einer Schwangerschaft. Celena blickte mit sich verziehender Grimasse zu Jolana, die sich erbrach, dabei rieb sie sich die geschundenen Gelenke.
Den kürzlich gesetzten Schnitt auf ihrer Innenfläche der Hand fiel ihr ein. Neugierig senkte sie ihre Augen darauf. Nicht mehr als eine dünne, feine Linie war zu sehen. Auch die Abschürfungen, die von den Eisenschellen stammten, verblasste zunehmend. Unsterblich waren sie nicht, das stand fest. Allem Anschein nach aber waren sie bei Weitem nicht so leicht zu töten. Lutek, er musste in der Nähe sein. Es war mehr als eine Ahnung, die ihr Herz erfüllte und doch … sie konnte die nahe Anwesenheit ihres Liebsten spüren.
»Der Mann, der mich begleitete, wo ist er?«
Jolana seufzte schwach auf, drehte sich zu der Kriegerin um und wischte mit dem Handrücken über den Mund.
Der säuerliche Geruch von Erbrochenen drang Celena in die Nase. Missbilligend rümpfte sie das Organ.
»Er ist in einem anderen Trakt nebenan«, gab sie knapp wider.»Wenn ihr ihn dort herausholen wollt, solltet ihr eure Waffen an euch nehmen.«
»Ja das sollte ich wohl.« Rasch bückte sich die Kriegerin und nahm die Himmelschneide sowie eine weitere Klinge an sich. Die Waffen von sich streckend, betrat sie den Gang.
»Gebt acht, Tousard!«, warnte Jolana hinter sie tretend. »Die Wachen hier unten sind keine San-Hüter. Sie sind Söldner und für das Grobe zuständig.«
Jolana konnte sicherlich auf sich aufpassen. Sie schien nicht unfähig im Kampf zu sein. Das hoffte Celena inbrünstig, wagte diesen Gedanken jedoch nicht laut auszusprechen. Manch einer würde sich beleidigt fühlen. Doch was da kommen mochte, wollte sie ihr nicht vorenthalten.
»Söldner also! Das wird mit Sicherheit eine blutige Angelegenheit werden. Seid ihr bereit dazu?«
Mürrisch schritt Jolana an der Kriegerin vorbei. »Macht ihr Witze? Bereiter kann man nicht sein«, knurrte sie leise.
* * *
Unflätige Laute und gelegentliches Schmatzen ertönten von den Wachen in Luteks Nähe. Dazwischen klang das stetig leise Aufplatschen von zu Boden tropfendes Wasser, welches irgendwo
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