Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
seine Hand wieder die spiegelnde Oberfläche des Weihers durchbrach, umfassten seine Finger das Heft eines Schwertes. Er zog es empor. Das Wasser, von jenem grünen Flirren begleitet, perlte von dem glänzenden Stahl.
Belothar atmete schwer, als ob er einen überaus schweren Fels geborgen hätte. Mit unfassbarem Blick betrachtete er die Waffe, die er umklammert hielt. Von Magie der alten Zeit durchströmt, blitzte das Schwert auf.
Es konnte nicht sein. Es war nur eine von vielen Geschichten, die Lutek erzählt hatte. Meist hatte er ihm halbherzig gelauscht oder aus Langeweile zugehört. Jedoch mehr um sich von anderweitigen Gedanken abzulenken. Für ihn waren es nur Erzählungen. Nicht mehr und nicht weniger. Das dachte er bisher. Und doch, er hielt es fest und stählern im Griff. Ein Schwert aus einer Geschichte.
»Tham`gal!« rief Deirdre, die in der ganzen Zeit den Jungkönig in seinem Tun beobachtet hatte. Wie ein übermütiges Kind klatschte sie freudig in die Hände. »Es ist Zeit, das wir zurückkehren.«
Verständnislos blickte er die Zauberin an, während er ans Ufer zurückwatete. »Was ist das für ein Schwert?«, suchte er zu erfahren.
»Das? Das ist euer Herz«, orakelte die Magierin und strahlte voller Freude. »Es entstammt aus einer Zeit und Welt, da der Tod lediglich ein Traum war.«
Kapitel 5
Terzios hatte sich fern von den anderen einen Platz auf dem Stamm eines umgestürzten Baumes gesichert. Die vorgestopfte Pfeife aus dem kleinen Beutel zückend, musterte er ausgiebig die Festung unter sich. Ein leises Murmeln kam über seine Lippen und wie von selbst entzündete sich der Tabak. Rauchwölkchen in die Luft blasend, grübelte er ungestört vor sich hin. Noch verlief alles nach Plan, wenn man von den neuerlichen Ereignissen absah. Wie man es betrachtete, konnten selbst unvorhergesehene Wendungen durchaus ein Teil davon sein. Nichts war dermaßen unberechenbarer, als der freie Wille des Menschen. Eine Wahl hatte man stets und hatte man sich entschieden, so war es in mancher Hinsicht nicht rückgängig zu machen. Außer … es gab die Möglichkeit von Neuem anzufangen oder neu zu wählen. Die Aussage des Ordens und der Hüter, es gäbe keinen anderen Weg, waren leere Worte. Wie oft waren mit genau diesen Worten die Einberufenen genötigt worden, den verdammten Ritus zu vollziehen? Wie oft mussten zumeist junge Magier unfreiwillig die Katharsis durchwandern, weil es für sie nur diesen einen Weg gab. Viele überlebten die Prüfungen nicht. Eine kurze Huldigung der Toten war ein schwacher Trost gegenüber der armen Opfer eines Systems, das sich seit Jahrhunderten nicht verändert hatte. Und wie stand es mit ihm? Hatte er sich selbst verändert oder war er nicht gar ein Teil des Prinzips? In Wahrheit war er nicht besser als das was er bekämpfen wollte. Möglicherweise gehörte er bereits zu einer alten, aussterbenden Art. Den Jungen gehörte die Zukunft. Jenen die Hoffnungen und Träume hegten und deren Welt nicht von Zwängen und Bequemheit vergiftet waren.
Terzios kratzte sich an seinem Graubart.
Leichter Schneefall hatte eingesetzt. Nun hatte die Kälte dieser Jahreszeit auch die Küstenbereiche erreicht. Er mochte dieses Wetter. Zwar war es kalt und ein leichter Wind zu spüren, doch trotz des einsetzenden Schnees trocken. Lediglich die Sonne wollte nicht scheinen. Er erinnerte sich an eine Winterszeit vor vielen Jahren. Die Sonne hatte sich durch den Winterdunst gekämpft und ein wunderschönes Glitzern auf die weiße Decke gezaubert. Seither hatten die Strahlen des Himmelsgestirns nicht mehr den Boden erreichen wollen.
»Eigentlich schade, dass wir nicht zusammenarbeiten. Wir könnten so viel mehr bewirken«, brummte eine Stimme neben ihm aus dem Gebüsch heraus. Ohne aufblicken zu müssen, erkannte Terzios den Sprecher an dessen Ton. Er schien deshalb wenig überrascht, als sein Bruder, bedacht das ihn die anderen Hüter nicht sahen, aus dem Schatten trat.
»In der Tat, sehr schade. Deine Methoden halten mich jedoch davon ab. Sie sind nicht die, meinen.« Mit müder Bewegung wandte sich der Kopf Terzios dem Sprecher zu.
Morco starrte mit seinen dunklen Augen zu ihm hinab. »Wahrlich! Mir mein Kind wegzunehmen war eine bessere Tat? Wer hat wen zuerst verraten?«
»Morena war in deiner Nähe nicht sicher. Es war zu ihrem Besten«, entgegnete ihm Terzios mit seiner kratzenden Stimme.
Morco lächelte verächtlich. »Morena? Unter falschen Namen habt ihr versucht, meine Tochter zu verstecken.
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