Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
sein Schwert, und ehe sich Lutek dazwischen werfen konnte, rollte der Kopf der jungen Frau auf den Boden. Der Mörder zeigte keine Regung, als er seine blutgetränkte Klinge an dem Leichnam abwischte. Mit einem metallenen Geräusch glitt die saubere Klinge zurück in die Scheide.
Luteks Muskeln waren zum Bersten gespannt. Zornig zückte er seine beiden armlangen Messer und spurtete auf den Fremden zu.
Ohne seine Waffe erneut ziehen zu müssen, wehrte der Mörder Luteks Angriff geschickt ab, entwandt ihm blitzschnell die Dolche, packte seinen Arm und verdrehte diesen auf den Rücken. Schmerz pochte durch das Schultergelenk. Lutek stöhnte auf.
»Darf ich mich vorstellen«, lachte der Mann dröhnend auf.
»Mein Name ist schlicht und einfach Morco. Es freut mich euch endlich kennenlernen zu dürfen, Neffe!«
* * *
Celena stand an dem Kamin des Raumes, in dem vor nicht langer Zeit das erste heftige Gespräch stattgefunden hatte. Auf dem runden Tisch in der Mitte lag Thiamets Buch. In ihrer Hand hielt sie die verschlüsselten Dokumente der Hüter. Die Zeit für eine Entscheidung war gekommen.
Es gab zwei Möglichkeiten.
Entweder nahm sie den Weg, den die San-Hüter vorsahen oder sie distanzierte sich von dem Orden und ging ihren eigenen Weg. Sicherlich gab es Pflichten. Die gab es immer. Welche aber waren von Bedeutung? War es die Pflicht, einen Krieg zu führen, der nie enden würde? Oder war es jene, die Möglichkeit zu nutzen, die sich ihr auftat?
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als die Erwarteten hereinschritten. Terzios, der als Letztes hinter Wilna und Belothar eintrat, schloss die Tür. Celena drehte sich nicht zu ihnen um, sondern wedelte mit den Dokumenten in ihrer Hand.
»Belothar, ihr wisst, was das ist?«
»Ach! Spielen wir das Spiel der Fragen? Geht es um die Essgewohnheiten der San-Hüter?« Er wartete kurz. »Nein? Ah! Jetzt weiß ich es!«
Bevor der König mit seinen trockenen Witzen fortfahren konnte, flogen die Dokumente kurzerhand in den Kamin. Schnell fraßen sich die Flammen durch das Pergament.
Belothar war nicht imstande seinen Mund zu schließen. Sein Unterkiefer blieb in heruntergeklappter Stellung.
Jetzt richtete Celena ihren Blick auf ihn. In ihren Augen funkelten Entschlossenheit und Wut zugleich. Mit einer fahrigen Geste strich sie eine schwarze Strähne aus ihrem Gesicht, fasste unter ihren Kragen und riss sich das Medaillon vom Hals.
Es war ein kleines, unscheinbares Silberröhrchen, das jenes Blut enthielt, welches sie während ihres Rituals in den Orden zu sich genommen hatte. Es sollte sie an diejenigen erinnern, die es nicht schafften. Nein, niemand erinnerte sich an diese unschuldig Verstorbenen. Vergessen waren ihre Namen und warum sie lebten oder starben. Vergessen war das Wie und Wieso.
Celena schleuderte es wütend in die Flammen hinein, den Dokumenten hinterher.
»Was in Karmastes Namen macht ihr da?« Zornesröte stieg in das Gesicht des Königs.
»Wisst ihr noch? Ihr verspracht mir, dass wir einen Weg finden. Ihr verspracht mir zu helfen, als meinen Freund«, schrie Celena ihre Wut heraus. »Das«, sie deutete zu dem Kamin. »Das ist der Weg! Es ist genug! Versteht ihr? Genug!«
Ein warmes Lächeln umspielten Terzios Lippen, welches jedoch von seinem inzwischen fülligen Bart verdeckt wurde. Wilna aber blickte verärgert zwischen Belothar und Celena hin und her, bis sie entschloss, sich zu Wort zu melden.
»Und eure Pflichten?« bläffte sie die Kriegerin an. »Habt ihr diese mit in das Feuer geworfen? Was ist mit euren Pflichten?«
Das war zu viel für Celena. Hatte Wilna noch nicht begriffen? Konnte oder wollte die Alte nicht über ihren Schatten springen? Sicherlich, sie brauchte die Hilfe der Magierin. Doch in diesem Moment war es ihr egal.
»Habt ihr nicht zugehört, was Terzios berichtete? Oder vergaßt ihr seine Erwähnung, dass es sinnlos ist, weiterzukämpfen. Es wird immer so weitergehen. Jahrhundert für Jahrhundert und keiner wird jemals diesen Krieg gewinnen. Einen Krieg, der nicht unser ist und ich wehre mich dagegen, ihn weiterzuführen.«
Das faltige Gesicht Wilnas verdüsterte sich zunehmend.
»Was ist mit denen, die für diese Sache gestorben sind? Ihr lebt! Ihr seid hier!«
»Ihr versteht das Vorgehen der San-Hüter immer noch nicht. Vielleicht wollt ihr es nicht verstehen«, seufzte Celena auf.
»Die Pflicht ein jedem ist, sich für das Wohl der anderen zu opfern, wen nötig«, beharrte die Magierin auf ihrem Standpunkt.
»Das Wohl aller? Das
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