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Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Titel: Vermächtnis des Schweigens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Gudenkauf
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als ich. Das Zweite, was mir auffiel, war, dass er älter war. Er musste zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig sein. Sein kupferfarbenes Haar lockte sich um seine Ohren und sein Gesicht mit den markanten Zügen, seine schönen Augen waren von einem warmen Braun. Er trug einen Pullover mit dem Logo der Cubs, und später erfuhr ich, dass er ein großer Fan von ihnen war.
    Ich war es gewohnt, von Jungs angeschaut zu werden. Jungen aus der Schule mit ihren idiotischen sexistischen Kommentaren, die sie abgaben, um vor ihren Freunden gut dazustehen. Ich verschwendete keine Zeit damit, überhaupt nur an sie zu denken. Erwachsene Männer blieben oft stehen, um mir nachzusehen – die Freunde meines Vaters, der Manager im Supermarkt –, aber deren Blicke waren etwas subtiler als die der Jungen. Es schmeichelte mir. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist nett zu wissen, dass jemand einen hübsch findet. Ich hatte nur einfach keine Zeit dafür.
    Jede wache Minute verbrachte ich damit, zu lernen und so viel Wissen wie möglich in meinem Hirn zu speichern. Ich war wie einer dieser Fresssüchtigen, die sich mit einer Packung Donuts und einer Tüte Kartoffelchips in einem Schrank verstecken und sich das Essen in den Mund schieben, ohne zu verstehen, warum sie das tun – es ist zwanghaft. Genauso fühlte ich mich. Ich brauchte mehr und mehr Informationen, wusste aber nicht, warum. Nun ja, natürlich gab es die offensichtlichen Gründe – ich brauchte gute Noten, um ein angesehenes College besuchen zu können, einen guten Job zu finden und viel Geld zu verdienen. Aber es steckte noch mehr dahinter. Einmal habe ich für einen Geschichtstest über den Revolutionskrieg zehn Stundenam Stück gelernt. Ich kannte das Thema, aber ich musste es beinahe zwanghaft wiederholen und unwichtige Namen, Schlachten und Daten auswendig lernen. Irgendwann kam mein Vater, der immer auf Zehenspitzen herumschlich, als hätte er Angst, die mich umgebende Luft aufzuwirbeln, in mein Zimmer, nahm mir das Buch aus der Hand und bestand darauf, dass ich nach unten komme und etwas esse. Ich habe versucht, einen Ausgleich zu meiner Lernbesessenheit zu finden – ich bin so vielen Sportteams beigetreten, wie ich konnte –, aber dort lief alles nach dem gleichen Schema ab. Ich musste weiter laufen, schneller laufen – nicht um einen Gegner zu schlagen. Nein, es war etwas anderes. Ich bin nicht sicher, was, aber ich weiß, dass es nicht gut für mich war.
    „Alles okay mit dir?“, fragte mich der Junge mit den braunen Augen. „Du siehst irgendwie krank aus.“
    Ich errötete und schaute ihn an, unsicher, was ich sagen sollte.
    „Du siehst aus, als stündest du unter Schock oder so“, erklärte er. „Du wirst doch jetzt nicht ohnmächtig, oder?“
    „Nein, nein“, versicherte ich ihm schnell. „Mit mir ist alles in Ordnung.“
    „Tja, das ist gut. Ich hätte nicht gewollt, dass du vor meinen Augen stirbst oder sonst etwas Schreckliches tust.“
    Na ja, ich bin nicht gestorben, aber neun Monate später wünschte ich mir, ich wäre es. Wir sind zu einem Café in der Nähe gegangen, haben Kaffee getrunken, uns miteinander unterhalten und gelacht. Er war der einzige Mensch, der mich von mir selbst ablenken konnte, und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich tatsächlich Spaß. Er hat mir erzählt, dass er Junior am St. Anne’s College war und dort BWL studierte. Wir haben die nächsten drei Wochen zusammen verbracht, jede freie Minute. Ich habe Christopher wirklich geliebt, aber es war alles zu viel, ging zu schnell. Ich habe überlegt, ihn wegen meines Alters anzulügen, aber auch wenn ich vieles war, eine Lügnerin war ich nie. Zumindest damals nicht. Christopher hob die Augenbrauen, als er mein Alter erfuhr, aber das hielt ihn nicht davon ab, mir beim Essen im Restaurant die Hand zu tätscheln.Ich wollte meine Beziehung zu ihm nicht geheim halten, tat es aber trotzdem. Ich habe ihn weder meinen Eltern noch Brynn vorgestellt, habe ihnen nicht einmal etwas von Christopher erzählt. Ich bin mir nicht sicher, warum. Er war zweiundzwanzig, viel zu alt für ein Mädchen, das gerade erst sechzehn geworden war, und ich wusste, dass meine Eltern mir verbieten würden, ihn weiterhin zu treffen. Vielleicht wusste ich tief im Inneren auch, dass unsere Beziehung nicht halten würde – denn auch wenn nichts falsch daran war, dass eine Sechzehnjährige sich in einen Zweiundzwanzigjährigen verliebte, konnte mit einem erwachsenen Mann, der sich mit einem Teenager

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