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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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und so war ich an sie gebunden und sie an mich, unwiderruflich und auf ewig.“
    Welch lächerlich romantisches Bild er malte, um ihr eine Demütigung zu ersparen. Doch keine Wärme hatte in seinen Worten gelegen. Zu ihrem Schrecken spürte sie, wie ihr die Augen feucht wurden. Offensichtlich war sie erschöpfter, als sie gedacht hatte. Sie schluckte die Tränen hinunter und setzte ein strahlendes Lächeln auf. „Eine Meerjungfrau? Ach nein!“, und an Adam gewandt, immer noch lächelnd: „Ich wollte ihn nur davor bewahren, den Fischen als Futter zu dienen.“
    Als Harriette später die Treppe zu ihrem neuen Schlafgemach erklomm, lastete der lange Tag schwer auf ihrem Gemüt. Mochte sie sich auch an Luke gebunden fühlen – unwiderruflich und auf ewig, waren seine Worte gewesen –, doch wie er sich ihr gegenüber auf der Fahrt nach London verhalten hatte, bewies ihr, dass er in ihr eine Last sah, einen peinlichen Irrtum.
    Was nur konnte sie getan haben, dass er so dachte? Aber vielleicht bedauerte er diesen Bund seit dem ersten Tag, und sie hatte, als er mit ihr die Ehe vollzog, seine edelmütige Güte falsch ausgelegt.
    Wenn sie sein Betragen ihr gegenüber auch nicht tadeln konnte, so hatte er sich ihr doch eindeutig entzogen, hatte eine Schranke zwischen ihnen errichtet.
    Er fand sie unpassend und hatte sie abgewiesen.
    Voller Scham überlegte sie, ob sie ihm auch im Bett nicht gefallen hatte. Hatte er seine Abneigung mit Freundlichkeit bemäntelt? Dass er sie schön genannt hatte, das waren letztendlich nur Worte! In diesem Augenblick schwor sie sich, sie würde ihre Rolle als Countess of Venmore in gehöriger Form spielen, würde jedoch keine weiteren Ansprüche an ihn stellen. Er hatte sie geehelicht, hatte ihre Ehre bewahrt, und mehr würde sie nicht von ihm fordern. Und ihre alberne, demütigende Betörung würde sie tief in ihrem Innern verschließen. Sie würde kühl, höflich und zurückhaltend sein, dankbar, doch mit dem nötigen Abstand. Nie würde sie sagen: Ich sehne mich nach dir, küss mich, umarme mich, lass deine wunderbar geschickten Hände über meinen Körper gleiten. Das würde er nie von ihr hören.
    Luke suchte sie auf, zweifellos aus Wohlerzogenheit und Pflichtbewusstsein, so folgerte Harriette bitter. Sie hatte ihre neue Zofe schon entlassen und lag zu Bett, wo sie uninteressiert in einem Gedichtband blätterte.
    Er kam nach kurzem Klopfen herein und trat ans Bett. Wortlos musterte er sie, dann setzte er sich auf die Kante. „Hast du alles, was du brauchst?“, erkundigte er sich höflich.
    „Ja, danke, du bist sehr großzügig.“ Sie legte das Buch zur Seite und schaute ihn an, versuchte zu lesen, was hinter seiner Stirn vorging. Was, wenn sie ihm nun die Arme um den Nacken schlang und die Hände in seinem dichten schwarzen Haar vergrub? Keine Fragen, nur einfach genießen. Es wäre so einfach. Aber es entsprach nicht ihrer Natur, die von ihm gesetzte Distanz zu ignorieren.
    „Wolltest du mit mir sprechen?“
    Langsam nahm er ihre Hände und streichelte mit dem Daumen zart die Innenflächen.
    „Möchtest du, dass ich bleibe?“
    Ah, er war tadellos höflich. Er würde lieber woanders sein, dachte sie, während sie unter seiner Liebkosung unmerklich erbebte.
    „Nein“, entgegnete sie. Wie hart es klang! Und wie schwer es fiel, Stolz zu wahren. „Es war eine lange Fahrt, ich bin müde.“
    „Natürlich, wie gedankenlos ich bin.“ Er ließ ihre Hände los, als habe er sich verbrannt. „Unterhalten wir uns, wenn du ausgeruht bist. Wir müssen dringend …“
    Starr, ohne seine Gedanken fortzuführen, saß er da, dann fuhr er mit den Fingern über ihre Wangen, folgte der eleganten Linie ihres schlanken Halses.
    Harriette spürte, wie sie sich anspannte. Musste er nicht ihren hämmernden Puls fühlen, sehen, wie ihr das Blut in die Wangen stieg? Als er sich vorbeugte und seine Lippen auf die kleine Kuhle an ihre Kehle drückte, stockte ihr der Atem.
    „Gute Nacht, Harriette, schlaf gut. Wir reden morgen.“ Damit stand er auf, verneigte sich und wandte sich ab.
    Erst als er schon bei der Tür war, hielt sie ihn auf. „Warum hast du mir nicht von Marcus erzählt?“
    Er erstarrte, sah sich nicht um. „Es gibt nichts zu erzählen.“
    Dann war er fort.
    Sie presste den Kopf in ihr Kissen und weinte so herzzerreißend, wie sie seit ihrer Kindheit nicht mehr geweint hatte.
    In seinem Zimmer schloss Lucius die Tür hinter sich und lehnte sich wie zutiefst erschöpft dagegen. Hatte

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