Vermählung um Mitternacht
Fluchend stand Alec auf und trat an die Anrichte. Er entkorkte eine weitere Flasche Brandy und trug sie zum klumpigen Sofa.
Vor ihm lag eine höllische Nacht.
17. KAPITEL
Zwei Wochen nach der Redoute erschien die Dowager Duchess of Roth bei Almack’s mit einem Pagen, der sogar noch hässlicher war als Muck. Und sie versetzte ihre Freunde und Verwandten mit der Erklärung in Erstaunen, dass das Kind ein Taschendieb gewesen sei, den sie in der Gosse aufgelesen und mit zärtlicher Sorgfalt ausgebildet habe. Die Klatschbasen zerrissen sich den Mund. Niemandem schien aufzufallen, dass die Herzoginwitwe eine entfernte, aber liebevolle Verwandte Lady Birlingtons war.
In den nächsten vierzehn Tagen wurden in ganz London verblüffte Lakaien auf die Straße geschickt, um nach hässlichen Knaben Ausschau zu halten, die ihren Herrinnen dienen könnten.
Julias Erfolg war gesichert. Therese, völlig überrascht von diesem unerwarteten Coup, sandte sofort eine Botschaft an Nick.
Der ließ sich mit der Antwort drei Tage Zeit, doch als er sich dann meldete, wurde ihr das Vergnügen zuteil, mit ihm in seinem Jagdwagen ausfahren zu dürfen, eine Ehre, die er nur wenigen gewährte. Nachdem er Therese in den Wagen geholfen hatte, stieg er neben ihr ein und setzte die Pferde in Bewegung.
Therese wartete, bis sie die Park Lane verlassen hatten, bevor sie sich an ihn wandte. »Du musst etwas wegen Julia unternehmen.«
»Was schlägst du vor? Soll ich sie entführen? Misshandeln?«
Die Belustigung in seiner Stimme ärgerte sie. »Du kannst doch nicht tatenlos zusehen, wie Alec das Geld erbt.«
Nick schaute fast gelangweilt drein. »Keine Angst, Therese, ich habe alles im Griff.« Geschickt lenkte er den Jagdwagen über den belebten Platz und hätte dabei fast den Karren eines Gerbers gestreift.
Mit sehnsüchtigem Seufzen betrachtete Therese ihn von der Seite. In seinem moosgrünen Kutschermantel mit den zahlreichen Schulterkragen, der hervorragend zu seinen hellgelben Hosen passte, wirkte er unglaublich attraktiv. Er repräsentierte Reichtum, Macht und noch mehr. Wenn sie erst einmal verheiratet waren, wäre sie die reiche Countess of Bridgeton, und Nick würde ihr gehören.
Obwohl sie Angst hatte, es sich einzugestehen, war sie fast sicher, dass es sich bei ihrer Sehnsucht nach ihm um Liebe handelte. Es musste Liebe sein, denn sie konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. Sie wollte ihn spüren, schmecken, riechen. Therese ließ den Blick von seinen breiten Schultern zu seinen muskulösen Schenkeln wandern.
Als könne er ihre Gedanken lesen, guckte Nick sie verächtlich an. »Es gehört sich nicht, andere anzustarren, Therese. Selbst für dich nicht.«
Ihre Wangen wurden so heiß, wie es ihr übriger Körper bereits war. Sie zwang sich, seinen kühlen Blick ebenso gelassen zu erwidern. »Ich habe dich nicht angestarrt.«
Er zog eine Braue hoch, was ihr verriet, dass er sie durchschaute. »Ich schlage vor, du wendest den Blick lang genug von meinem Schoß, um die wenigen Verehrer zu begrüßen, die dir noch geblieben sind.« Nicks Belustigung war wie ein kalter Guss. »Gerade fuhren wir an Lord Marshton vorbei, der sich sehr elegant vor dir verbeugte. Er schien am Boden zerstört, weil du ihn nicht bemerkt hast. «
Therese zuckte mit den Schultern. »Er wird mich später besuchen. Er ist mir sehr ergeben.«
»Und bis über beide Ohren verschuldet.« Nick lächelte auf sie hinab. »Aber es kann gut sein, dass er alles ist, was dir geblieben ist. Wie viele Bewunderer sind es denn, die von dir zur eleganten Lady Hunterston übergewechselt sind? Fünf? Sechs?«
»Nicht einer«, fuhr Therese ihn an, obwohl sie leichte Unruhe verspürte. Wenigstens einen Verehrer hatte sie tatsächlich an Julia verloren.
Lord Bentham hatte Therese fast ein ganzes Jahr lang überaus leidenschaftlich den Hof gemacht. Doch obwohl er einen höchst achtbaren Rang innehatte, war sein Vermögen nicht wirklich groß. Therese hatte ihn hingehalten, ihn als Begleiter akzeptiert, aber nie beabsichtigt, seinem Werben nachzugeben. Trotzdem hatte es sie verletzt, dass er abtrünnig geworden war, vor allem, nachdem er versprochen hatte, ein Porträt von ihr anzufertigen.
Der ganze ton war versessen auf ein Gemälde von Bentham, der, was seine Sujets betraf, als notorisch wählerisch galt. Plötzlich fragte Therese sich, ob Bentham vielleicht zugestimmt hatte, Julia zu malen. Der Gedanke war unerträglich. Sie warf den Kopf zurück und starrte Nick zornig
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