Vermählung um Mitternacht
»Bis du gekommen bist.«
Nick wandte sich ab und berührte das Ohr des Leitpferdes mit der Peitschenspitze. »Weißt du, eine der wenigen Dinge, die mir Freude bereiten, ist es, meinem Vetter wegzunehmen, was ihm gehört. Das ist einer der Gründe, warum ich mich zu dir hingezogen gefühlt habe.«
Sie legte die Hand auf seinen Arm, doch er ignorierte es. »Alec ist nicht verliebt«, sagte er abschätzig. »Der Narr versucht nur, seine Interessen zu wahren.«
Die Zurückweisung war offensichtlich. Therese nahm die Hand weg und starrte auf die vorüberziehende Parklandschaft. »Alec ist vielleicht nicht in Julia verliebt, aber ich befürchte, sie in ihn. Sie hatte schon immer eine Vorliebe für ihn, selbst vor ihrer Heirat.« Die Kutsche schlingerte. Nick fluchte und hatte die nächsten Minuten alle Hände voll zu tun, die temperamentvollen Braunen zu zügeln. Als sie schließlich wieder ruhig dahintrabten, sagte er: »Das ist gleichgültig. Wir müssen einen Weg finden, um sie zu ruinieren.«
»Wir haben doch noch zehn Monate Zeit. In dieser Zeit macht Julia doch bestimmt irgendetwas, was ...«
Als sie seinen Blick erwiderte, blieben ihr die nächsten Worte im Hals stecken. »Ich stehe bei den Geldverleihern bis über beide Ohren in der Kreide. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, bin ich gezwungen, das Land zu verlassen.«
»So erledigt kannst du doch nicht sein.«
Er starrte geradeaus.
»Aber ... das Land, das ist doch sicher etwas wert.«
Bitter verzog er den Mund. »Für mich nicht. Es gibt so viele Auflagen, die das Anwesen betreffen, dass ich es nicht verkaufen kann. Ich, der Earl of Bridgeton, bekomme ein Taschengeld wie ein Schuljunge, während Alec ...« Abrupt brach er ab. Sie verließen den Park und kehrten auf die gepflasterten Straßen zurück. Ruhiger verkündete Nick: »All das wird sich ändern, wenn ich das Vermögen erst einmal in meinen Händen habe.«
»Es wird mir große Freude machen, Alec ohne einen einzigen Penny zu sehen.« Mehr als einmal hatte er sie zum Gespött der Leute gemacht, zuerst mit der nächtlichen Heirat, und dann indem er ihre Cousine im ton einführte, als wäre sie auch jemand von hoher Geburt. Therese hatte die amüsierten Blicke bemerkt und das Kichern gehört, wenn sie an den Leuten vorbeilief. Das Geflüster hatte sie ziemlich verstört.
Nick zügelte die Pferde. »Und inzwischen muss ich mich an Julia heranmachen.« Seine Miene verfinsterte sich. »Ich muss sie treffen.«
Therese betrachtete Nick von der Seite mit wachsender Besorgnis. Irgendetwas war an Nick heute anders. Er sah merkwürdig besorgt aus, als würde ihm die Vorstellung, Julia nicht treffen zu können, tatsächlich Unbehagen bereiten.
Der Gedanke verblüffte Therese. »Du willst sie«, meinte sie erstaunt.
Seine Lippen verzogen sich zu einem sinnlichen Lächeln. »Deine Cousine ist eine Herausforderung. Ich würde es genießen, sie zu erobern.«
Therese blieb der Mund offen stehen. Die Bewunderung in Nicks Ton war unverkennbar. »Mein Gott.«
»Julia ist die faszinierendste Frau, die mir je begegnet ist.«
»Sie ist total prüde! «
»Nein«, erwiderte er schroff. Milder fuhr er fort: »In ihr ist Leidenschaft, eine Menge Leidenschaft. Und doch würde ich schwören, dass sie unberührt ist.«
»Unberührt? Mit Alec als Ehemann?« Therese lachte. »Inzwischen wird Julia reichlich berührt sein.«
Plötzlich loderte sein Zorn auf, so dass sie zurückzuckte. »Manchmal, Therese, schaffst du es, sogar mich abzustoßen. Mein Vetter hat sie nicht angerührt. Dazu brauchst du sie doch nur anzuschauen.«
Eine erdrückende Last senkte sich auf ihre Brust herab. »Du hast dich in dieses kleine Nichts verliebt .«
Nick warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Ich bewundere sie. Das ist etwas ganz anderes.«
»So anders auch wieder nicht. Ich kenne dich, Nick. Du willst dieses Biest, auch wenn du jetzt so erhabene Töne anschlägst.«
Er lenkte den Jagdwagen zwischen zwei entgegenkommenden Kutschen hindurch.
»Nun?« fragte sie, als das Schweigen anhielt.
Sein amüsierter Blick beschwichtigte sie ein wenig. »Mach dir keine Sorgen, mein Interesse gilt eher dem finanziellen Aspekt. Und wenn ich ehrlich bin, meine Liebe, ist es mir egal, wer oder was sich mir in den Weg stellt. «
Aufmerksam guckte sie ihn an. »Nicht einmal, wenn es Julia ist?«
Er lächelte. »Nicht einmal dann.«
Therese rückte das blaue Band unter ihrem Kinn zurecht, nicht ganz zufrieden, aber doch beruhigt. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher