Vermählung um Mitternacht
es könnte Ihnen Spaß bereiten, eine weitere Seele vor dem Verderben zu retten; sonst hätte ich mir kaum die Mühe gemacht. Stattdessen hätte ich ihr die Unschuld geraubt, mich an ihr ergötzt und sie dann dem nächsten Sünder überlassen.« Er streifte die Handschuhe über. »Vielleicht tue ich das auch noch. Sie ist ein ganz besonders köstliches Ding.«
Sie runzelte die Stirn. »Sie sind niemand, der nette Gesten macht. Sie müssen irgendein anderes Motiv haben. Wahrscheinlich würden Sie es mir nicht verraten, wenn ich fragte.«
»Nein, das würde ich nicht.« Sanft ergriff er ihre Hand und platzierte einen Kuss darauf. »Ich muss aufbrechen. Herzliche Grüße an Alec.«Er tippte sich an den Hut und schlenderte davon.
Mehrere Frauen blieben stehen und starrten ihn schamlos an, doch er beachtete sie nicht. Was er auch vorhatte - Julia schwante nichts Gutes. Doch sie war nie der Typ gewesen, einer Herausforderung auszuweichen.
Sie steckte die Karte ein und eilte zu Johnston.
19. KAPITEL
Julia saß an Alecs großem Mahagonischreibtisch und schlug das Rechnungsbuch auf. Sorgfältig wählte sie eine Feder und bereitete sich auf eine befriedigende Stunde echter Arbeit vor. Seite für Seite studierte sie die Zahlenkolonnen und korrigierte die Summen. Mit der Zeit begann ihr der Nacken zu schmerzen, doch sie machte beharrlich weiter.
Sie hatte das erste Viertel geschafft, als ihr schwarze Tinte auf eine frisch korrigierte Zahlenreihe tropfte. »Verdammt«, murmelte sie und schaute zornig auf die zerspleißte Federspitze.
»Was hast du da gesagt?«
Erschrocken ließ sie die Feder fallen, so dass Tinte über die gesamte Seite spritzte.
Alecs Lächeln verriet Übermut. Mit verschränkten Armen lehnte er am Türrahmen, bekleidet mit Frack und den bei Almack’s vorgeschriebenen Kniehosen.
Beim Anblick seiner Kleider guckte Julia auf den Kaminsims, wo eigentlich die Messinguhr hätte stehen sollen. »Ist es schon acht?«
»Schon nach acht. Lady Birlington wird sich fragen, was aus uns geworden ist.« Er trat zu ihr. »Was hat dich denn so gefangen genommen, dass du darüber die Zeit vergessen hast?«
Sie seufzte. »Reverend Ashton hat mich gebeten, mir die Bücher anzuschauen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich sie nun korrigiere oder noch schlimmer mache.«
Alec drehte das Buch zu sich um, wobei er ihre Wange streifte. »Lass mich mal sehen«
Mit zitternden Fingern strich Julia sich ein paar Strähnen hinters Ohr und sagte sich, dass eine so zufällige Berührung kein Grund zur Aufregung sei und sie sich daran gewöhnen müsse. Und doch konnte sie nicht widerstehen, sich ein bisschen zur Seite zu lehnen, bis ihre Wange seinen Arm berührte. Sie hielt den Atem an, doch er regte sich nicht, anscheinend ganz versunken in die Zahlenkolonnen. Julia kostete den Moment aus, schloss die Augen und nahm seine Wärme in sich auf.
Nach einer Weile kam ihr seine Reglosigkeit unnatürlich vor. Julia schluckte und guckte zu ihm hoch. Er starrte sie an, und seine Augen waren dunkel. »Eigentlich wollte ich mir den Kuss für die Heimfahrt aufheben, aber wenn du möchtest, könnte ich ihn dir jetzt gleich geben.«
Verlegen brachte sie ein heiseres »Nein, danke« heraus.
Lächelnd blickte er sie mit halb geschlossenen Augen an, beugte sich vor und deutete auf einen Eintrag im Buch. »Das hier sollte in dieser Spalte stehen.« Sein harter Schenkel presste sich gegen ihren Arm, und so weit sie auch zurückwich, konnte sie dem steten Druck doch nicht entkommen.
Die Brust wurde ihr eng. Sie zwang sich, auf die Seite zu gucken. »Oh, das.« Obwohl sie entschlossen war, der sinnlichen Trägheit nicht nachzugeben, die durch ihre Glieder strömte, baute sich zwischen ihnen eine Spannung auf. Als wolle er sie noch mehr herausfordern, verstärkte er den Druck seines muskulösen Oberschenkels.
Die Begierde floss ihr in sämtliche Glieder. Jeden Moment würde sie alle Vorsicht fahren lassen, beide Arme um seinen Oberschenkel schlingen und sich mit aller Macht daran festklammern. Sie schloss die Augen und kämpfte gegen eine wahre Flut undamenhafter Impulse an, bis Alec leise fluchte und auf die andere Seite des Schreibtisches ging.
Allein gelassen, starrte Julia auf das Buch. Die Zahlen tanzten vor ihren Augen auf und ab und verschwammen, bis sie nichts mehr lesen konnte.
Ihm bedeutet es nichts, ermahnte sie sich so ruhig, wie es eine Frau eben konnte, die drauf und dran war, eine Dummheit zu begehen. Du hast ihn dazu
Weitere Kostenlose Bücher