Vermählung um Mitternacht
nicht schlecht.«
»Wenn sie das meint, wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Lade Lucien auch ein, ja? Er ist gestern zurückgekehrt.«
»Natürlich.« Julia legte den Brieföffner auf Tintenfass und Briefbeschwerer und fuhr lässig fort: »Ein Fest in kleinem Rahmen wäre genau das Richtige für Desiree.«
»Desiree?«
»Das neue Dienstmädchen.«
»Ach so, ja. Klingt französisch.«
Sie hatte eher den Verdacht, dass Desiree aus Cornwall stammte. Julia runzelte die Stirn. Sie glaubte zwar, dass das neue Dienstmädchen völlig unschuldig war, befürchtete aber gleichzeitig, dass man ihr eine Falle stellen wolle. Nick war einfach nicht der Typ, der anderen half. Allerdings fand sie es erfreulich, sich um das arme Mädchen kümmern zu dürfen, und bald würde sie auch andere unterstützen können.
Das Herz schwoll ihr in der Brust, wenn sie daran dachte, wen sie noch alles einstellen wollte. Wenn mit Desiree alles gut ging, würde sie eine Köchin engagieren, ein Küchenmädchen und vielleicht sogar eine Zofe. Tief in Gedanken stützte sich Julia auf dem Tisch auf.
Die Büchse polterte von der improvisierten Brücke auf den Tisch, so dass sich der Sand über das ganze Buch ergoss. »Hoppla. Entschuldigung.«
Alec guckte auf die weiße Spur, die bis zu seinem Frack führte. »Du bist ja noch schlimmer als Muck.« Langsam wanderte sein Blick über ihr Gesicht. »Nur viel, viel hübscher.«
Obwohl sie entschlossen war, sich von Alecs lässigem Flirtversuch nicht beeindrucken zu lassen, errötete sie. »Dazu wollte ich etwas sagen.«
Er zog die Brauen hoch und lächelte. »Zu meiner Feststellung, wie hübsch du bist?«
»Nein. Ich möchte mit dir über unser neues Dienstmädchen reden. In ihrer letzten Stellung hatte Desiree wegen ihres Aussehens furchtbar zu leiden.« Julia kehrte den Sand in die Büchse zurück. »Ich fand, das solltest du erfahren.«
Alec seufzte. Er glaubte zu wissen, worauf sie anspielte. Wahrscheinlich würden sie noch sämtliche Spiegel im Haus entfernen müssen. »Jeder hat irgendwelche Probleme, Julia.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, nur nach dem Aussehen beurteilt zu werden.«
In ihre grünen Augen lag so etwas wie Schmerz. Alec starrte sie an und überlegte, ob sie von sich sprach. Ihm fiel es schwer, in der eleganten Frau, die ihm gegenüber saß, die schäbig gekleidete, hausbackene Anstandsdame von einst wiederzuerkennen. In dem hübschen, rosa gestreiften Musselinkleid, das mit kirschroten Bändern und anmutig fallenden Spitzen aufgeputzt war, wäre sie die Zierde jedes eleganten Salons gewesen. Er fragte sich, ob sie überhaupt ahnte, wie attraktiv sie nun war.
Julia fing seinen Blick auf und lächelte unsicher. »Ich weiß, du möchtest nicht, dass sich bei uns die Dienstboten auf die Füße treten, aber Mrs. Winston braucht wirklich Hilfe.«
»Hoffentlich ist dein Protégé dankbar, dass du ihr eine so ehrbare Stellung verschaffst.«
»Oh, das ist sie.« Julia starrte wie gebannt auf den Briefbeschwerer. »Ich habe keine Ahnung, ob dir bewusst ist, dass in London ein beklagenswerter Mangel an guten Dienstboten herrscht. Lady Birlington und ich kennen allein drei Haushalte, die verzweifelt nach ausgebildetem Personal suchen.« Julia faltete die Hände, sah ihm in die Augen und verkündete: »Deswegen gründet die Vereinigung eine Dienstbotenvermittlung. Das ist genau die richtige Lösung für die Frauen.«
Alec fing das Tintenfass gerade noch auf, bevor es auch noch über das Buch kippte. »Unsinn. Du kannst diese Frauen doch nicht als tugendhafte Haushälterinnen und Zofen ausgeben.«
»Ausgeben? Himmel, nein. Wenn wir sie erst einmal ausgebildet haben, dann sind sie auch tugendhaft.«
»Aber wie ...« Er betrachtete ihren Gesichtsausdruck. »Dir ist es ernst damit.«
Julia Augen glänzten vor Aufregung. »Es war schrecklich schwierig, das Richtige zu finden.« Sie kicherte. »Wir dachten sogar daran, eine Wurstfabrik aufzumachen.«
»Großer Gott!« meinte er, als er erkannte, wie knapp er noch einmal davongekommen war. Plötzlich erschien ihm die Idee mit der Personalvermittlung ganz vernünftig. Er bemerkte ihre roten Wangen und ihre blitzenden Augen. Wirklich erstaunlich, fand er. Seine Frau freute sich darauf, ein paar gefallenen Engeln beizubringen, wie man Brötchen backte und Tee servierte. Nichts interessierte sie so sehr wie ihre Wohltätigkeitsarbeit.
Irgendwie war das ein frustrierender Gedanke.
Julia schenkte ihm ein
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