Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vermaehlung um Mitternacht

Titel: Vermaehlung um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
Vom Netzwerk:
düstere Laune zu heben.
    Es war an der Zeit, dass sie der Wahrheit ins Auge blickte: Als Reformerin war sie eine totale Niete. Die Vereinigung verfügte noch immer über kein Projekt, mit dem man den Frauen helfen konnte, und Alec war noch genauso sündig, genauso verführerisch, genauso stolz wie am Tag ihrer Hochzeit. Es mochte ihr vielleicht gelungen sein, ihm ein paar Kompromisse abzuringen, aber grundlegend geändert hatte er sich nicht.
    Leider konnte sie das von sich nicht behaupten. Julia strich mit der Hand über ihre Lippen und erschauerte. Sie wusste nie, wann Alec auftauchen und seinen Kuss fordern würde, und sie machte sich den ganzen Tag und die halbe Nacht Gedanken darüber, wann der nächste Kuss fällig war und wie schamlos ihre Reaktion ausfallen würde. Zu ihrer Bestürzung war beides nicht vorhersagbar.
    Seine Berührung faszinierte und verstörte sie, sie fürchtete sie und sehnte sie herbei, und dabei verfiel sie mehr und mehr seinem Zauber. Natürlich war dieser Zauber nicht gerade ein Albtraum -im Gegenteil, er war wie ein heißer, sinnlicher Traum, nach dem man zitternd vor Sehnsucht und purem Verlangen im Bett lag.
    Julia fächelte sich Luft zu. Allmählich wurde sie schwach. Mit jedem Tag war sie geneigter, um mehr als einen bloßen Kuss zu flehen. Und Alec hatte sie durch seine Blicke und seine Berührung wissen lassen, dass er dazu sofort bereit wäre.
    Wenn sie nicht bald einen Weg fand, ihren störrischen, lüsternen Gatten zu bekehren, würde sie bald ebenso in Sünde versinken. Doch mit derartig unangenehmen Gedanken wollte sie sich jetzt nicht den Tag verderben. Sie riss sich zusammen und trat ins Büro.
    Der Pfarrer erhob sich vom Kopfende des Tisches und lächelte ihr freundlich entgegen. „Da sind Sie ja, meine Liebe. Wir wollten gerade anfangen.“
    „Wird auch Zeit, dass Sie kommen“, knurrte Lord Kennybrook und warf ihr unter seinen grauen, buschigen Brauen hervor einen scharfen Blick zu. „Zu spät. Typisch Frauenzimmer. Und das, nachdem Sie verlangt haben, dass wir unsere Zusammenkünfte auf eine derartig nachtschlafende Stunde verlegen.“
    Julia lächelte. „Wollen Sie mich provozieren, Lord Kennybrook? Ich sollte Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihnen dies nicht gelingen wird.“
    Er blinzelte. „Warum nicht?“
    „Weil ich dafür einfach nicht genügend Energie aufbringen kann. Ich habe letzte Nacht nicht viel geschlafen.“ Oder die Nacht davor. Eigentlich hatte sie seit ihrer Hochzeit nicht mehr richtig gut geschlafen.
    „Haben kein Auge zugemacht, wie?“ erkundigte sich Lord Burton. „Sie kommen gerade rechtzeitig. Eben wollte uns Tumbolton eine seiner seltsamen philosophischen Vorstellungen vortragen.“ Lord Kennybrook schnaubte. „Das macht den stärksten Mann schwach, wenn er sich einen solchen Unsinn anhören muss, noch bevor die Sonne richtig aufgegangen ist.“
    Julia betrachtete die kleine Gruppe am Tisch mit einem liebevollen Lächeln. Die ungleiche Ansammlung von Männern, die den Vorstand der Vereinigung ausmachten, hatte sich auf Drängen des Pfarrers zusammengefunden. Alle waren wohlhabende, einflussreiche Herren, die ihre Zeit und ihr Wissen großzügig zur Verfügung stellten um der einfachen Freude willen, anderen zu helfen. Julia liebte sie alle von Herzen - seit sie Boston verlassen hatte, kamen sie ihr manchmal fast vor wie ihre Familie.
    Reverend Ashton hob ein Blatt Papier hoch und betrachtete es durch seine Brille. „Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die ,Vereinigung für Frauen in Not im Augenblick über so viel Geld verfügt, dass sie jede Menge Geschäfte einrichten könnte.“ Mr. Tumbolton beugte sich über das Papier. „Ich muss schon sagen, eine stolze Summe.“ Er hustete. Das quälende Geräusch brachte die Versammlung zum Schweigen.
    Dr. Crullen seufzte. „Sie sollten nicht in London sein, Tumbolton. Für Ihre Lungen ist die Luft hier Gift.“
    Julia nahm einen schwachen Pfefferminzgeruch wahr. Für seine jungen Patienten trug der Arzt immer einen Vorrat Bonbons mit sich herum, doch Julia hatte den Verdacht, dass er die meisten selbst lutschte.
    Tumbolton presste ein Taschentuch an seine farblosen Lippen und atmete keuchend ein und aus. „Ich kann noch nicht weg, Doktor. Ich bin gerade dabei, meine neue Theorie zu entwickeln. Nächsten Monat muss sie beim Verleger sein.“
    „Wenn Sie so weitermachen, werden Sie bald gar nichts mehr tun können“, warnte Lord Burton mit zitterndem Kinn. „Aber ich muss

Weitere Kostenlose Bücher