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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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mich reingelassen«, antwortete Jack mit einer Kopfbewegung zu Nathan, der sich mitsamt seiner stinkenden Windel auf dem Boden niedergelassen und seine Arbeit mit Holzlöffel und Töpfen wieder aufgenommen hatte. Die viermonatige Rachel war von dem Lärm so beeindruckt, dass sie ihr Geheul eingestellt hatte und ihren Bruder mit großen Augen anstarrte, die Lippen leicht geöffnet, damit die Spuckeblasen Platz hatten. »Steh bloß nicht auf«, sagte Jack und lehnte sich großräumig über Rachel, um Judith einen Kuss zu geben.
    »Nathan, Süßer, ich hab dir doch gesagt, du darfst die Tür nicht aufmachen, wenn Mummy es dir nicht ausdrücklich sagt«, erklärte sie ruhig.
    Der Kleine hörte einen Moment mit seinen Schlagzeugübungen auf und sah mit großen blauen Augen zu seiner Mutter auf, während ihm die Spucke vom Doppelkinn tropfte. »Dada«, gurgelte er als Antwort.
    »Ja, du siehst aus wie dein Daddy«, erwiderte Judith und stand auf. »Darf ich dir irgendwas anbieten, Bruderherz? Eine Tasse Tee, Kaffee, Ohropax?«
    »Toast und Tee wären schön, ich hatte schon zu viel Kaffee«, meinte Jack und rieb sich müde das Gesicht. Er konnte den Lärm fast nicht ertragen.
    »Nathan, hör jetzt bitte mal damit auf«, sagte Judith mit fester Stimme und stellte den Wasserkocher an. »Komm, du kriegst jetzt eine frische Windel.«
    Ohne weiteres Aufhebens hob sie Nathan auf die Wickelunterlage in der Küche und drückte ihm zum Spielen ihren Hausschlüssel in die Hand.
    Jack sah weg. Auf einmal war er gar nicht mehr hungrig.
    »Warum bist du nicht bei der Arbeit?«, fragte Judith, während sie die feisten Beinchen mit einer Hand an den Waden hochzog, als wollte sie einen Truthahn füllen.
    »Ich hab einen Tag freigenommen.«
    »Schon wieder?«
    Er antwortete nicht.
    »Ich hab gestern mit Gloria gesprochen, sie hat mir schon gesagt, dass du frei hast«, erklärte Judith.
    »Woher wusste sie das?«
    Judith zog ein Feuchttuch aus dem Behälter. »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt zu denken, die Frau, mit der du seit acht Jahren zusammen bist, wäre dumm. Oh, was hör ich denn da?« Sie hielt die Hand ans Ohr und sah mit leerem Blick in die Ferne. Nathan hörte auf, mit dem Schlüssel herumzuwedeln, und beobachtete sie aufmerksam. »O nein, ich hör es nicht mehr, aber bis vor kurzem hab ich aus dieser Richtung noch den Klang von Hochzeitsglocken und das Tapsen kleiner Füßchen gehört.«
    Nathan lachte als Einziger und ließ die Schlüssel wieder klappern. Dann stellte Judith ihn wieder auf den Boden, wobei seine Füße ein Geräusch machten wie eine Ente, die in eine Pfütze patscht.
    »Himmel, Jack, du bist ja auf einmal schrecklich still«, meinte sie sarkastisch, während sie sich in der Spüle über einem Stapel mit schmutzigem Geschirr die Hände wusch, was Jack nicht entging.
    »Es ist nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte Jack matt und nahm Nathan den Holzlöffel ab. Der Kleine fing an zu heulen, womit er Rachel aufweckte, die ebenfalls losbrüllte, was dazu führte, dass im Wohnzimmer der Fernseher bis zum Anschlag aufgedreht wurde. »Außerdem reicht mir dein Haus hier als Empfängnisschutz.«
    »Na ja, wenn man einen Mann namens Willie heiratet, dann weiß man, worauf man sich einlässt.« Es dauerte keine Minute, bis Judith die Meute wieder beruhigt und für Jack eine Tasse Tee und ein Stück Toast auf den Tisch gezaubert hatte. Dann holte sie Rachel aus ihrem Bettchen, schob ihren Morgenmantel zur Seite und begann die Kleine zu stillen. Rachels winzige Finger öffneten und schlossen sich, als wollte sie mit geschlossenen Augen in der Luft auf einer unsichtbaren Harfe spielen.
    »Ich hab die ganze Woche freigenommen«, erklärte Jack.
    »Was?« Judith trank einen Schluck Tee. »Sie haben dir schon wieder Urlaub gegeben?«
    »Mit ein bisschen Überredung.«
    »Gut. Gloria und du, ihr solltet wirklich ein bisschen mehr Zeit zusammen verbringen«, meinte sie, erkannte an Jacks Gesicht aber sofort, dass das nicht seine Absicht gewesen war, und fragte: »Was ist eigentlich los, Jack?«
    Er seufzte. Am liebsten hätte er ihr die ganze Geschichte erzählt, aber er hatte Angst, dass sie sein Vorhaben nicht unterstützen würde.
    »Sag es mir«, sagte sie sanft.
    »Ich hab jemanden kennengelernt«, begann er. »Genau genommen eine Agentur.«
    »Aha.« Ihre Stimme klang leise und fragend, wie früher, wenn er in der Schule wieder mal Ärger gehabt hatte und irgendwie erklären musste, warum sie Tommy McGovern nackt

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