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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schone meine Ungeduld und komm zur Sache. Bestreitet ihr die Beschuldigungen Abt Cilds?«
    »Ja, das tun wir«, sagte Eadulf mit Nachdruck. »Es geschah Böses in der Abtei, bevor wir kamen.«
    »Böses? Dieses Wort hat viel Kraft. Doch der einzelne Mensch bestimmt, was er für böse hält, und diese Auffassung ist von Mensch zu Mensch verschieden«, antwortete Sigeric. »Vielleicht ist es besser, wenn du berichtest, wie ihr hierhergekommen seid, was ihr vorgefunden habt und wie sich die Dinge entwickelt haben.«
    »Es fing an, Lord Sigeric, als Schwester Fidelma und ich in Canterbury weilten. Ich war Abgesandter des Erzbischofs Theodor und hatte mich als solcher bei König Colgú von Cashel aufgehalten, dem Bruder Schwester Fidelmas.«
    Sigeric nickte langsam.
    »Du bewegst dich also in hochgestellten Kreisen, Eadulf?« sagte er in wegwerfendem Ton. »Und dann?«
    »Ich hatte nicht die Absicht, dich zu beeindrucken, Lord Sigeric. Es geht darum, daß ich in Canterbury war und dort eine Botschaft von meinem alten Freund Botulf erhielt, dem Verwalter dieser Abtei.«
    Dieser Name verfehlte seine Wirkung auf den Alten nicht.
    »Botulf? Botulf von Seaxmund’s Ham …? Natürlich kanntest du ihn. Er war dein Freund? Ich kannte ihn auch, denn er versuchte, einem Feigling beizustehen, der geächtet wurde. Zur Strafe wurde Botulf in diese Abtei geschickt.«
    »Davon habe ich gehört. Aber Botulf war ein anständiger Mensch. Als ich in Canterbury war, erhielt ich eine Botschaft, in der er mich aufforderte, zu dieser Abtei zu kommen und an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit hier zu sein, denn das sei wichtig. Das tat ich auch, und Schwester Fidelma begleitete mich.«
    Langsam, Schritt für Schritt, schilderte Eadulf die Ereignisse der letzten Tage.
    Sigeric saß still da. Er unterbrach ihn nicht mehr, hielt den Kopf gesenkt und nickte, als wäre er eingeschlafen.
    Als Eadulf fertig war, warf er Fidelma einen raschen Blick zu, und sie lächelte anerkennend. Er hatte keinen wesentlichen Punkt ausgelassen.
    Sigeric trommelte mit den Fingern auf die Armlehne seines Stuhls.
    »Du stellst Behauptungen auf, die unglaublich scheinen, doch du bietest mir keine Lösungen an.«
    »Wenn Schwester Fidelma das ausführen dürfte …«
    Sigeric unterbrach ihn mit einem verächtlichen Schnauben.
    »Ich habe dir meine Entscheidung mitgeteilt, daß ich mich an unsere Bräuche halten werde. Und Worte wie ›wenn‹ gefallen mir auch nicht.«
    Eadulf war empört. »Du hast einen großen Ruf, Lord Sigeric, aber wie kannst du es begründen, daß du deine Ohren vor der Wahrheit verschließt, nur weil sie aus dem Mund einer Frau kommt?«
    »Du wirst unverschämt, Eadulf von Seaxmund’s Ham.« Der Oberhofmeister sah ihn finster an. »Vielleicht hast du zu lange unter Ausländern gelebt und deine eigenen kulturellen Werte vergessen?«
    »Die Werte, um die es mir geht, sind nicht an eine Kultur gebunden. Sie sind allen Völkern eigen«, schoß Eadulf zurück. Fidelma sah ihn überrascht an. Sie hatte ihn kaum jemals so zornig erlebt.
    Sigerics Leibwächter traten unruhig näher, doch der Alte winkte sie zurück.
    »Dein Bemühen, dich für deine Begleiterin einzusetzen, ist lobenswert, Eadulf …«
    »Mein Bemühen ist es, mich für Wahrheit und Gerechtigkeit einzusetzen«, erwiderte Eadulf scharf.
    »Ganz gleich, zu welchem Zweck, das Verfahren muß eingehalten werden. Zuerst muß ich deine Darstellung der Ereignisse den anderen Beteiligten vorlegen. Bis ich das getan habe, werdet ihr in Haft bleiben.«
    »In Haft?« fragte Eadulf und lief vor Zorn wieder rot an.
    Diesmal hielt Sigeric die beiden Krieger nicht zurück, die vortraten und sich zwischen Fidelma und Eadulf stellten.
    »Niemand wird euch etwas tun – weder Abt Cild noch irgend jemand anderes. Von der Seite habt ihr nichts zu befürchten, bis ich entscheide, ob ihr die Wahrheit sagt oder ob ein anderer Beweggrund hinter euren Handlungen steckt.«
    Er nahm eine kleine Handglocke vom Tisch und läutete.
    Fast sofort stürzte der einäugige Bruder Willibrod herein.
    »Besitzt diese Abtei ein paar sichere Zellen?« fragte ihn Sigeric.
    »Sichere Zellen?« Das Auge des
dominus
weitete sich.
    »Danach habe ich gefragt«, sagte Sigeric geduldig. »Ich möchte, daß dieser Mann und diese Frau in eine Zelle eingeschlossen werden und dort in Haft bleiben, bis ich etwasanderes anordne. Sie sind gut zu behandeln, und es darf ihnen nichts geschehen. Wer diesem Befehl zuwiderhandelt, ist mir

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