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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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erhob sich der Wind erneut und kreischte wie ein Chor gepeinigter Seelen; er heulte, als wolle er Übeltaten vorhersagen.

KAPITEL 3
    »Du bist gerade zur rechten Zeit gekommen, Bruder«, versicherte ihm Bruder Willibrod leise.
    »Zur rechten Zeit?« murmelte Eadulf verwirrt und starrte auf den Leichnam seines Kindheitsfreundes. »Wie meinst du das –
zur rechten Zeit

    »Wir begraben die sterblichen Überreste unseres lieben Bruders um Mitternacht, wie es der Brauch der Abtei vorsieht.«
    »Um Mitternacht!«
    Eadulf fuhr herum und schaute Bruder Willibrod entgeistert an. In seiner Botschaft hatte sein Freund ihn eindringlich gebeten, er solle an diesem Tage vor Mitternacht in der Abtei sein. Sollte Botulf gewußt haben …? Doch wohl nicht?
    »Du scheinst überrascht, Bruder Eadulf«, sagte Bruder Willibrod ruhig und erwiderte Eadulfs besorgten Blick. »Ich habe gehört, daß es in vielen Ländern üblich ist, die teuren Verstorbenen um Mitternacht zu begraben. Warum siehst du so verstört aus?«
    Eadulf bemühte sich, seine wirbelnden Gedanken zu beruhigen. Er wandte sich rasch wieder dem Leichnam zu, denn er wollte seine Gefühle nicht verraten, ehe er nichtAntworten gefunden hatte, und begann die Wunden mit sorgfältigem Blick zu untersuchen.
    »Botulf beging doch wohl nicht Selbstmord?« Die Frage hatte sich ihm zuerst gestellt als Antwort auf das Drängen seines Freundes, er solle vor Mitternacht in Aldreds Abtei sein. Er verwarf den Gedanken jedoch im selben Moment, in dem er ihn aussprach, denn die Wunden konnte sich Bruder Botulf unmöglich selbst zugefügt haben.
    Er merkte, daß sich Bruder Willibrod hinter ihm rasch bekreuzigt hatte.
    »
Quod avertat Deus!
Das möge Gott verhüten, Bruder. Wie kommst du auf solch einen Gedanken?«
    »Wann ist das passiert?«
    »Irgendwann heute morgen, soweit wir das feststellen können. Seine Leiche wurde in dem kleinen Hof hinter der Kapelle entdeckt, gleich am Eingang zur Krypta. Der arme Botulf. Er wurde heute beim frühen Morgengebet vermißt, und man fand ihn bald nach der Frühmette – in der siebenten kanonischen Stunde.«
    »Also gleich nach Tagesanbruch?«
    »Genau, Bruder Eadulf.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    Bei dieser Frage runzelte Bruder Willibrod mißtrauisch die Stirn.
    »Bruder Osred. Er ist der Schmied in unserer Gemeinschaft und ging über den kleinen Hof zu seiner Schmiede, um sein Tagewerk zu beginnen, als er auf die Leiche stieß.«
    »Nach den Wunden zu schließen wurde Bruder Botulf von hinten angegriffen. Hat man den Täter ermittelt?«
    »Du stellst viele Fragen, Bruder«, erwiderte der
dominus
mit merklichem Argwohn in der Stimme. »Als du batest,Bruder Botulf sehen zu dürfen, nahm ich an, daß du zur Abtei kämst, weil du schon von seinem Tod gehört hättest. Aber nun scheinst du überrascht. Und all diese Fragen. Wer bist du eigentlich?«
    Eadulf bewahrte Geduld. »Ich sagte dir schon, daß ich Eadulf von Seaxmund’s Ham bin und geradewegs aus Canterbury komme. Botulf …« Er zögerte. Vielleicht wäre es besser, Botulfs Botschaft nicht zu erwähnen. »Botulf war mein Freund. Wir sind zusammen aufgewachsen. Ich wußte nichts von seinem Tod, bis du mir seinen Leichnam gezeigt hast.«
    Bruder Willibrod bedachte diese Erklärung einen Moment und erkannte sie dann an. Er machte ein betroffenes Gesicht.
    »Dann tut es mir leid, daß ich dich nicht auf diesen Trauerfall vorbereitet habe. Ich hatte angenommen …« Mit verlegenem Achselzucken brach er ab.
    »Ich habe dich gefragt, ob man den Täter entdeckt hat«, hakte Eadulf nach. Sein scharfer Ton irritierte Bruder Willibrod.
    »Daß du Bruder Botulf kanntest, entschuldigt nicht die Art deiner Fragen«, gab er aufgebracht zurück.
    »Ich war auch der erbliche
gerefa
von Seaxmund’s Ham.« Eadulfs Ton wurde schneidend. »Ich bin Friedensrichter nach dem Gesetz Wuffas, des Sohnes von Wehha, dem ersten König der Ost-Angeln, der unser Volk vor hundert Jahren übers Meer in dieses Land führte.«
    Er wollte nicht so stolz und hochfahrend klingen, doch er wußte, daß seine Worte Eindruck auf Bruder Willibrod machen würden. Eadulf hatte nicht erwähnt, daß er sein Amt als
gerefa
verlor, als er die Mönchstonsur annahmund Glaubensbruder wurde. Bruder Willibrod zog aber sein Wort nicht in Zweifel. Der
dominus
neigte den Kopf.
    »Vergib meinen Mangel an Kenntnis und Höflichkeit, Bruder
gerefa.«
Sein Ton war nun respektvoll.
    Eadulf schob das mit einer Handbewegung beiseite.
    »Berichte mir,

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