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Veronica beschließt zu sterben

Veronica beschließt zu sterben

Titel: Veronica beschließt zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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glaubst, daß du mich malen wirst.«
»Ich schwöre es.«
»Und daß du, nachdem du mich gemalt hast, weitermalen
wirst.«
»Ich weiß nicht, ob ich das schwören kann.«
»Das kannst du. Und ich möchte dir noch etwas sagen.
Danke, daß du meinem Leben einen Sinn gegeben hast. Ich
bin auf diese Welt gekommen, um alles durchzumachen,
was ich durchgemacht habe: Ich habe versucht, mich umzubringen, mein Herz zu zerstören. Ich habe dich getroffen,
und wir sind zur Burg hinaufgestiegen. Der wahre Sinn
meines Lebens aber ist, dich auf den Weg zurückzuführen,
den du aufgegeben hattest. Laß nun mein Leben nicht seinen
Sinn verlieren, gibt mir nicht das Gefühl, daß es nutzlos
war.«
»Vielleicht ist es zu früh oder zu spät, aber ich möchte dir
auch etwas sagen, genau wie du es getan hast: Ich liebe dich.
Du brauchst es nicht zu glauben, vielleicht ist es ja dumm,
etwas, das ich mir einbilde.«
Veronika umarmte Eduard und bat Gott, an den sie nicht
glaubte, sie in diesem Augenblick zu sich zu nehmen.
Sie schloß die Augen, fühlte, daß auch Eduard die Augen
schloß. Und der Schlaf überfiel sie, tief und traumlos. Der
Tod war süß. Er kam als junger Mann, der nach Wein roch
und ihr Haar liebkoste.
Eduard spürte, wie jemand ihm auf die Schulter tippte. Als er
die Augen öffnete, begann es zu tagen.
    »Sie können bei der Stadtverwaltung um eine Unterkunft
bitten«, sagte der Polizist. »Wenn sie hierbleiben, erfrieren
Sie noch.«
    In Sekundenbruchteilen erinnerte er sich an das, was in
der vorangegangenen Nacht geschehen war. In seinen Armen lag zusammengekrümmt eine Frau.
    »Sie... sie ist tot.«
Doch die Frau bewegte sich und öffnete die Augen.
»Was ist geschehen?« fragte Veronika.
»Nichts«, antwortete Eduard und zog sie hoch. »Oder
    besser gesagt, ein Wunder: noch ein Tag, an dem du lebst.«
Kaum war Dr. Igor in sein Sprechzimmer getreten und hatte
das Licht angemacht - es wurde immer noch erst sehr spät
hell, dieser Winter dauerte länger als nötig -, da klopfte ein
Krankenpfleger an die Tür.
>Das fängt aber früh an heute<, sagte er sich.
    Wegen des Gesprächs mit der jungen Frau würde dies ein
komplizierter Tag werden. Er hatte sich während der ganzen
Woche darauf vorbereitet und in der Nacht kaum geschlafen.
    »Ich habe zwei beunruhigende Neuigkeiten«, sagte der
Pfleger. »Zwei Patienten sind geflohen: der Sohn des Botschafters und das Mädchen mit den Herzproblemen.«
    »Ihr seid einfach unfähig. Die Sicherheit in diesem Krankenhaus läßt sehr zu wünschen übrig.«
»Bislang hat noch niemand versucht zu fliehen«, entgegnete der Krankenpfleger erschreckt. »Wir wußten nicht, daß
das möglich ist.«
»Raus hier. Ich muß einen Bericht für die Besitzer verfassen, die Polizei benachrichtigen, eine Reihe von Maßnahmen einleiten. Und sagen Sie bitte allen, daß ich in den
nächsten paar Stunden nicht gestört werden möchte.«
Der Krankenpfleger verließ bleich den Raum, denn er
wußte, daß ein Teil dieses Problems wieder auf seinen
Schultern landen würde, weil die Mächtigen mit den Schwächeren immer so umgehen. Ganz gewiß würde er noch vor
Tagesende gefeuert werden.
Dr. Igor griff nach einem Block, legte ihn auf den Tisch und
wollte gerade mit seinen Aufzeichnungen beginnen, als ihm
etwas anderes einfiel.
Er löschte das Licht und blieb in dem von der eben aufgehenden Sonne erst schwach beleuchteten Zimmer sitzen
und lächelte. Er hatte es geschafft.
Gleich würde er die notwendigen Aufzeichnungen machen, über die einzig bekannte Heilmethode für eine Vitriolvergiftung berichten: das Bewußtsein des Lebens. Und er
würde erklären, welches das Medikament war, das er bei
seinem ersten großen Versuch an einem Patienten gebraucht
hatte: das Bewußtsein des Todes.
Vielleicht gab es andere Medikamente, doch Dr. Igor beschloß, seine These auf das einzige zu konzentrieren, was er
dank einer jungen Frau wissenschaftlich untersucht hatte,
die, ohne es zu wollen, in sein Leben getreten war. Sie hatte
fast eine Woche lang zwischen Leben und Tod geschwebt,
gerade lange genug, um ihm die glänzende Idee für sein Experiment einzugeben.
Alles hing nur von einem ab: von der Überlebensfähigkeit
der jungen Frau.
Und sie hatte es geschafft.
Ohne ernsthafte Folgen oder unumkehrbare Schädigungen: Wenn sie sich um ihre Gesundheit kümmerte, würde
sie mindestens so lange leben wie er, wenn nicht noch länger.
    Doch das wußte nur Dr. Igor, aber auch, daß Selbstmörder,

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