Verplant verliebt
geschlagen, nahm ihren Geldbeutel aus der Handtasche und zog eine Visitenkarte heraus. Hexenhäusle. Karlo musste grinsen. Er sah die drei rothaarigen Frauen vor sich, wie sie um einen brodelnden Hexenkessel tanzten und wild durcheinanderredeten. Er war gespannt, was ihn am Sonntag erwarten würde. Vielleicht war der Apfelkuchen nach Art des Hauses mit getrockneten Froschaugen gespickt.
15
Marie ließ sich auf den Barhocker fallen, schloss die Augen und spürte die Bässe in ihrem Körper vibrieren. Sie hatte sich von Paula überreden lassen, dabei steckte ihr die gestrige Nachtschicht noch in den Knochen. Jetzt saß sie in diesem Schickimicki-Club und ließ sich von aufgestylten, angetrunkenen Leuten hin- und herschubsen. Dann noch diese wummernde Techno-Musik, bei der man nicht einmal mitsingen konnte. Sie schrak auf, als ihr ein viel zu dünner Typ mit einem viel zu tiefen V-Ausschnitt die Hälfte seines Drinks über den Arm schüttete. Er bemerkte es nicht einmal, sondern sah nur irritiert auf sein Glas, als könne er nicht glauben, dass sein Drink schon leer war. Dann drängte er sich neben Marie an die Bar, um Nachschub zu ordern.
Marie suchte mit den Augen die Tanzfläche ab und entdeckte Paula in der Mitte des Saals, umringt von einer Reihe männlicher Satelliten, die bewundernd um sie kreisten. Der Schneewittchen-Effekt wirkte wie immer zuverlässig und Paula war voll und ganz in ihrem Element. Sie riss die Arme in die Luft, schüttelte ihre schwarzen Haare im Rhythmus der Musik und drehte sich im Kreis, damit keiner ihrer Verehrer zu kurz kam.
Marie winkte ihr zu, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie waren zwar erst vor einer Stunde hergekommen, doch Marie wollte nach Hause. Paula sah sie und wandte sich geschickt aus dem Kreis ihrer Anhänger. Sie bahnte sich ihren Weg zu dem Podest, auf dem die Bar stand.
Paula griff nach ihrem Martini. „Na Süße, hast du Spaß mit deiner Mangoschorle?“
Mister V-Ausschnitt schien seine Umwelt auf einmal doch wahrzunehmen und prostete Paula zu. Vergeblich, sie reagierte nicht.
Marie musste schreien, damit Paula sie verstand. „Ja, die Mangoschorle ist lustig. Ich habe eben überlegt, ob ich mir noch eine witzige Rhabarberschorle gönnen soll. Aber ich glaube, ich gehe doch lieber heim.“
„Papperlapapp! Was du brauchst, sind ein Martini, ein Songwechsel und ein netter Flirt auf der Tanzfläche“, schrie Paula zurück.
V-Ausschnitt tat so, als müsste er jemandem Platz machen und drängte sich von hinten an Paula heran.
Marie wollte frische Luft und ein Bett. Paula zeigte mit dem Finger in Richtung Ausgang und schrie: „Raus?“
Geht doch, dachte Marie. Sie nickte und eilte hinterher.
Draußen atmete Marie tief ein und setzte sich auf die Mauer vor dem Eingang. Es war ein schöner Spätsommerabend, eigentlich viel zu schade, um ihn in einem überfüllten Club zu verbringen.
Gerade als Marie behutsam ihren Abschied einleiten wollte, gesellte sich V-Ausschnitt zu ihnen. „Na?“, richtete er das Wort an Paula. Sehr einfallsreich. Marie starrte auf die krausen Brusthaare, die aus seinem Shirt hervorquollen.
Paula ignorierte ihn und sagte zu Marie: „Sag mal, du hast mir noch gar nicht erzählt, wie deine Präsentation heute gelaufen ist?“
Marie erzählte von Karlos Vortrag und warf dann den entscheidenden Köder aus: „Herr von Bornheim war äußerst interessiert an dem, was ich zu sagen hatte.“
„Herr von Bornheim?“, fragte Paula. „Erzähl mir mehr. Sieht er gut aus?“
„Naja, wie so ein reicher Typ halt aussieht.“
„Also sieht er gut aus“, schlussfolgerte Paula automatisch.
V-Ausschnitt schaltete sich ins Gespräch ein: „Heißt das denn, dass alle reichen Typen gut aussehen?“
Paula sah ihn direkt an: „Bist du denn reich?“
Der Typ nickte und streckte stolz seine Brust heraus.
Wer's glaubt, dachte Marie.
„Nein, dann stimmt das wohl nicht.“ Zufrieden mit ihrer Schlussfolgerung wandte sich Paula wieder Marie zu.
V-Ausschnitt schien ihre Beleidigung langsam zu verstehen, sah sie entrüstet an und zog endlich von dannen.
Marie rief sich von Bornheim vor Augen. Er sah definitiv gut aus. Er war sicherlich zehn Zentimeter größer als sie und bewegte sich in seinem Anzug überaus geschmeidig. Seine Stimme war rauer, als es seine ansonsten glatte Erscheinung vermuten ließ. Doch Marie gefiel das.
„Sag mal, Paula, ist es nicht noch viel schlimmer, mit einem Kunden zu flirten als mit einem Kollegen?“
Paula
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