Verplant verliebt
sogar mit.“
Karlo schmierte sich ein Salamibrot, setzte sich auf die Couch und nahm seinen Tablet-PC zur Hand. Er hatte den ganzen Nachmittag im Büro der Königin verbracht und wollte kurz checken, ob sich Herr von Bornheim gemeldet hatte. Hatte er nicht. Stattdessen fand Karlo eine Mail von Witchcraft in seinem Posteingang und öffnete sie gespannt.
Frauenheld hoch zehn ... Habichthorst ... lügt einem wie gedruckt ins Gesicht ... konnte ihn schon am ersten Arbeitstag nicht riechen.
Das konnte einfach nicht wahr sein! Marie war Witchcraft! Karlo las die Mail zum dritten Mal und seine Wut wurde noch größer. Er wäre am liebsten in den Stuttgarter Westen gefahren und hätte Marie eigenhändig den Hals umgedreht. Sie konnte ihn schon am ersten Tag nicht riechen? Na, am Wochenende davor hatte das noch ganz anders ausgesehen. Sie hatte sich ihm an den Hals geschmissen, ihn mit nach Hause genommen, nachdem sie ihn kaum eine Stunde kannte. So schlimm konnte sein Geruch dann wohl nicht sein. Ihr tiefer Ausschnitt und das eng anliegende Meerjungfrauenkostüm waren doch dafür gemacht, jemanden aufzureißen. Aber er sollte der Frauenheld sein, nur weil er sich mit ein paar Kolleginnen unterhielt? Karlo stand auf, um sich fürs Joggen umzuziehen. Er musste sich abreagieren.
„Alter, ich habe noch ein Steak gebraten. Das hat jetzt eher was von Steakhouse-Delikatesse und du musst unbedingt ...“
„Keinen Hunger“, unterbrach Karlo Gregor unwirsch.
Als Karlo durch den nahe gelegenen Höhenpark lief, beschäftigte ihn nur eine Frage: Warum war ihm nicht aufgefallen, dass Marie und Witchcraft ein und dieselbe Person waren? Die Parallelen waren wirklich eindeutig. Sie hatte zwar ein falsches Bild eingestellt, aber wie viele große, rothaarige Frauen konnte es in einer Stadt schon geben, verdammt? Dann der Username Witchcraft. Die Pension ihrer Eltern hieß Hexenhäusle, ihre Haarfarbe, die schwarze Katze. Und so sehr wie Marie an ihrer Familie hing, so vehement hatte sich Witchcraft dafür eingesetzt, dass er sich mit seinen Eltern aussöhnte. Karlo überlegte, wann sie sich geschrieben hatten. Saßen sie sich dabei womöglich gegenüber? Das war doch alles wie in einem schlechten Film.
Vor ihm lief eine hübsche Blondine. Karlo versuchte, sich auf ihren Hintern zu konzentrieren. Schön rund. Funktionierte nicht. Karlo joggte schneller und überholte die Blondine, die ihm von der Seite ein Lächeln zuwarf. Er ignorierte sie und steigerte sein Tempo weiter.
Marie war Witchcraft. Oh Gott, was er ihr alles anvertraut hatte! Daran hatte Karlo bisher gar nicht gedacht. Die Frau, die ihn in der richtigen Welt verabscheute, wusste in der digitalen Welt mehr von ihm als irgendwer sonst in dieser Stadt, nur hatte sie Ole und Karlo – Karl-Ole – noch nicht zusammengebracht. Karlo fragte sich, welche Hinweise Marie noch benötigte, bis sie dahinterkam. Er joggte nicht, er sprintete zurück zum Loft, um so schnell wie möglich alle Mails noch einmal durchzulesen.
„Na, Alter?“ Gregor schien zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte. Er sah Karlo skeptisch an, bohrte aber nicht weiter nach. Das war das Angenehme, wenn man mit einem Mann zusammenwohnte.
Plötzlich grinste Gregor übers ganze Gesicht. „Sag mal, du fährst doch kommendes Wochenende mit deinem Team weg, oder?“
„Ja, du hast sturmfrei.“
Langsam dämmerte Karlo, was hinter Gregors Kochattacke steckte. Er erwartete am Wochenende Besuch und übte sich vorsorglich in der Verpflegung seiner Herzensdame. Karlo wusste nur zu gut, wer das nächste Steak serviert bekommen würde.
„Coolio.“ Gregor grinste selig.
Karlo, der so viel Verliebtheit gerade nicht ertrug, verzog sich in sein Zimmer. Dort schmiss er sich aufs Bett und schaltete sein Tablet ein.
Am Anfang war Marie sehr analytisch ans Onlinedating herangegangen:
Ich frage mich gerade, was dich zu 98 Prozent mit mir verbindet? ... Ich würde vorschlagen, wir nehmen das einfach akribisch auseinander, zerlegen unsere Charaktereigenschaften in kleine Bruchstücke und eruieren, was die hier prognostizierte Kompatibilität ausmacht.
Typisch Marie. Karlo war nur zu gerne darauf eingestiegen, ging es ihm anfangs doch auch darum, herauszufinden, wie dieses Matching funktionierte. Nach einem ersten oberflächlichen Kontakt hatten sie eine mehrtägige Pause eingelegt. Beide, Karlo und Marie, entschuldigten das später mit Stress im Job. Grundgütiger, wie dämlich war er nur? Das waren die
Weitere Kostenlose Bücher