Verplant verliebt
Lächeln zu erwidern. „Das Programm startet am Freitag um 15 Uhr auf dem Gut. Die Details und die Anfahrtsskizze schicke ich Ihnen später zu. Bitte bilden Sie selbst Fahrgemeinschaften.“
Marie fragte sich, ob sie am Wochenende blaumachen sollte. Was sie auf dem Teamausflug erwartete, war einfach zu viel für eine Person: Da waren ihr neuer Chef Karlo, dazu alle Kollegen inklusive Bernadette und ihre geschwätzige Familie obendrein. Doch Marie wischte den Gedanken an Flucht beiseite. Sie musste dabei sein, nur so würde sie das Schlimmste verhindern können.
„Marie, Frau König, eines wäre da noch zu besprechen.“ Karlo hatte Marie und die Königin, die fast zeitgleich den Raum verlassen wollten, eingeholt. Was konnte der jetzt noch wollen?
„Wir haben Freitagnachmittag noch einen Termin mit Herrn von Bornheim.“
Die Königin winkte ab. „Das ist kein Problem. Dann bilden Sie beide am besten eine Fahrgemeinschaft und kommen nach.“
Auch das noch, dachte Marie. Doch auch Karlo sah nicht gerade begeistert aus.
Die Königin bemerkte sein Zögern und blickte ihn fragend an. „Herr Winterfeld?“
„Ich nehme die Öffentlichen“, sagte Karlo, als wäre es tatsächlich eine gute Idee, lieber mit der Bahn zum Weingut der Chefin zu fahren als mit dem Auto.
Marie fragte sich, was das nun wieder sollte. Er wusste doch, dass sie ein Auto hatte.
Auch die Königin schien verwirrt: „Frau Rebmann, können Sie Herrn Winterfeld nicht mitnehmen?“
Ungern, dachte Marie, doch sie zwang sich zu einem Lächeln und nickte.
Karlo blieb hartnäckig: „Das ist wirklich in Ordnung. Ich fahre lieber mit der Bahn.“
Warum Marie ihn nicht mitnehmen wollte, lag auf der Hand. Aber warum zierte er sich? Dann fiel ihr wieder ein, wie Karlo das letzte Mal auf ihr Mitfahrangebot reagiert hatte. Bei einer Frau ins Auto steigen? Niemals. Damals hatte sie gedacht, er mache Witze, aber vielleicht hatte er es doch ernst gemeint.
Das musste Marie genauer wissen. „Du traust dem Fahrstil einer Frau nicht über den Weg?“
Karlo sah auf den Boden und rang nach Worten. So hatte Marie Karlo noch nie erlebt und sie genoss, wie er sich wand. Was für ein Macho!
Die Königin verlor die Geduld: „Papperlapapp. Der Weg mit der Bahn ist viel zu umständlich. Frau Rebmann, es macht Ihnen doch sicher nichts aus, Herrn Winterfeld mitzunehmen, oder? Sie bekommen die Fahrtkosten natürlich erstattet.“
Nun konnte sich auch Marie nicht mehr herausreden. Sie nickte ergeben. Die Königin ging davon. Marie folgte ihr und ließ Karlo stehen.
Marie schaute geistesabwesend auf ihren Bildschirm. Je länger sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr: Dieser Arsch hatte sie schon wieder hereingelegt. Wickelte sie mit seinem Charme ein, überrollte sie mit seinem Sexappeal und Bang! Wieder hinters Licht geführt. Warum zum Teufel hatte Karlo ihr nicht gesagt, dass er ihr Chef werden würde? Das konnte doch nicht so schwer sein. „Übrigens, Marie, ich werde wohl die Königin ablösen.“ Einfach, ein Satz. Das hätte sie davon abgehalten, ihn zu küssen. Geliebte vom Chef! Pah, das war wohl eher Bernadettes Stil. Marie fühlte sich wieder an jenen Morgen erinnert, als sich ihr Wochenend-Lover als neuer Kollege entpuppt hatte. Wie hatte sie zwischenzeitlich annehmen können, er habe sie nicht absichtlich im Unklaren gelassen? Kaum vertraute sie ihm, passierte es wieder. Er konnte wohl nicht ernsthaft behaupten, am Dienstag noch nichts von seiner Beförderung gewusst zu haben. Nein, die war ihm sicher von Anfang an in Aussicht gestellt worden. Da passte sie mit ihrer Zickerei natürlich überhaupt nicht ins Konzept. Ein Problem, das beseitigt werden musste, erstickt mit einem Kuss. Nun verstand Marie auch, warum sich Karlo auf den Tauschhandel mit ihr eingelassen hatte: seine Schwiegersohneinlage gegen ihre Kooperation. Er musste gut dastehen vor der Königin und da war kein Einsatz zu hoch. Marie zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie musste dringend auf andere Gedanken kommen, sonst würde sie Karlo einen der Metallmülleimer über den Schädel ziehen. Atmen, lächeln, ignorieren – und im Stillen den Jobwechsel vorbereiten. Sie öffnete ihr Mailprogramm und stieß auf eine Nachricht von Ole.
Hallo Witchcraft,
heute ist so einer dieser Tage, an denen alles schief läuft. Kennst du das?
Gruß, Ole
Und wie Marie das kannte. Schon wieder kreisten ihre Gedanken um Karlos Verrat. Sie musste ihrer Wut Luft machen.
Hallo Ole,
so
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