Verplant verliebt
stehen – und nicht feuchte Augen wegen irgendeiner doofen Internetbekanntschaft haben. Marie raffte sich zu einem letzten „Jawohl, Chef!“ auf und zwang sich, ihm dabei direkt in die Augen zu sehen.
In dem Moment kam die Königin vorbei. „Jawohl, Chef? Ich muss schon sagen, Herr Winterfeld, Sie haben Ihre Mitarbeiter ja bestens im Griff.“
Karlo lächelte gequält. Marie war zufrieden mit ihrem „Verhalten gegenüber Vorgesetzten“. Sehr souverän.
„Exzellent.“ Von Bornheim nickte anerkennend. Seine Kleidung verriet, dass das Wochenende kurz bevorstand. Er trug nur eine Anzughose und ein legeres Polohemd. Seine braunen Haare waren nicht wie sonst mit Gel gebändigt, sondern locker hinters Ohr gestrichen. Marie überlegte, was für hübsche Kinder sie mit Richard, wie sie ihn in Gedanken schon nannte, haben würde. Sie sah ihre zuckersüße Tochter mit grünen Augen von der Mama und braunen Locken vom Papa genau vor sich.
„Haben Sie noch weitere offene Punkte?“, fragte Karlo. Er hatte alle Fragen von Bornheims zur Zufriedenheit beantwortet und Marie konnte sich keinen Grund mehr vorstellen, warum sie den Zuschlag nicht erhalten sollten.
Von Bornheim wandte sich Marie zu, die während des Gesprächs im Hintergrund geblieben war. Onlinedating war heute wahrlich nicht ihr Lieblingsthema. „Und Sie, Frau Rebmann? Würden Sie sich als Frau bei Edelpartner.de wohl fühlen, wenn ich mir erlauben darf, diese private Frage zu stellen?“
Marie zögerte. Sie wusste natürlich, was von ihr in einem solchen Moment erwartet wurde und antwortete entsprechend: „Das würde ich ganz gewiss.“
Von Bornheim schien ihrer Körpersprache anderes zu entnehmen. „Und wie lautete Ihre Antwort, wenn Sie einem Auftraggeber gegenüberstünden, der kritische Worte zu schätzen weiß?“
„Nun ...“, suchte Marie nach einer diplomatischen Antwort. „Meine Vorurteile gelten eher gewöhnlichen Internetplattformen“, begann sie zögerlich.
Karlo starrte sie an, als traute er seinen Ohren nicht.
„Welche Vorurteile wären das denn?“, wollte Herr von Bornheim nun genauer wissen.
Marie merkte, dass sie sich aufs Glatteis manövriert hatte.
„Reine Internetkontakte sind sehr zerbrechlich“, versuchte sie zu relativieren. „Man hat kaum einen Bezug zum Menschen dahinter.“ Marie dachte an Ole und spürte die Enttäuschung zurückkehren. Von Bornheim nickte aufmunternd und Marie fuhr fort: „Deshalb sollten Sie Edelpartner.de als zusätzlichen Türöffner verstehen, der Ihr Angebotsspektrum erweitert. Wir haben in unserem Konzept sehr darauf geachtet, dass Ihre Klienten schnell Lust bekommen, einander im wirklichen Leben kennenzulernen.“
Marie war erleichtert, die Kurve noch bekommen und trotzdem ihren Punkt gemacht zu haben.
Von Bornheim wirkte zufrieden. „Frau Rebmann, ich danke Ihnen für Ihre offenen Worte. Damit haben Sie ergänzt, was mir in Ihren Ausführungen heute noch gefehlt hat.“
Marie konnte sich ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen. Karlo verzog keine Miene.
„Dann hätten wir ja alles geklärt.“ Von Bornheim erhob sich und Marie und Karlo taten es ihm gleich. Auf dem Weg zur Tür spürte Marie plötzlich von Bornheims Hand in ihrem Rücken, so als wollte er sie hinausgeleiten. Marie genoss die galante Geste.
Karlo reichte von Bornheim die Hand. „Vielen Dank für das Gespräch. Ich hoffe, wir konnten alle Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.“
Dann wies Karlo dezent in Richtung Toiletten und sagte: „Ich würde mich an dieser Stelle schon einmal verabschieden und die Gelegenheit nutzen ... Wir beide haben noch eine längere Fahrt vor uns.“
Marie witterte ihre Chance, kurz mit von Bornheim allein zu sein, und tat so, als müsste sie nicht zur Toilette. „Ich warte hier.“ Sie wusste, dass sie das spätestens nach einer halben Stunde Fahrt bereuen würde, aber man musste Prioritäten setzen.
Von Bornheim machte keine Anstalten, sich von ihr zu verabschieden.
„Unser Team fährt dieses Wochenende gemeinsam nach Ellhofen“, erklärte Marie.
Von Bornheim wirkte erleichtert. „Frau Rebmann, Ihnen ist sicher nicht entgangen ...“ Von Bornheim räusperte sich und sprach mit gesenkter Stimme weiter: „Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass ich Sie sehr sympathisch finde.“
Marie spürte, wie sie rot wurde, und ermutigte ihn mit einem Lächeln fortzufahren.
„Würden Sie mir gestatten, Sie nach Vergabe des Auftrages zum Essen auszuführen?“
Marie
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