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Verplant verliebt

Verplant verliebt

Titel: Verplant verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Boehm
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sei Töchter, bevor er selbscht starb. Für jede Tochter hat er an Baum pflanzt. Des Bsondere isch, dass die Äscht sehr tief und schräg versetzt hänget. Früher hen die Leut glaubt, s wär ne Himmelsleiter. Denn wer nuffklettert isch, der kam oft net wieder.“ Die Königin sah theatralisch zur Zimmerdecke und die anderen folgten gespannt ihrem Blick.   
    Nur Bernadette, die neben Karlo saß, war ruhiger als sonst und schielte immer wieder traurig zur Seite. Ihre Miene versteinerte sich, als sie sah, wie Karlo unverhohlen Marie anschaute. Marie wiederum wagte nicht, Karlos Blick zu erwidern. Aus Rücksicht auf Bernadette, aber auch weil es ihr peinlich war. Wären nicht alle anderen so von den Geschichten der Königin fasziniert, hätten sie sehen können, wie Karlo sie fixierte. Marie zog den V-Ausschnitt ihres Shirts leicht nach vorne, um ein wenig Luft an ihren Körper zu lassen, doch die Hitze wollte nicht weichen.
    Marie hörte in Gedanken immer wieder Bernadettes enttäuschte Stimme: „Aber Marie magst du ...“ Und Marie drehte und wendete immer wieder Karlos knappe Antwort: „Das hat nichts mit unserem Gespräch hier zu tun.“ Was war „das“? Was würde „das“ werden?
    Mit jedem Glas Wein konnte Marie ihre innere Stimme weniger unterdrücken, die zuerst flüsternd, dann immer lauter Maries Fragen beantwortete: „Du weißt, was ,das' ist, und du willst ,das' doch auch, meine Liebe.“
    Marie konnte die Stimme nicht abstellen. Sie griff zur Wasserflasche, doch die war leer. Sie würde eine neue Flasche aus der Küche der Königin holen und sich so einen Moment Ruhe verschaffen. Dann würde sie sicher auch ihrer inneren Stimme Einhalt gebieten können. Marie stand auf und ging in die Diele. Sie fühlte sich, als würde sie auf Watte laufen und driftete immer wieder leicht nach links. Sie brauchte kein Wasser. Sie brauchte frische Luft. Marie drehte um und ging zur Haustür, wo ihr Fuß laut scheppernd am metallenen Schirmständer hängenblieb. Fluchend öffnete sie die Tür und humpelte in die laue Sommernacht.
     
    Karlo schaute Marie hinterher und rang mit sich. Sollte er ihr folgen oder würde sie sich dann bedrängt fühlen? Die Luft war stickig und der frische Zug aus dem Fensterspalt versprach angenehme Abkühlung. Sein Körper, der schon viel zu lange auf dieser Bank eingequetscht war, gierte nach Bewegung. Seine Nase ertrug den süßlichen Geruch von Bernadettes Parfüm nicht länger. Er würde jetzt nur zu gerne inmitten der Bäume stehen, von denen die Königin eben erzählt hatte, und frische Waldluft einatmen.
    Karlo drehte seinen Kopf von einer Seite zur anderen und entschied, dass Sandra und Albert der grimmig dreinblickenden Bernadette vorzuziehen waren. „Darf ich?“, fragte er sie.
    Die beiden Turteltauben standen auf, ohne sich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Sie schienen noch nicht einmal zu registrieren, wer den Tisch verließ. Bernadettes Blick aber hing an seinem Rücken, als er zur Tür ging. Das spürte er. Doch folgen würde sie ihm gewiss nicht, seine Worte im Weinkeller waren selbst für Bernadette deutlich genug gewesen.
    Als Karlo nach draußen trat, merkte er, wie betrunken er war. Er musste sich kurz am Türrahmen festhalten. Seine Augen, die sich langsam an die Dunkelheit gewöhnten, suchten die Umgebung nach Marie ab. War sie vielleicht gar nicht draußen? Karlo ging langsam die drei Stufen hinunter in die Nacht und atmete tief durch. Dann erblickte er Maries Locken, die im Mondlicht wie flüssiges Kupfer schimmerten. Wie gerne würde er jetzt durch ihre Haare streichen.
    Stattdessen sagte er: „So viele Sterne sieht man in der Stadt selten.“ Im selben Moment schalt er sich für seine Worte. „Sieh nur, die Sterne“, äffte er sich gedanklich nach. Was für ein Schwachsinn.
    Marie richtete ihren Blick zum Himmel und nickte.
    „Angenehme Luft ...“, suchte Karlo weiter das Gespräch. Super, und als nächstes würde er über das Wetter reden.
    Marie nickte wieder, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden, und Karlo beschloss, besser in ihr Schweigen einzustimmen. Er betrachtete Maries genau an den richtigen Stellen gerundete Silhouette, die sich wie ein Scherenschnitt vor dem Mondlicht abzeichnete. Wie gerne würde er diese Kurven mit den Händen nachfahren. Wie gerne sie zu sich umdrehen, so dass sie statt des Mondes ihn ansah. Doch was er noch lieber wollte, war, sie nicht nur für einen flüchtigen Moment gefangen zu nehmen, sondern sie

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