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Verplant verliebt

Verplant verliebt

Titel: Verplant verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Boehm
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dauerhaft zu erobern. Er überlegte angestrengt, wie ihm das gelingen könnte. Marie suchte einen Mann, der spontan war. Einen Mann, dem Familie wichtiger war als Karriere. Jemanden, bei dem sie wieder lernen konnte zu vertrauen.
    „Lust auf eine Kletterpartie?“, raunte er Marie ins Ohr und ging drei Schritte in Richtung Wald. Er war überzeugt, ein paar hundert Meter entfernt im Mondlicht drei riesige Eichen erspäht zu haben.
    Marie blieb stehen. Karlo lief zurück, nahm ihre Hand und zog daran. „Sei doch mal spontan!“
    „Ich bin sehr spontan“, entgegnete Marie trotzig und zog ihre Hand weg.
    Karlo lief wieder los. Das Knacken kleiner Zweige verriet ihm, dass seine Rechnung aufgegangen war. Marie folgte ihm. Der Weg war zu schmal, um nebeneinander zu laufen, und so ging Karlo weiter vorneweg.
    „Verrätst du mir bald mal, wo wir hingehen?“, fragte Marie.
    „Das ist eine Überraschung.“
    Marie schnaubte, lief aber brav weiter.
    Nach einigen Minuten Fußmarsch machte der Weg eine Biegung und dann standen sie vor ihnen. Drei mächtige Eichen. Karlo drehte sich zu Marie um und präsentierte mit einer ausladenden Handbewegung die Riesenbäume: „Darf ich Sie ans Himmelstor geleiten?“
    „Da hoch?“, fragte Marie ungläubig.
    Auch Karlo staunte. Die Königin hatte recht, die schräg versetzten Äste, die teilweise nur knapp über dem Boden hingen, wirkten tatsächlich wie eine Treppe.
    „Da hoch.“ Karlo machte sich daran, den mittleren Baum zu erklimmen. Einer der Äste knarzte laut.
    Marie verschränkte die Arme. „Ohne mich. Ich sehe nicht den geringsten Grund dafür, mitten in der Nacht einen morschen Baum hochzukraxeln.“
    „Ich sehe einen sehr guten Grund: Es macht Spaß!“
    Marie schwieg.
    Karlo hüpfte von seinem Ast, nahm sie bei der Hand und schob sie vor sich her. Und tatsächlich! Sie fing an, tastend von Ast zu Ast zu klettern. Erst zögernd, aber je höher sie gelangten, desto zielsicherer erklomm Marie die Stufen. Etwa auf halber Höhe setzten sie sich auf einen breiten Ast und blickten durch die Blätter auf das beleuchtete Gutshaus hinunter. Beide atmeten laut vor Anstrengung.
    „Und?“, fragte Karlo.
    „Juhuuuuuuuu!“, rief Marie in die Stille.
    Sie lachten. Vorsichtig schob Karlo seine Hand über ihren Rücken und zog sie näher an sich. Er hätte sie gerne geküsst, doch er hielt sich zurück. Der Streit am Nachmittag in Nikos Therapiesitzung hatte in beiden etwas gelöst. Aber Karlo wollte sein Glück nicht zu sehr herausfordern.
     
    Marie war berauscht, von der Hitze des Weins, von der Höhe und von Karlos Nähe. Sie bewunderte den Ausblick und versuchte, die zwischen den weichen Hügeln verstreuten Lichter den einzelnen Weingütern zuzuordnen. Diesen magischen Moment hätte sie verpasst, wenn sie ihrem ersten Impuls nachgegeben und am Boden geblieben wäre. Plötzlich überkam Marie ein Verlustgefühl. Sie fragte sich, welche magischen Momente sie in ihrem Leben wohl schon verpasst hatte, weil sie nicht spontan genug gewesen war? Doch was halfen solche Grübeleien? Was vergangen war, ließ sich nicht ändern. Allein die Gegenwart zählte und im Moment genoss sie Karlos Gegenwart. Marie spürte seinen Arm, der sanft ihre Taille umfasste. Sie rutschte ein wenig näher, legte ihren Kopf auf seine Schulter und blickte in die Ferne. Nach und nach gingen immer mehr Lichter aus. Plötzlich erlosch auch das der Königin. Marie erschrak und sah auf die Uhr. Es war halb zwei und die anderen waren sicher schon heimgefahren.
    Karlo bemerkte Maries Unruhe: „Stimmt was nicht?“
    „Wir sollten ...“ Marie sah in seine grauen Augen und vergaß, was sie sagen wollte. Nein, sie wollte noch nicht gehen.
    „Wir sollten aufbrechen“, vervollständigte Karlo ihren Satz.
    Marie glaubte, in seiner Stimme ein leichtes Bedauern zu erkennen. Er nahm seine Hand von ihrem Rücken und hielt sie ihr hin. Marie griff zu, drehte sich vorsichtig um und versuchte, mit ihrem rechten Fuß einen der unteren Äste zu ertasten. In vielen Bereichen der Baumkrone war es stockdunkel und sie sah unterhalb ihres Knies überhaupt nichts mehr. Als sie einen festen Tritt vermutete, verlagerte sie ihr Gewicht. Plötzlich gab der Ast nach und brach mit einem lauten Knall ab. Karlo reagierte blitzschnell, griff Marie unter die Arme und zog sie zu sich hoch. Erschrocken hörte Marie, wie das Stück Holz erst auf andere Äste, dann auf den Boden prallte. Ihr Herz pochte wie wild und sie war den Tränen nahe. Was

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