Verplant verliebt
...“, Niko machte eine Pause, um seinen Ausführungen mehr Nachdruck zu verleihen, „... und manchmal sind es welche, über die man sprechen sollte.“
Karlo schüttelte abwehrend den Kopf. Er konnte wohl genauso wenig mit diesem Esoterikkram anfangen wie Marie. Karlo wollte gerade etwas erwidern, da schlossen die anderen auf, samt einer blinden Königin, die von Sandra geführt wurde. Also hielten beide den Mund.
34
„Karlo.“ Niko sah Karlo eindringlich an. „Marie.“ Auch ihr blickte Niko tief in die Augen. Er hoffte wohl, einer von ihnen würde den Anfang machen. Aber den Gefallen wollte Marie ihm nicht tun. Sie befanden sich in einem Zimmer, das bis auf die drei Stühle, auf denen sie saßen, leer war. Die Farbe an den weißen Wänden roch noch frisch. Marie fühlte sich, als säße sie in einem sterilen Krankenhauszimmer. Oder im Behandlungsraum einer psychiatrischen Klinik, wenn sie bedachte, was für ein Gespräch ihr bevorstand.
Niko rückte quietschend seinen Stuhl zurecht. Nun hatte er sie beide gleichzeitig im Blick. „Irgendetwas scheint zwischen Ihnen zu stehen.“
Wieder eine Pause. Marie sah, wie Karlo die Augen verdrehte. Keiner antwortete. Marie fand die Situation äußerst unangenehm. Seine Gesprächspartner totschweigen, bis sie alles ausplauderten – auch eine Verhörtaktik. Die kannte ihre Mutter noch nicht und Marie hoffte, das würde so bleiben.
Dann unterbrach Karlo die Stille: „Woran meinen Sie denn, das zu erkennen?“
„Ich spüre so etwas“, flüsterte Niko.
„Und wenn Sie dieses Gespür Menschen beschreiben müssten, die über weniger Feingefühl verfügen?“ Karlo klang gleichzeitig amüsiert und genervt.
Niko atmete theatralisch aus. „Marie, Sie haben bei der Vorstellungsrunde betont, Frau König sei unersetzlich, wohlwissend, dass Karlo sie ersetzen wird. Sie haben ihn bei den Übungen gemieden ...“
Marie unterbrach ihn: „Aber wir haben die letzte Übung gemeinsam gemacht.“
„Weil ich Sie einander zugeordnet habe! Und kaum ist die Übung vorbei, reißen Sie ihre Hand schnell aus seiner. Da ist nichts zu spüren von Vertrautheit, wie sie die Übung schaffen soll.“
„Ach so! Sie meinen gar nicht, dass negative Schwingungen zwischen uns beiden herrschen, sondern dass ich negative Schwingungen auf Karlo abfeuere. Also bin ich der Störfaktor, den Sie besprechen wollen?“
Niko erwiderte nichts, sah sie nur weiter selbstgefällig an.
Marie blickte hilfesuchend zu Karlo. Seine Mundwinkel zuckten. Er fand das doch wohl nicht amüsant? Kein Wunder, er war ja aus dem Schneider, während sie auf der Anklagebank saß. Sie wollte einen Pflichtverteidiger. Sofort!
„Marie. Hier geht es nicht um Anschuldigungen. Hier geht es darum, den zugrundeliegenden Konflikt zu identifizieren und zu bereinigen.“
Wieder Stille.
Marie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Atmen, lächeln, ignorieren.
„Nichts von dem, was Sie beide hier sagen, verlässt den Raum.“
Marie wog die Alternativen ab. Aufstehen und gehen? Das würde Niko nur in seiner Meinung bestärken. Frontalangriff? Schließlich gehörte Karlo auf die Anklagebank, nicht sie. Marie dachte über Nikos Schweigegelübde nach. Dann sah sie zu Karlo hinüber. Der saß lässig nach vorne gebeugt, das Kinn in die Hand gestützt, den Mund hinter den Fingern verborgen. Sie war sicher, dass er grinste. Ja, sehr amüsant, Herr Winterfeld, sehr amüsant.
Marie legte ihre zuckersüßeste Stimme auf: „Als Karlo und ich miteinander geschlafen haben, hatte ich keine Ahnung, dass er mein Kollege werden würde. Er schon. Ich fand das damals nicht fair, weil er es mir hätte sagen müssen. Als ich gerade wieder Vertrauen zu ihm gefasst und kurz nachdem ich mit ihm herumgeknutscht hatte, erfuhr ich, dass er mein neuer Chef werden würde. Deswegen ist mein Vertrauen in meinen Kollegen wohl immer noch etwas angeknackst.“
Niko sah sie mit großen Augen an.
Nun grinste Marie und ein Blick nach links verriet ihr, dass Karlo plötzlich gar nicht mehr amüsiert war. Willkommen auf der Anklagebank, Herr Winterfeld.
Niko sah Karlo auffordernd an. Der drehte sich zu Marie um. „Marie, du hörst mir einfach nicht zu! Ich habe schon tausendmal beteuert, dass ich keine Ahnung hatte, dass du meine Kollegin werden würdest. Und von der Beförderung wollte ich dir erzählen, aber du hast es nicht zugelassen. Ich habe das Gefühl, du suchst regelrecht nach dem Schlechten, nach dem Haken.“
Niko verfolgte Karlos
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