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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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Wertschätzung?
    Wie dem auch sei... Ich erzählte dir gerade, dass ich häufig flog und meine Aufenthalte waren oftmals darauf ausgerichtet, die sich wandelnden Kulturen ein wenig im Auge zu behalten. Ich richtete mein Augenmerk vor allem auch auf die Vampirgesellschaften der fremden Völker. Es war interessant, was ich dort erfuhr, doch es würde mit Sicherheit den Rahmen sprengen, dir nun davon zu berichten. Ich widmete mich aber auch ganz anderen Dingen und Zielen, ganz so, wie ein Mensch es tun würde. So verbrachte ich einen Sommer auf Mallorca, versuchte dem Strand und der Sonne etwas abzugewinnen und trank Sangria aus der Ader einer älteren Frau, die mit einer Gruppe angereist war. Besagte Gruppe verließ die Insel schließlich mit der traurigen Erkenntnis, dass ihre Kegelschwester Mechthild wohl ertrunken sein musste.
    Ich war für ein paar Wochen in Norwegen, wo ich ein Ferienhaus gemietet hatte und stundenlang durch die Natur streifte. Die Wälder sind fantastisch und ich hatte einen kleinen See in der Nähe, den ich jeden Morgen und Abend zum Schwimmen nutzte. Ich fühlte mich so wohl, dass ich sogar überlegte, mich dort ganz niederzulassen, doch das Nahrungsangebot war nicht sonderlich groß und mit Sicherheit wäre es zu Problemen gekommen, wenn ich mich ausschließlich von Wanderern genährt hätte. Wie lange kann so etwas gut gehen, bevor man auffällt? Ich wollte das nicht testen und so zog es mich nach meinem Urlaub wieder in die Großstadt, die einfach wesentlich mehr Möglichkeiten bot.
    Einmal beschloss ich, ein paar Tage in Las Vegas zu verbringen. Ich buchte einen Flug und begab mich in diese schillernde Kulisse, als wäre ich nichts weiter als einer der menschlichen Spieler, die dem grellen Licht einer Scheinwelt entgegenfliegen. Recht schnell bemerkte ich, dass der Vampiranteil in dieser künstlichen Stadt recht hoch ist. Schon am Flughafen begegnete ich einigen von ihnen, und da ich damals noch nichts vor meinesgleichen zu befürchten hatte, erkundigte ich mich nach den besten Plätzen und geheimen Treffpunkten der Vampirgesellschaft. Nachdem ich die Informationen hatte, beschloss ich jedoch, genau diese Orte zu meiden. Ich weiß, das klingt unsinnig, aber Vampire sind nun mal normalerweise keine geselligen Wesen – warum sollte gerade Las Vegas das ändern? Ich beschloss, kritisch zu sein, und eine große Ansammlung meiner Artgenossen lieber zu meiden. Damit sollte ich richtig liegen, wie ich noch in der gleichen Nacht erkannte. Aber ich greife schon wieder vorweg.
    Ich nahm mir ein Taxi und checkte dann im Tropicana ein, das im Süden liegt und über eine nette Poollandschaft verfügt. Sofort fiel mir der Geruch auf, der einen beim Betreten des Gebäudes umfing. Und später, beim Betreten der weiteren Casinos, war es jedes Mal ein anderer Geruch, der mich inständig umwehte. Menschen mögen dieses Erkennungsmerkmal „ihres“ Casinos als angenehm empfinden, davon war ich jedoch meilenweit entfernt. Umso interessanter roch allerdings das pulsierende Blut der Spieler, wenn sie glaubten, der ganz große Gewinn wäre nur noch einen Wimpernschlag entfernt. Ich spielte ebenfalls, doch fehlte mir das Fieber, das die Menschen in solchen Situationen ergreift. Eine Zeitlang hielt ich mich am Rouletttisch auf, mal gewann ich, mal verlor ich – beides war mir einerlei. Ich ließ mir ein alkoholisches Getränk von einer der aufreizend bekleideten Damen bringen, doch auch der Alkohol war für mich uninteressant. Was mich hingegen faszinierte, war die Tatsache, dass innerhalb des Casinos die Zeit stillzustehen schien. Wie ich dir bereits berichtete, haben die Uhren für mich, seit ich ein Vampir bin, eine wichtige Funktion. Ja, ich würde sagen, dass mich eine Art Hassliebe mit der Zeit selbst verbindet, seit sie mir eigentlich egal sein könnte. Ich muss beim Blick auf die Zeiger einer Uhr nicht in Hektik geraten, denn ich habe für gewöhnlich keinerlei Termine, die dies rechtfertigen. Auch muss ich beim Anblick eines Kalenders nicht befürchten, dass ich schon wieder ein Jahr meiner kostbaren Lebenszeit vertrödelt habe, wie es bei sterblichen Menschen so oft der Fall ist. Ich feiere keinen Geburtstag, denn den Menschen, der einmal geboren wurde, gibt es nicht mehr. Ich bin ein Wesen, dessen Herkunft nicht gänzlich zu erklären ist, denn natürlich bin ich ein Vampir, aber eben keiner, der aus einer der alten Vampirlinien entstammt und somit geboren wurde. Ich wurde erschaffen – aus den

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