Verraeterisches Herz
dieses hilfsbereiten Mannes unter gar keinen Umständen ruinieren wollte.“
„Oh, Bron!“ Alicia ergriff die Hände ihrer Mutter. „Hast du es überhaupt schon jemandem erzählt?“
„Nur George, als er mir den Heiratsantrag machte. Zu meiner Erleichterung war er meiner Meinung, dass ich richtig gehandelt habe. Doch er hat auch gesagt, du verdienst es, die Wahrheit zu erfahren.“
Alicia lächelte unsicher. „Wenigstens hast du eine meiner größten Ängste von mir genommen … Ich habe mir immer vorgestellt, du bist einem Verbrechen zum Opfer gefallen.“
„Oh, nein! Das hast du gedacht? Es tut mir sehr leid, mein Schatz.“ Sie erschauerte. „Huw und Eira haben mich während der Schwangerschaft und danach in jeder Hinsicht unterstützt. Deshalb würde ich alles tun, um sie nicht zu verletzen. Und Gareth auch nicht. Ich mag ihn sehr. Aus diesem Grund müssen wir uns eine Strategie überlegen, damit er sich nicht gedemütigt fühlt.“
„Genau deshalb habe ich dich ja sofort angerufen.“
„Meiner Meinung nach wäre es am besten, wenn du schnellstmöglich einen Liebhaber präsentierst“, erklärte Bron ihrer überraschten Tochter.
„Leider verfüge ich im Moment über keinen Mann, der diese Rolle spielen könnte.“
„Du hast einen Ehemann.“
„Denk gar nicht erst daran, Mutter. Außerdem fliege ich nächste Woche nach Montedaluca, um die Scheidungspapiere zu unterschreiben.“
„Ist das wirklich der Grund, weshalb er dich nach Montedaluca bestellt?“, fragte Bron nachdenklich.
„Mit so vielen Worten hat er es nicht gesagt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er auf etwas anderes aus ist.“
6. KAPITEL
Unruhig lief Francesco in der Eingangshalle des Galileo Galilei Flughafens in Pisa auf und ab. Insgeheim verfluchte er sich, dass er so früh gekommen war. Jetzt stand ihm eine lange Wartezeit bevor, bis er erfuhr, ob Alicia wirklich ins Flugzeug gestiegen war. Seit er sie in ihrem Apartment verlassen hatte, war sie ihm nicht für eine Sekunde aus dem Sinn gegangen. In ihren schwarzen Kleidern hatte sie so kühl und selbstbeherrscht gewirkt – ganz anders als die schüchterne junge Frau, in die er sich damals verliebt hatte. Es war keine Spur mehr von ihren bezaubernden Grübchen und den Sommersprossen zu entdecken gewesen, die sie immer so gehasst hatte.
Nachdem Bronwen Cross seine unzähligen Bitten, ihm den Aufenthaltsort ihrer Tochter zu verraten, abgeschmettert hatte, hatte sich endlich sein Stolz gemeldet und ihm befohlen, er solle Alicia vergessen. Manchmal war ihm das sogar gelungen.
Aber mit dem Tod seiner Mutter hatte sein Leben eine plötzliche Wendung genommen. Zu seiner Überraschung nämlich hatte sie ihre Schwiegertochter in ihrem Testament bedacht. Kurz darauf war er zu dem Rugbyspiel Italien gegen Wales eingeladen worden, was er als weiteren Wink des Schicksals verstand.
Doch das Wiedersehen mit Alicia war anders verlaufen, als er es sich vorgestellt hatte. Die Veränderungen waren unübersehbar. Es verwunderte ihn, dass es in ihrem Leben keinen Mann gab, der sie ihrerseits zur Scheidung drängte.
Wieder schaute er zur Anzeige mit den Ankunftszeiten hinauf. Verdammt, ihr Flugzeug hatte Verspätung. Er dachte zurück an die glücklichen Tage, die er mit Alicia hatte verbringen dürfen.
Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild, wie sie an Huw Davies’ Arm den Mittelgang der cattedrale entlang zum Altar geschritten war. In dem schlichten weißen Satinkleid, das ihre Mutter für sie gefertigt hatte, cremefarbene Rosen im Arm, die kupferroten Haare unter einem Schleier verborgen, sah sie so rein und hell aus wie eine der vielen Lilien, mit denen die Kirche geschmückt war. Ihre eiskalte kleine Hand zitterte ein wenig in seiner, als sie die Hochzeitsschwüre ablegten. Die lange Messe und die noch länger dauernde Feier auf dem castello überwältigten sie so sehr, dass er seine erschöpfte Braut in ihrer Hochzeitsnacht friedlich schlafen ließ.
Er zwang sich, auf den Vollzug ihrer Ehe zu warten, bis sie in ihrem Hotel in Paris angekommen waren, das sie für ihre Flitterwochen ausgewählt hatten. Kaum waren sie alleine in der Suite, küsste er seine wunderschöne Frau so leidenschaftlich, dass sie es, ebenso wie er, kaum noch erwarten konnte, ihre Ehe beginnen zu lassen.
Alicia bat ihn, ihr noch ein klein wenig Zeit zu schenken, damit sie sich im Schlafzimmer für ihn zurechtmachen konnte. Und er nahm sich vor, zärtlich zu sein, liebevoll und ihr ganz langsam
Weitere Kostenlose Bücher