Verraeterisches Herz
Francesco sofort. „Du runzelst die Stirn.“
Sie schaute ihm direkt in die Augen. „Mir ist gerade eingefallen, dass es vielleicht Probleme mit der Scheidung gibt, wenn wir zusammen in einer Wohnung übernachten. Ist es nicht besser, doch nach Montedaluca weiterzufahren?“
„Du wirst erst morgen dort erwartet. Ich habe niemandem gesagt, dass du schon heute in Pisa landest. Niemand weiß, dass du in meinem appartamento bist. Aber anscheinend bereitet dir die Vorstellung Kummer. Hast du es mit der Scheidung so eilig?“
„Nein“, fuhr sie ungeduldig auf. „Du bist derjenige, der sich scheiden lassen will, nicht ich.“
Francesco schüttelte den Kopf. „Auch ich hege nicht den Wunsch nach einer Scheidung. Manchmal ist es überaus praktisch, eine Ehefrau im Hintergrund zu haben.“
Zynisch zog Alicia eine Augenbraue hoch. „Ah, ich verstehe. Wenn deine aktuelle Gespielin anfängt, laut über eine Hochzeit nachzudenken, kannst du ihr mit einem traurigen Blick erklären, dass du leider nicht frei bist.“
Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Ein sehr nützliches Arrangement, nicht wahr? Funktioniert es bei dir auch so gut?“
„Ich vermeide das Thema. Wenn man mich zu einer Antwort drängt, sagte ich etwas Unbestimmtes über eine Scheidung. Ich erwähne dich nie“, ergänzte sie.
Er warf ihr einen scharfen Blick zu. „Bin ich die sprichwörtliche Leiche in deinem Keller?“
„So könnte man es nennen.“
„Aber es gibt Menschen, die von mir wissen?“
„Wenn du damit Megan, Rhys und den Rest der Davies’ meinst, von denen würde niemand auch nur ein Wort sagen. In meiner Familie bist du nicht sonderlich beliebt.“
„Weil sie glauben, dass ich dich grausam behandelt habe?“
„Das hast du auch!“
„Wenn ich alles ungeschehen machen könnte, würde ich es tun – ganz gleich, zu welchem Preis.“
„Dafür ist es zu spät“, beschied sie ihm. Dann jedoch fiel ihr wieder ein, was er sonst noch gesagt hatte. „Moment mal. Wenn du es mit einer Scheidung nicht eilig hast, Francesco, warum hast du dann so darauf bestanden, dass ich herkomme? Ich dachte, ich sollte irgendwelche Dokumente unterschreiben.“
„ Davvero . Aber nur die Dokumente, die mit dem letzten Willen meiner Mutter zu tun haben.“
„Ist das wahr?“ Sie runzelte die Stirn. „Was die Scheidung angeht, meine ich.“
„Ja.“
Verwundert starrte sie ihn an. „Aber ich dachte, du möchtest wieder heiraten, damit Montedaluca einen Stammhalter bekommt.“
„Wenn mir jemals das Glück zuteilwird, ein Kind zu haben“, sagte er kühl, „dann werde ich mich freuen, Vater einer Tochter oder eines Sohnes zu sein, und nicht weil der Stammbaum meiner Familie weitergeht.“
Alicias Augen blitzten auf. „Ich bitte aufrichtig um Verzeihung, Signor Conte. Mir hat man unmissverständlich mitgeteilt, es sei meine Pflicht als deine Ehefrau, Montedaluca einen Erben zu gebären.“
Einen Moment glich ihr Tisch auf der belebten Piazza einer Oase der Stille. „Meine Mutter hat bei dir sehr viele Fehler gemacht“, sagte Francesco schließlich und seufzte schwer. „Es ist ein Wunder, dass du nicht schon vor der Hochzeit geflüchtet bist. Hast du jemals darüber nachgedacht?“
„Jeden Tag.“
„Warum hast du es nicht getan?“
„Ich war bis über beide Ohren in dich verliebt, Francesco. Doch seit meinem ersten Tag in Montedaluca bekam ich Zweifel, ob eine so schnelle Hochzeit wirklich richtig ist. Letzten Endes fehlte mir der Mut, alles abzusagen, weil deine Mutter schon so viel Arbeit in die Vorbereitungen investiert hatte.“ Sie lächelte reumütig. „Ich war doch kaum älter als ein Teenager.“
„Du warst bezaubernd. Deshalb habe ich auch nie verstanden …“ Er hielt inne und zuckte die Schultern. „Es ist sinnlos, die Vergangenheit zu bedauern. Lass uns stattdessen die kurze Zeit genießen, die uns zusammen bleibt. Oder“, fügte er hinzu und schaute ihr tief in die Augen, „hasst du mich zu sehr dafür?“
Abrupt wandte sie sich ab und ließ den Blick über die Piazza schweifen, über die allmählich die Dämmerung hereinbrach. Die ersten Lichter waren bereits eingeschaltet worden. Neptun erstrahlte im Kreis seiner Nymphen, David und Perseus leuchteten weiß im Scheinwerferlicht, während die Einwohner der Stadt sich auf den Abend vorbereiteten. Vielleicht sollte sie dasselbe tun. Hätte sie die Wahl gehabt, wäre sie nicht wieder hergekommen. Aber da sie nun schon einmal hier war, wäre es dumm, so zu tun,
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